30. Maiforum (Teil 3) – Unabhängige Rechtsprechung versus disziplinarrechtliche Verantwortung

In der Podiumsdiskussion wurde das Thema „Unabhängige Rechtsprechung versus disziplinarrechtliche Verantwortung“ näher beleuchtet. Dabei wurden einerseits strukturelle Schwächen dargelegt, als auch einzelne Beispiele die den Anschein einer Einflussnahme darstellen könnten, offengelegt.

Vom Präsidenten des Obersten Gerichtshofes, Georg Kodek, wurde betont, dass man das Mittel des Disziplinarrechts „extrem behutsam“ und zurückhaltend einsetzen müsse. Ein besonderes Fingerspitzengefühl und große Umsicht sei bei der Anwendung des Disziplinarrechtes erforderlich. Dabei sei es jedenfalls nicht Aufgabe des Präsidenten/der Präsidentin, einem Richter/einer Richterin die eigene Meinung aufzuerlegen. In der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit gebe es bei 1.700 Richter:innen ca. im Schnitt pro Jahr 4 Disziplinarverfahren. Bei diesen Verfahren sei es nie um eine Einflussnahme auf die Rechtsprechung gegangen, sondern um das standesgemäße oder außerdienstliche Verhalten des Richters/der Richterin oder Rückstände.

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30. Maiforum (Teil 2): Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts

Der Vorsitzende des Disziplinarsenates am Bundesverwaltungsgericht, Gregor Ernstbrunner, legte zunächst dar, dass Bestimmungen für die Dienstaufsicht bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Unterschied zur Zivil- und Strafgerichtsbarkeit fehlen. Er umriss einen weiten Bogen an Problemstellungen und Beispielen für strukturelle Schwächen im Zusammenhang mit Disziplinarverfahren und der Unabhängigkeit der Richterinnen. Viele offene Fragestellungen und ein Mangel an gesetzlichen Regelungen führen zu Unsicherheiten, wie z.B. ab wann eine verspätete Krank- bzw. Gesundmeldungen disziplinär sein kann. Die Notwendigkeit ausreichender Ressourcen und der gleichmäßigen Verteilung und Zurverfügungstellung ist auch immer wieder Thema und sei es unzulässig, hier erhebliche Unterschiede zu machen. Er betont in diesem Zusammenhang die (Mit-)Verantwortlichkeiten für die rückstandsfreie Führung einer Gerichtsabteilung bzw. des ganzen Gerichtsbetriebs, die neben der Gerichtsabteilung und der Geschäftsverteilung auch den (jeweiligen) Gesetzgeber im Sinne einer Zurverfügungstellung ausreichender Ressourcen für die Erfüllung der justiziellen Staatsaufgaben innerhalb angemessener Zeit einschließt.

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Dachverband und VRV: Geplantes Gehaltsschema für Richter:innen des LVwG Kärnten widerspricht standesgemäßer Entlohnung und löst bestehende Diskriminierungen nicht

Mit dem Gesetzesvorhaben zur Reform des Gehaltssystems der Richter:innen am LVwG Kärnten wird entgegen den Angaben in den Erläuterungen weder eine Harmonisierung des Besoldungssystems noch eine standesgemäße den internationalen Vorgaben entsprechende Entlohnung der Richter:innen des LVwG Kärnten vorgenommen. Eine partnerschaftliche Lösung der Problematik unter Einbeziehung der Standesvertretung wurde bislang von den politisch Verantwortlichen grundlos abgelehnt.

Anstoße für die Reform war, dass das derzeit bestehende Gehaltssystem zur Diskriminierung von bereits länger am Verwaltungsgericht tätigen Richter:innen führt. Siehe dazu den Beitrag: Eklatant ungleiche Entlohnung der Richter:innen des LVwG Kärnten ohne objektive Rechtfertigung.

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EuGH: Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz bei Zweifel an der rechtmäßigen Aktenzuteilung durch den Gerichtspräsidenten erforderlich

In der Vorabentscheidung in der Rechtssache C‐16/24 [Sinalov] vom 27.02.2025 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Vorgaben für die Zulässigkeit von Aktenzuweisung durch den Gerichtspräsidenten aufgestellt und festgehalten, dass ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz zur Frage der Rechtmäßigkeit der Zuteilung für den Richter gegeben sein muss.

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EuGH: Grundsätze zur Besoldung von Richter:innen und zur Frage des Einfrierens oder Kürzens des Gehalts

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) präzisiert in seinem Urteil vom 25.02.2025, C-146/23 und C-374/23, die Voraussetzungen, unter denen der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit es der Gesetzgebung und der Exekutive eines Mitgliedstaats erlaubt, zum einen die Bezüge der Richter festzusetzen und zum anderen von den nationalen Rechtsvorschriften, die die Modalitäten der Festsetzung der Bezüge der Richter objektiv festlegen, abzuweichen, zB durch Einfrieren oder Kürzen der Vergütung.

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Eklatant ungleiche Entlohnung der Richter:innen des LVwG Kärnten ohne objektive Rechtfertigung

Mit 1. Jänner 2022 wurde eine Gehaltsreform für Beschäftigte im Landesdienst Kärnten wirksam, die höhere Einstiegsgehälter vorsieht und im Gegenzug das Zulagensystem abschafft. Das Gehaltssystem der Richter:innen des Landesverwaltungsgerichtes (LVwG) Kärnten wurde in dieses neue System jedoch nicht miteinbezogen. Die Folgen sind nun – zusätzlich zu bereits bestehenden Ungleichheiten – gravierende Unterschiede bei der Gehaltseinstufung neu ernannter Richter:innen nach diesem Datum, die zu einer Diskriminierung der schon zuvor ernannten Richter:innen führt.

Dazu kommt noch, dass das Gehaltssystem für Richter:innen des LVwG Kärnten schon von seiner Systematik her zu keiner gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit führt, sondern schon immer gutverdienende Jurist:innen als gutverdienende Richter:innen einstufte, dagegen weniger gut bezahlte Jurist:innen – trotz gleicher Qualifikation – schlechter entlohnt.

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CCJE Stellungnahme: Stärkung der disziplinarischen Verantwortlichkeit von Richter:innen bei gleichzeitigem Schutz ihrer Unabhängigkeit

Der Beirat europäischer Richterinnen und Richter (CCJE) des Europarates hat eine neue Stellungnahme – CCJE Opinion Nr. 27 (2024) – in der 25. Vollversammlung am 06.12.2024 zur disziplinarischen Verantwortlichkeit von Richter:innen verabschiedet. Dieses Strategiepapier enthält konkrete Empfehlungen, um das sensible Gleichgewicht zwischen der Verantwortlichkeit von Richter:innen und der Achtung ihrer Unabhängigkeit als einen Grundpfeiler der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten.

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Ungarns Justiz: Schweigen durch Druck?

In Ungarn stehen Richter:innen, die sich für Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Rechtsprechung einsetzen, unter zunehmendem Druck. Dies zeigen zwei Fallbeispiele, die vom Hungarian Helsinki Committee veröffentlicht wurden. Richter András Kovács habe wiederholt Missstände öffentlich gemacht und regierungskritische Entscheidungen getroffen. Seine Aufdeckung von Unvereinbarkeiten zwischen ungarischem Recht und EU-Recht sowie seine Kritik am Fallzuweisungssystem der Kúria (Höchstgericht in Ungarn) habe zu einer Reihe von Repressionen geführt: von der Auflösung seines Senats bis hin zu Publikationsverboten, Einschränkung der Meinungsfreiheit und fragwürdigen Disziplinarverfahren.

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Neubeurteilung der Bewerber für die Präsidentenstelle des Oberverwaltungsgerichts Münster

Nachdem das deutsche Bundesverfassungsgericht eine neuerliche Überprüfung des Auswahlverfahrens für die Präsidentenstelle am Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster angeordnet hat, sollen nun alle drei Bewerber neu beurteilt werden, womit das Beschwerdeverfahren des unterlegenen Kandidaten, in dem hochrangige Politiker als Zeugen geladen worden seien, eingestellt habe werden können.

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BGH bestätigt Verurteilung eines Richters wegen Rechtsbeugung nach Untersagung von Coronaschutzmaßnahmen

Mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes – BGH vom 20. November 2024, 2 StR 54/24 wurden die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 23. August 2023 abgewiesen und das Urteil bestätigt, mit dem der angeklagte Familienrichter wegen Rechtsbeugung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war.

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