VfGH Judikatur / Dienstrecht: Keine Bedenken gegen Dienstbeurteilung von Verwaltungsrichter:innen durch gewählten Personalsenat

Der Verfassungsgerichtshof teilt die vom Verwaltungsgerichtshof erhobenen Bedenken gegen die Zuständigkeit gewählter Personalsenate zur Dienstbeurteilung von Verwaltungsrichter:innen nicht. Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofs zur Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen im Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtgesetz wurden abgewiesen (VfGH 07.03.2023, G 282-283/2022)

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs handle es sich bei der Dienstbeurteilung von Verwaltungsrichter:innen um ein vom Verwaltungsgericht „zu besorgendes Geschäft“ gem. Art 87 Abs. 2 B-VG, welches einem nach der Geschäftsverteilung eingerichteten Senat obliege. Die Zuständigkeit eines Personalausschusses (Personalsenates), in dem gewählte Richter:innen die Mehrheit haben, sei verfassungsrechtlich nicht gedeckt, da dessen Zusammensetzung nicht den Vorgaben des Art 135 B-VG entspreche.

Der Verfassungsgerichtshof kommt in seiner Entscheidung dagegen zu dem Schluss, dass sich in der Verfassung – trotz der Anordnung des Art. 135 Abs. 2 B-VG – kein Verbot entnehmen lasse, die bereits verfassungsgesetzlich unmittelbar mit der Besorgung einzelner Justizverwaltungssachen betrauten Kollegialorgane auch mit weiteren Justizverwaltungssachen zu betrauen, die als vom Verwaltungsgericht zu besorgendes Geschäft zu qualifizieren sind. So werde die Erstattung von Dreiervorschlägen für die Ernennung von Richtern eines Verwaltungsgerichtes in Art. 134 Abs. 2 und 3 B-VG der Vollversammlung oder einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss zugewiesen, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und mindestens fünf sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bestehen habe. Aus den Materialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, gehe hervor, dass Vorbild für das Vorschlagsrecht nach Art. 134 Abs. 2 und 3 B-VG jenes der ordentlichen Gerichte nach Art. 86 Abs. 1 B-VG war, weil es – im Unterschied zu jenem des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art. 134 Abs. 4 B-VG – nicht bindend ist.

Der insofern nach wie vor unveränderte § 25 Abs. 3 RStDG habe im Zeitpunkt der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 die Personalsenate mit der Erstellung der Besetzungsvorschläge betraut, die sich nach § 36 RStDG aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten sowie drei bzw. fünf Wahlmitgliedern zusammensetzten. Ebendiese Personalsenate waren (und sind weiterhin) gemäß § 52 Abs. 1 und 2 RStDG auch für die Dienstbeurteilung der Richter – im RStDG „Gesamtbeurteilung“ genannt – zuständig.

Anhaltspunkte dafür, dass der Verfassungsgesetzgeber von diesem in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorgefundenen System abweichen und es ausschließen wollte, würden sich nicht finden. Vielmehr habe der Verfassungsgesetzgeber sich an dieser Rechtslage orientiert. Vor diesem Hintergrund bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der einfache Gesetzgeber die Vollversammlung oder ihren für die Erstattung von Ernennungsvorschlägen zuständigen Ausschuss gemäß Art. 134 Abs. 2 B-VG mit solchen Justizverwaltungssachen betraue, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der durch die Verfassung zugewiesenen Aufgabe stehen, auch wenn es sich dabei um vom Verwaltungsgericht zu besorgende Geschäfte iSd Art. 135 Abs. 2 B-VG handelt.

Die Verfassung stehe der Zuständigkeit des Personalausschusses des Verwaltungsgerichtes Wien somit nicht entgegen, zumal die Dienstbeurteilung gemäß § 10 Abs. 1 VGW-DRG ob der allfällig daraus resultierenden dienstrechtlichen Konsequenzen als dienstrechtliche Angelegenheit anzusehen sei. Sie stehe damit in einem sachlichen Zusammenhang mit der verfassungsgesetzlich dem Ausschuss nach Art. 134 Abs. 2 B-VG zugewiesenen Aufgabe, Dreiervorschläge für die Ernennung von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu erstatten.

Teilen mit: