Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit im öffentlichen Dienst

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seiner Entscheidung vom 25.01.2024, Ro 2023/09/0009, die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit von Beamten aufgezeigt. Ausschlaggebend ist, ob durch die konkrete Ausgestaltung der Verbindung zwischen der Privatmeinung des Beamten mit seiner dienstlichen Stellung bei objektiver Betrachtung Zweifel daran aufkommen konnten, er werde seine dienstlichen Aufgaben in diesem Zusammenhang weiterhin sachlich vollziehen. Auf eine gerichtliche Strafbarkeit der Aussage an sich, kommt es dafür nicht an.

Der Sachverhalt gestaltete sich so, dass ein Polizist an einer Anti-Corona-Maßnahmen-Demonstration teilgenommen hat. Er war zwar in Zivil, aber durch einen Aufkleber „kritischer Polizist“ als solcher erkennbar. Er hielt zudem ein Transparent mit der Aufschrift „Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“ in die Höhe. Eine damals vorgeschrieben FFP2-Atemschutzmaske hat der Polizist nicht getragen.

Der Polizist erhielt ua. eine Disziplinarstrafe in der Höhe von 500 Euro wegen einer Verletzung der Dienstpflicht nach § 43 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG), da er keine FFP-2 Maske getragen und das angeführte Transparent gehalten habe. Von der Dienstpflichtverletzung durch das Tragen des Aufklebers wurde er bereits von der Behörde freigesprochen. Das BVwG behob auch den Schuldspruch hinsichtlich des Transparents.

Der VwGH sah dies anders: Der Beamte hat gemäß § 43 Abs. 2 BDG in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Die Worte „in seinem gesamten Verhalten“ lassen den Schluss zu, dass hiedurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen.

Der VwGH führt in seiner Begründung aus, dass sachliche Kritik des Beamten an der eigenen Behörde nicht nur durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt, sondern auch als notwendiges Mittel zur Optimierung der Verwaltung anzusehen ist, wobei solche Äußerungen dann unter den Schutz dieses Grundrechts fallen, wenn sie das zulässige Maß an sachlicher Kritik nicht überschreiten. Auch ein Beamter darf – wie jedermann – (als Privatperson) seine Meinung in der Öffentlichkeit im Rahmen des Angemessenen äußern. Ein Hinweis auf die dienstliche Stellung ist in diesem Zusammenhang nicht jedenfalls unzulässig. Ein solcher Hinweis verstößt jedoch dann gegen die allgemeine Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG, wenn der Beamte die Nennung seiner dienstlichen Stellung in einer Privatangelegenheit zur Erlangung eines ungerechtfertigten Vorteils einsetzt, oder er seiner Privatmeinung etwa mehr Gewicht verleihen möchte und dieses Verhalten bei objektiver Betrachtung geeignet ist, Zweifel an der Unparteilichkeit des Beamten bei der Vollziehung seiner dienstlichen Aufgaben auszulösen.

Im vorliegende Fall bestand zum einen insofern ein Bezug des Themas der Versammlung zu den dienstlichen Aufgaben des Polizisten, als er als Polizeibeamter für den Vollzug der kritisierten Maßnahmen zuständig war. Zum anderen stellte der Polizist selbst dadurch einen Dienstbezug her, als er durch den Sticker „Kritischer Polizist“ und dem mit „Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“ unterschriebenen Transparent seine private Meinungskundgabe mit seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Exekutivbeamter verknüpfte.

Indem der Polizist seine – ihm wie jedermann freie – Meinungsäußerung ohne sachliche Notwendigkeit mit seiner Stellung als Polizist auf diese Weise verknüpfte und bei einer objektiven Betrachtung sein Verhalten geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben nicht rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger Weise erfüllen, hat er mit seinen Verhaltensweisen gegen seine allgemeine Dienstpflicht nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen.

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