VwGH: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Dienstbeurteilung von Verwaltungsrichter:innen durch gewählten Personalsenat auch beim Bundesverwaltungsgericht

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof bereits die Zuständigkeit des (gewählten) Personalausschuss des Verwaltungsgerichtes Wien zur Dienstbeurteilung von Richterinnen und Richter beim Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig angefochten hat, setzt der Gerichtshof nach: Mit Beschluss vom 20.12.2022, A 2022/0013 (Ro 2021/09/0028) wurde jetzt auch die entsprechende Zuständigkeitsbestimmung im Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RDStG) beim Verfassungsgerichtshof angefochten.

Nach § 209 RDStG ist für die Dienstbeschreibung der Richter:innen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts der Personalsenat zuständig (§ 52 RDStG). Der Verwaltungsgerichtshof stützt auch hier seine Bedenken auf Art. 135 B-VG und das dazu ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 2018, G 29/2018-14, G 108/2018-10 betreffend die Einrichtung eines Disziplinausschusses am Verwaltungsgericht Wien. Daraus könne der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der Dienstbeurteilung von Verwaltungsrichter:innen um ein vom Verwaltungsgericht „zu besorgendes Geschäft“ gem. Art 87 Abs. 2 B-VG handle, welches einem nach der Geschäftsverteilung eingerichteten Senat obliege. Der Personalsenat setze sich aber aus Mitgliedern zusammen, die teils unmittelbar durch Gesetz in diese Funktion berufen werden (Präsident, Vizepräsident), mehrheitlich jedoch durch die Vollversammlung gewählt werden. Diese Zusammensetzung entspreche somit nicht den Vorgaben des Art 135 B-VG.

Selbst wenn man in der Dienstbeurteilung von Verwaltungsrichter:innen kein vom Verwaltungsgericht „zu besorgendes Geschäft“ im Sinne des Art 87 Abs. 2 B-VG sehe, stelle sich die Frage, ob die angefochtene Zuständigkeitsregelung unter den Tatbestand des Art. 130 Abs. 2 Z 3 B-VG zu subsumieren ist (Zulässigkeit der erstinstanzlichen Betrauung eines Verwaltungsgerichts mit dienstrechtlichen Streitigkeiten) oder unter die später hinzugefügte Generalklausel der Z. 4 dieser Bestimmung. Dann läge eine Aufgabe im Sinne des Art 130 B-VG vor und damit ein vom Verwaltungsgericht zu besorgendes Geschäfts im Sinne des Art 135 Abs. 2 B-VG, welches den in der Geschäftsverteilung eingerichteten Senaten vorbehalten sei.

Siehe dazu: Verwaltungsgerichtshof hält Dienstbeurteilungen von Verwaltungsrichter_innen durch gewählte Personalsenate für nicht verfassungskonform …

Und: Revision gegen Dienstbeurteilung durch Personalsenat zulässig; keine Parteistellung des Personalsenats vor dem Höchstgericht …

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