EU: Sorgen um Rechtsstaatlichkeit betreffen nicht nur Ungarn und Polen

Aus Anlass des aktuellen Berichtes der Weltbank über die sogenannten „Governance indicators“ beschäftigt sich die Analystin Agata Gostyńska-Jakubowska in einem Beitrag im englischen „Guardian“ mit dem Verhältnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union.

Sie kommt zu dem Schluss, dass der Rückgang der Achtung der Rechtsstaatlichkeit nicht nur in Ungarn und Polen zu beobachten ist, sondern es sich dabei um ein EU-weites Problem handelt, welches das Funktionieren der gesamten Gemeinschaft beeinträchtigen könnte.

Hier der Beitrag aus dem „Guardian“ (machine-translation):

Die Governance-Indikatoren der Weltbank zeigen eine Verschlechterung in Bulgarien, Frankreich, Italien und Griechenland.

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Judikatur VfGH / Verfahrensrecht: Gewährung oder Ausschluss der Akteneinsicht im Zusammenhang mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnis

Hat die Behörde in einem Mehrparteienverfahren mitbeteiligten Parteien die Akteneinsicht zu Unrecht gewährt oder verweigert, so ist dagegen (Verfahrensanordnung) eine gesonderte Beschwerde an das Verwaltungsgericht nicht möglich.

Eine allfällige Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 17 Abs. 3 AVG) kann nur im Wege einer Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht gegen die das Verfahren abschließende Sachentscheidung geltend gemacht werden.

Im Fall eines darauf gerichteten Feststellungsantrages hat das Verwaltungsgericht darüber gesondert zu entscheiden (VfGH vom 10.10.2019, E 1025/2018).

Subjektives Recht einer Verfahrenspartei auf Akteneinsicht

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Informationsfreiheit: „Transparenz“-Register wird öffentlich

Im Sommer 2019 wurde mit dem EU-Finanz-Anpassungsgesetz auch das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) geändert. Damit wird die 5. Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843) in Österreich umgesetzt. Ziel ist die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Viele relevante Änderungen zum WiEReG sind aber erst heuer in Kraft getreten.

Mit dem Register werden in Österreich erstmals die wahren wirtschaftlichen Eigentümer von Unternehmen, Stiftungen, Vereinen und Trusts in einem einheitlichen Register erfasst. Das Register wird durch die beim Bundesminister für Finanzen eingerichtete Registerbehörde geführt. Als gesetzliche Dienstleisterin bedient sich die Registerbehörde der Bundesanstalt Statistik Austria, die das Register auf Basis des Unternehmensregisters betreibt.

Neuerungen ab Jänner 2020:

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Polen: Unterstützung aus Europa für den „Marsch der tausend Roben“ gegen Justizreform

Tausende Richter und Richterinnen, Juristen und Juristinnen und andere Bürger bzw. Bürgerinnen aus rund 20 Staaten Europas, darunter Österreich, haben am Freitag in Warschau gegen Gesetzespläne der polnischen Regierung protestiert, die die Unabhängigkeit der Justiz weiter einschränken könnten.

Der als „Marsch der tausend Roben“ angekündigte Solidaritätsmarsch durch das Stadtzentrum vom Obersten Gerichtshof zum Parlamentsgebäude richtete sich nach Angaben der polnischen Richtervereinigung Iustitia gegen Pläne der rechtskonservativen polnischen Regierung zur „Disziplinierung“ von Richtern.

Gegner kritisieren Regierungsplan

Die vom Parlament noch nicht endgültig beschlossene Gesetzesvorlage soll nach Ansicht der Gegner und Gegnerinnen dazu dienen, polnische Richter bzw. Richterinnen zu bestrafen, die sich kritisch über die Justizreformen der Regierung äußern.

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Neues Regierungsprogramm: Die Grenzen der Sicherungshaft

Menschenrechtsexperte Manfred Nowak sieht die türkis-grünen Vorhaben mit der Schubhaft bereits erfüllt.

In einem Beitrag in der „Wiener Zeitung“ stellt der Menschenrechtsexperte der Universität Wien zur Diskussion über eine im Regierungsprogramm vorgesehene Sicherungshaft fest, die Regierung habe hier die Umsetzung der „EU-Aufnahmerichtlinie“ im Auge. Konkret dürfte es um den Artikel 8, Absatz 3(e) gehen, wonach Asylsuchende in Haft genommen werden können, „wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung erforderlich ist“.

Dies ist laut Nowak seit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018 in Form der Schubhaft umgesetzt. Konkret heißt es im Gesetz: „Die Anordnung der Schubhaft (…) soll demnach möglich sein, wenn (…) vom Aufenthalt des Fremden eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht.“

So sei laut Nowak aber nur vorzugehen, wenn die Abschiebung einer Person beabsichtigt ist oder ein Verfahren gegen sie läuft. Der Europäische Gerichtshof habe in einem Verfahren gegen die Niederlande 2016 festgestellt, dass eine Haft nach der EU-Aufnahmerichtlinie nur möglich sei, wenn ein Ausweisungsverfahren im Gange ist, sagt Nowak. „Es gibt keinen Grund, darüber hinaus zu gehen.“

Der türkische Asylwerber in Dornbirn hätte nach geltendem Recht festgenommen werden können. Die Regelungen in anderen EU-Ländern hießen zwar anders, aber sie entsprechen inhaltlich einer Schubhaft, so Nowak.

Keine Präventivhaft außerhalb der Schubhaft

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Regierungsprogramm 2020-2024: Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit wenig Neues

Die von „GRECO“ und Europarat an der Organisation der Verwaltungsgerichte in Österreich geübt Kritik fand im neuen Regierungsprogramm nur wenig Niederschlag

Die Antikorruptionsbehörde des Europarats (GRECO) hatte wiederholt – zuletzt im Sommer 2019 – darauf hingewiesen, dass Österreich hinsichtlich der Ausgestaltung der Unabhängigkeit der neu geschaffenen Verwaltungsgerichte Nachholbedarf habe.

Auch der Dachverband der Verwaltungsrichter hatte in einem Schreiben an die Parlamentsparteien festgestellt, das Gutachten des Europarates (CCJE) vom 28. März 2019 zur Organisation des Verwaltungsgerichtes Wien zeige für den Verfassungs- und die Organisationsgesetzgeber dringenden Handlungsbedarf.

Diese Forderungen fanden im neuen Regierungsprogramm nur wenig Niederschlag, und wenn ja, dann nur in sehr allgemeiner Form.

Nachfolgend ein kursorischer Blick auf das Regierungsprogramm zu den Themen Auswahl und Ausbildung von Richtern, behördliches und gerichtliches Verwaltungsverfahren, Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung, Asylverfahren, Finanzverfahren, Illegales Glückspiel, Informationsfreiheit, Innere Sicherheit, Versammlungsfreiheit und Umweltrecht.

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Polen: Proteste gegen „Maulkorbgesetz“ für Richter

Unter dem Slogan „Heute die Richter und morgen du!“ protestierten in Polen tausende Bürger gegen ein geplantes „Maulkorbgesetz“ für Richter. Die Demonstranten befürchten, die nationalkonservative Regierung wolle kritische Richter mundtot machen.

„Freie Gerichte“ und „Wir werden siegen“ riefen die Menschen, die sich am Abend vor dem Gebäude des Parlaments in Warschau versammelt hatten. In rund hundert polnischen Städten gab es ebenfalls Proteste gegen einen Gesetzentwurf zur Disziplinierung von Richtern.

Der Streit um die Justizreformen der nationalkonservativen Regierungspartei PiS schwelt schon seit mehreren Jahren. Die EU-Kommission hat wegen der strittigen Reformen bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Warschau eröffnet und Klagen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) erhoben.

Keine Kritik erwünscht

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EuGH: Nationale Gerichte müssen Zulässigkeit einer Zwangshaft gegen Politiker prüfen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich erstmals dazu geäußert, ob nationale Gerichte befugt oder sogar verpflichtet sind, gegen die Verantwortlichen nationaler Behörden eine Zwangshaft zu verhängen, wenn sich diese beharrlich weigern, gerichtlich auferlegte – und auf Unionsrecht fußende – Verpflichtungen zu erfüllen (Rechtssache C-752/18, Deutsche Umwelthilfe / Freistaat Bayern).

Fahrverbote nicht umgesetzt

Anlassfall war ein Rechtsstreit in Deutschland, bei dem sich Mitglieder von Landesregierungen in Bayern und Baden-Württemberg geweigert hatten, von Verwaltungsgerichten verfügte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge umzusetzen. Zur Durchsetzung der Fahrverbote hatten Gerichte mehrfach Zwangsgelder verhängt, allerdings ohne Erfolg. Daher hatte die „Deutsche Umwelthilfe“ beim Verwaltungsgericht München beantragt, den bayerischen Umweltminister oder den Ministerpräsidenten in Zwangshaft zu nehmen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser sollte klären sollte, ob ein deutsches Gericht berechtigt ist, eine solche Zwangshaft zu vollstrecken.

EuGH legt Prüfungsmaßstab fest

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Wahrnehmungsbericht: Anwälte sehen Rechtsstaat in Gefahr

Der Wahrnehmungsbericht der Rechtsanwälte fällt heuer extrem kritisch aus. Die Kritik betrifft fehlende Begutachtungsverfahren für neue Gesetze, die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte, fehlerhafte Verwaltungsbehörden und überbordenden Gerichtsgebühren.

Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (Örak), ist kein Mensch, der leicht die Contenance verliert. Doch bei der Präsentation des diesjährigen Wahrnehmungsberichts der heimischen Rechtsanwälte am Dienstag fielen Begriffe wie „unwürdig“, „unqualifiziert“ und „Gesinnungsschnüffelei“. Die Mängelliste ist derart gravierend, dass Wolff und sein Stellvertreter Bernhard Fink den Rechtsstaat in Gefahr sehen. Die schlimmsten Sünden:

  • Grund- und Freiheitsrechte:

Seit den Terroranschlägen von 9/11 in den USA habe es auch in Österreich eine Flut von Überwachungsgesetzen gegeben, die die Grund- und Freiheitsrechte massiv eingeschränkt hätten – „teilweise verfassungswidrig“, ist Wolff überzeugt. Der Örak fordert nun eine Gesamtevaluierung all dieser Verschärfungen durch eine unabhängige Expertenkommission.

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Polen (2): Disziplinarkammer für Richter in Polen ist rechtswidrig

Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht Polens)

Das oberste Gericht des Landes hat die neue Disziplinarkammer für Richter für rechtswidrig erklärt

Im Streit um die Justizreformen in Polen hat das oberste Gericht des Landes die neu geschaffene Disziplinarkammer für nicht rechtens erklärt. Die Kammer erfülle nicht die Anforderungen des europäischen und damit auch nicht die des polnischen Rechts, hieß es in der Begründung.

Das nationale polnische Gericht folgte damit dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-585/18 u.a,. mit dem der Gerichtshof dem nationalen Gericht aufgetragen hatte, selbst zu prüfen, ob die Erfordernisse der Unabhängigkeit erfüllt werden oder nicht.

Die Disziplinarkammer ist ein wesentliches Element der von der Regierung initiierten Justizreformen. Sie soll Disziplinarmaßnahmen gegen Richterinnen und Richter überwachen. Das Gremium kann jeden Richter oder Richterin sowie Staatsanwalt oder Staatsanwältin entlassen.

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