Polen (2): Disziplinarkammer für Richter in Polen ist rechtswidrig

Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht Polens)

Das oberste Gericht des Landes hat die neue Disziplinarkammer für Richter für rechtswidrig erklärt

Im Streit um die Justizreformen in Polen hat das oberste Gericht des Landes die neu geschaffene Disziplinarkammer für nicht rechtens erklärt. Die Kammer erfülle nicht die Anforderungen des europäischen und damit auch nicht die des polnischen Rechts, hieß es in der Begründung.

Das nationale polnische Gericht folgte damit dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-585/18 u.a,. mit dem der Gerichtshof dem nationalen Gericht aufgetragen hatte, selbst zu prüfen, ob die Erfordernisse der Unabhängigkeit erfüllt werden oder nicht.

Die Disziplinarkammer ist ein wesentliches Element der von der Regierung initiierten Justizreformen. Sie soll Disziplinarmaßnahmen gegen Richterinnen und Richter überwachen. Das Gremium kann jeden Richter oder Richterin sowie Staatsanwalt oder Staatsanwältin entlassen.

Die Einführung einer solchen Kammer wurde stark kritisiert. Dabei argumentierten die Gegnerinnen und Gegner, dass die nationalkonservative PiS-Regierung systematisch die Möglichkeiten zu politischem Einfluss auf das Justizsystem erweitere.

Kritiker bemängeln Zusammensetzung nach nicht demokratischen Verfahren

Ernannt werden die Mitglieder der Disziplinarkammer vom Präsidenten der Republik, ausgewählt werden sie vom Landesjustizrat. Dieser soll eigentlich die Unabhängigkeit der Berufenen garantieren. Früher hatten dort Richterinnen und Richter die Mehrheit, die von anderen Kolleginnen und Kollegen demokratisch gewählt wurden. Doch seit der PiS-Justizreform Ende 2017 werden die Mitglieder des Landesjustizrats vom Parlament gewählt. Dass die Disziplinarkammer nicht nach demokratischen Verhältnissen besetzt ist, zeigt sich auch an der bisherigen Zusammensetzung: Bislang wurden nur zehn Mitglieder in das Organ berufen – die meisten sind Staatsanwälte aus dem Umfeld von Justizminister Zbigniew Ziobro und andere PiS-nahe Juristen.

Das oberste Gericht argumentierte nun, der Landesjustizrat sei nicht ausreichend unabhängig von Parlament und Regierung. Daher sei auch die Disziplinarkammer nicht als unabhängiges Organ der Justiz anzusehen.

Hier den Beitrag in der „Zeit“ lesen …

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