Österreich verteidigt Auswahlverfahren für Präsidenten der Verwaltungsgerichte vor dem Europarat

In seinem Forderungsprogramm „Agenda VG 2022“ hat sich der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) kritisch mit der aktuellen Situation der neuen Verwaltungsgerichte in Österreich auseinandergesetzt.

Unter anderem wurde gerügt, dass die Auswahl der Gerichtspräsidenten der neuen Verwaltungsgerichte ohne Mitwirkung der Richter erfolgt und nicht – entsprechend den europäischen Standards  – nach denselben Grundsätzen wie die Auswahl der Richter. Diese Kritik wurde seitens des Europarates (CCJE)aufgegriffen und Österreich Gelegenheit geboten, dazu Stellung zu nehmen.

Justizminister nimmt Stellung

Im „Situation-Report 2017“ über die Situation der Justiz in Europa wird ein Schreiben des österreichischen Bundesministers für  Verfassung, Reformen,  Deregulierung und Justiz veröffentlicht (Seite 72 des Berichts), in dem dieser darauf hinweist, dass dieser Vorwurf nicht die österreichische Rechtslage widerspiegle („This  does  not  reflect  the  current  legal situation in Austria“).

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„Transparency International“: Österreich braucht ein Informationsfreiheitsgesetz

Entschlossene Maßnahmen für Transparenz und gegen Korruption fehlen

In einem aktuellen Ranking von „Transparency International“ wird Österreich  erst auf Platz 16 geführt, in einer Gruppe mit Australien, Island, Belgien, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Als „very clean“ werden jene Länder bezeichnet, in denen Korruption im öffentlichen Sektor als am geringsten wahrgenommen wird. Das sind im aktuellen Ranking zwölf Länder, die von Neuseeland, Dänemark und Finnland angeführt werden. Österreich ist aktuell nicht unter den „sehr sauberen“ Staaten zu finden.

Gesetzliche Maßnahmen notwendig  

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Verfassungsgerichtshof: Kritik an der Bestellung neuer Richter – ein Überblick

FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER

Die zwei durch Pensionierungen zu Jahresende 2017 frei gewordenen Posten im VfGH werden auf Vorschlag von Nationalrat und Bundesrat besetzt – und die Parlamentskammern führen (nicht öffentliche) Hearings durch, jeweils am 23. und am 27. Februar.

Da die Namen der neuen Richter schon feststehen, sorgt die  Vorgangsweise der Regierung für viel Kritik. Die Hearings der rund 40 zum großen Teil sehr qualifizierten Kandidatinnen und Kandidaten würden damit zur Farce.

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Einsparungen (1): Neuregelung der Sachwalterschaft soll verschoben werden

Verschiebung aus Kostengründen

Mit den von allen Parteien im April 2017 beschlossenen Erwachsenenschutzgesetz (BGBl. I Nr. 59/2017) wurde u.a. die Sachwalterschaft neu geregelt bzw. Alternativen dazu vorgesehen. In Kraft treten soll das Gesetz am 1. Juli 2018.

Die Regierung überlegt nun, das Inkrafttreten des Erwachsenenschutzgesetzes aus Geldmangel um zwei Jahre zu verschieben. Das Justizministerium bestätigt laut orf.at, dass die Ablösung des 30 Jahre alten Sachwalterrechts „Verhandlungsgegenstand der laufenden Budgetverhandlungen ist“. Die Kosten dafür hätten heuer 9,5 Mio. Euro betragen, wären in den nächsten Jahren kontinuierlich gesunken und bis 2022 durch den Abbau von gerichtlichen Erwachsenenvertretungen auf null zurückgegangen. Das gesamte Justizbudget betrug für das Jahr 2017 rund 1,4 Milliarden Euro.

Auch die Richtervereinigung hatte in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass der Erfolg der geplanten Neuregelungen nicht unerheblich davon abhängt, in welchem Ausmaß die Betroffenen Unterstützung – wie etwa durch Erwachsenensozialarbeit – erhalten und auch eine Erhöhung des Justizbudgets unbedingt erforderlich ist. Mit der derzeitigen Personalsituation könne dies nicht bewältigt werden.

Für Volksanwältin „nicht nachvollziehbar“

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„Big Data“ – auf dem Weg zum gläsernen Richter (2)

„Big Data“ birgt Gefahren für rechtsstaatliche Prinzipien

Es zeigt sich, dass die Gefahr besteht, dass durch den Einsatz von „Big Data“ in der „digitalen“ Justiz rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung, der Grundsatz der Waffengleichheit und des  fairen Verfahrens verletzt werden könnten, auch die Verständlichkeit und Lesbarkeit richterlicher Entscheidungen könnte durch „automatisierte“ Entscheidungsfindung leiden.

Algorithmen sind nicht neutral

Der Einsatz von „Big Data” birgt auch die Gefahr, dass bereits bestehende Vorurteile und Stereotypen weiter verfestigt werden. Auch sind Algorithmen nicht neutral, sondern sie spiegeln die jeweils bestehende Rechtslage wider. Die Geschäftsmodelle der Internet-Big-Five basieren auf der amerikanischen Verfassungsrechtslage, nach der staatliche Eingriffe und Restriktionen unternehmerischer Tätigkeit absolut verpönt sind. Indem die US-Internetkonzerne in Europa genauso agieren wie in den USA, nehmen sie die Verletzung europäischer Normen, insbesondere der Grundrechte, billigend in Kauf.

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„Big Data“ – auf dem Weg zum gläsernen Richter (1)

In den USA ist bereits ein Programm erhältlich, welches erlaubt, die Entscheidungspraxis einzelner Richter detailliert zu analysieren (hier abrufbar: Judge Analytics Tutorial).

Bart van der Sloot vom “Tilburg Institute for Law, Technology, and Society (TILT)in den Niederlanden hat für das Europäische Netzwerk der Justizräte (ENCJ) untersucht, was „Big Data“ für die „digitale“ Justiz bedeutet, insbesondere welche neuen Gefahren drohen bzw. welche neuen Möglichkeiten entstehen könnten.

Feststeht bereits, dass “Big Data” Auswirkungen auf jeden einzelnen Verfahrensschritt vor Gericht haben kann: Von der Einbringung der Klage, über den Zugang zu Akten und Dokumenten, die Verhandlung bis zur Entscheidung und dem Zugang zu den Entscheidungen.

Auswertung von Entscheidungen durch neuronale Netze

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Richterernennung (2): Ex-Justizminister soll Verfassungsrichter werden

apa

Keine Wartefrist für Ex-Politiker

Man muss fast 100 Jahre zurückgehen, um ähnliche Fälle zu finden. Zuletzt gab es in der Ersten Republik direkte Wechsel aus der Regierung in den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter könnte nun wieder jemand mehr oder weniger direkt aus der Regierung in das Höchstgericht wechseln. Anders als beim Präsident bzw. Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofes gibt es für die Ernennung von Expolitikern zu „einfachen“ Richtern keine sogenannte „Cooling-off“ – Phase.

Kritik an Nebentätigkeiten

Nach einem Bericht des „Standard“ stoße die Bestellung von Brandstetter bei etlichen Richtern des Verfassungsgerichtshofs auf  Unverständnis, habe er doch als Ex-Minister jahrelang in der Justiz und über Gesetze bzw. Gesetzesvorhaben (mit)bestimmt, sodass Befangenheiten entstehen könnten.

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Polen: Höchstgericht wehrt sich gegen die Justizreform

Der Oberste Gerichtshof in Polen

Das Gesetz über den Obersten Gerichtshof Polens (Supreme Court  of the Republic of Poland) wird am 04.04.2018 in Kraft treten, das Gesetz über den Polnischen Justizrat ist bereits in Kraft. In einer Resolution hat die Vollversammlung des Höchstgerichts die Reformen als Verletzung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien kritisiert.  

Zwangspensionierungen und Neubestellungen

Mit dem neuen Gesetz wird – ähnlich wie vor Jahren in Ungarn – das Pensionsalter der Höchstrichter von 70 Jahre auf 65 Jahre herabgesetzt. Damit wird fast die Hälfte der Richterschaft am Höchstgericht zwangspensioniert. Nur durch Ermessensentscheidung des Staatspräsidenten ist es zukünftig möglich, länger im Amt zu bleiben. Gleichzeitig wird die Zahl der Höchstrichterinnen und – richter von derzeit 88 auf 120 erhöht. Im Ergebnis  werden damit fast 2 Drittel der Höchstrichterinnen und-richter neu bestellt. Das Höchstgericht ist   – anders als in Österreich – auch für Wahlanfechtungen zuständig.

Politischer Einfluss auf Richterbestellungen

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Tipp: Polen vor der Zerreißprobe (Dokumentation)

Roza Thun hat schon oft um ihr Land gekämpft. Als ehemalige Sprecherin der Studentenorganisation der Solidarnosc war sie wesentlich mitbeteiligt an der Wende 1989. Nach dem Fall des Kommunismus warb sie leidenschaftlich und erfolgreich für den polnischen EU-Beitritt. Dass sie im Jahr 2017 wieder auf die Straße gehen muss, hätte sie sich niemals träumen lassen. …

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Nicht nur Polen: Die EU hat ein Problem mit der Rechtsstaatlichkeit (2)

Mit der Justizreform erhält der Justizminister in Polen das Recht, jederzeit die Präsidenten der polnischen Gerichte sowie die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs zu entlassen. Außerdem stellen die Gesetze das Gremium von Richtern, das bisher unabhängig über die Ernennung und Beförderung von Richtern entscheidet, unter den direkten Einfluss der Mehrheitspartei im Parlament. Schließlich erhält der Justizminister die Möglichkeit, in bestimmten Fällen rechtskräftige Gerichtsurteile, die bis zu 20 Jahre zurückliegen, durch eine außerordentliche Klage vor dem Obersten Gericht anfechten zu können.

Mit der Unterstellung der Richter unter die politische Kontrolle der Mehrheitspartei im Parlament, werden das Prinzip der Gewaltenteilung und das Recht auf ein faires Verfahren aufgehoben. Diese Grundsätze beruhen nicht nur Art 6 EMRK und Art 47 der EU-Grundrechtecharta, sondern sind auch in Art 9 der polnischen Verfassung festgelegt.

Rechtsstaatsprinzip ist das Rückgrat der Europäischen Union

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