Verwaltungsrichter:in in Portugal wird man nach dem Studium der Rechtswissenschaften entweder durch ein kommissionelles Auswahlverfahren oder nach einer fünfjährigen einschlägigen Berufserfahrung. Das Auswahlverfahren der zukünftigen Richteramtsanwärter:innen wird durch ein speziell zusammengesetztes Board aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft einschließlich Richter:innen durchgeführt. Danach folgt eine spezielle Ausbildung für alle Richteramtsanwärter:innen und wurde zu diesem Zweck und für die Durchführung des Auswahlverfahrens im Jahr 1979 die Justizakademie – Centro de Estudos Judiciários (CEJ) – gegründet, eine Einrichtung unter der Aufsicht des Justizministeriums mit Rechtspersönlichkeit und Verwaltungsautonomie. Es werden hier alle zukünftigen Richter:innen und Staatsanwält:innen gemeinsam ausgebildet.
Aus der Vereinigung
Studienreise Portugal: Moderne und unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit (Teil I)
Nach Sintra, ca. 35 km westlich von Lissabon gelegen, führte uns der erste Tag der Studienreise. Dabei konnten wir sowohl die Kulturlandschaft Sintra als Weltkulturerbe der UNESCO durch den Besuch seiner jahrhundertealten Paläste (Palacio Nacional de Sintra und Palacio Nacional da Pena) als auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit kennenlernen. Die portugiesische Verwaltungsgerichtsbarkeit gliedert sich in drei Instanzen, wobei in erster Ebene 17 Verwaltungsgerichte – davon eines in Sintra – eingerichtet sind. Der besondere Schutz der Landschaft ist des Öfteren Gegenstand von Verfahren am Verwaltungsgericht Sintra, welches sich als besonders modernes Gericht auszeichnet. Nicht nur das Gebäude, sondern auch die Verfahrensführung mit ausschließlich elektronischem Akt zeigen eine sehr fortschrittliche Judikative. Dies schließt die Videoeinvernahme und ein Protokoll in Form einer Audiodatei sowie einen Gerichtsdiener, der wohl hauptsächlich die Technik beherrschen muss, ein. Auch die Übertragung der Akten an höhere Gerichte läuft ohne Probleme.
Einfluss der Politik auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit sollte durch Reformen unterbunden werden
Markus Thoma, Präsident des Dachverbandes der Verwaltungsrichter:innen, weist im Interview mit dem Standard auf die Notwendigkeit von Reformen zur Reduktion der Einflussmöglichkeiten auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit hin. Dies betreffe insbesondere die Bereiche der Richter:innenernennung, vor allem auch in Leitungsfunktionen sowie der finanziellen Ausstattung und der Besoldung der Richter:innen.
Untätigkeit der Regierung bei Nachbesetzungen von RichterInnen beim BVwG
Im heutigen Ö1 Morgenjournal wird berichtet, dass elf RichterInnenposten beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) auf ihre Nachbesetzung warten. Markus Thoma, Sprecher für den Dachverband der VerwaltungsrichterInnen, kritisiert dies und führt aus, dass aus Gründen, die überhaupt nichts mit dem Gericht zu tun haben, die Auswahl- und Ernennungsentscheidungen schlichtweg nicht vorgenommen werden. Es könne nicht sein, dass das Funktionieren der Gerichte letztlich von einer Untätigkeit der Exekutive beeinflusst werde. Er verweist auch auf den Rechtsstaatlichkeitsbericht 2024, in welchem die EU-Kommission die politische Einflussnahme auf Postenbesetzungen in der Justiz und die erheblichen Verzögerungen bei den Ernennungen durch die Regierung neuerlich kritisiert hat.
Stellungnahme des Dachverbandes zum Bericht der Europäischen Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2024
Der jüngst erschienene Bericht der Europäischen Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2024 hält in seinem Länderkapitel zur Lage in Österreich einleitend fest, „[d]ie Justiz in Österreich wird weiterhin als sehr unabhängig wahrgenommen und das Justizsystem funktioniert effizient. Während die jüngsten Reformen der Ernennungsverfahren für den Präsidenten bzw. die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und der Richteramtsanwärter:innen umgesetzt …
Statement zur Situation der Gerichtsbarkeit in der Türkei
Die Plattform für eine unabhängige Justiz, bestehend aus den vier europäischen Richterorganisationen AEAJ, EAJ, MEDEL und Judges4Judges, beobachtet die Entwicklungen im türkischen Rechtssystem seit mehr als zehn Jahren sehr genau und legt in einer gemeinsamen Stellungnahme dar, dass die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei seit 2016 auf mehreren Ebenen einen dramatischen Einbruch erlitten habe.
Forderung der institutionellen und strukturellen Sicherstellung der Unabhängigkeit der Justiz von der Politik
Der Bericht der Untersuchungskommission zur Aufklärung des Verdachts der politischen Einflussnahme auf die österreichische Justiz stellt der Justiz grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus. Im Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist zu beachten, dass diese nicht Gegenstand der Untersuchung war. Der Bericht bringt aber klar hervor, dass eine enge Verquickung von Justiz und Politik dem Ansehen des …
Das war das Maiforum 2024 (2): Einsatz von KI in der Rechtsprechung
Im Anschluss an die zwei hochinteressanten Vorträge wurde der Einsatz von KI in der Rechtsprechung aus verschiedenen Blickwinkeln in der Podiumsdiskussion beleuchtet.
Gernot Winter erklärte, dass zurzeit die KI noch nicht in der Lage sei, einen Richter zu ersetzen, es gebe noch sehr viele technische Hindernisse. Man sollte die Zeit, bis es soweit sei, aber nutzen, um sich Gedanken darüber zu machen, in welcher Form wir KI tatsächlich einsetzen wollen.
Ein Richter müsse jedenfalls etwas von KI verstehen, wenn er diese zur Unterstützung der Entscheidungsfindung auch einsetzen möchte. Selbst wenn er sie nicht selbst einsetze, sei eine Grundkenntnis für die Würdigung von möglicherweise durch KI erstellte oder bearbeitete Beweise erforderlich. Eine KI selbst könne nicht zuverlässig erkennen, ob z.B. das Beweismittel mit KI erstellt worden sei.
Deutscher Verwaltungsgerichtstag (2): Bericht der VEV – AEAJ zur Rechtsstaatlichkeit in Polen
Sylvain Mérenne, Präsident der Vereinigung der Europäischen Verwaltungsrichter:innen (VEV – AEAJ) und Richter am Oberverwaltungsgericht Marseille, hielt fest, dass die Rechtsstaatlichkeitskrise in Polen nicht nur eine nationale polnische Angelegenheit sei. Die Entwicklung in Polen zeige sehr deutlich, welche Bereiche eines Rechtssystems zunächst unter Druck geraten und wie nach und nach rechtliche Institutionen und die Gerichtsbarkeit durch politische Einflussnahme geschwächt werden können. Dies führe letztlich zu einer Aushöhlung des Prinzips der Gewaltenteilung.
Dachverband kritisiert Entwurf zum Steiermärkischen Objektivierungsgesetz
Der Entwurf des Steiermärkischen Objektivierungsgesetzes (StObjG) bezieht sich auch auf die Bestellung von Präsident:in und Vizepräsident:in des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark und sieht ua. eine nicht-richterliche Begutachtungskommission sowie eine Befristung der Bestellung für einen Zeitraum von drei Jahren vor. Diese Vorgaben widersprechen nicht nur Europäischen Standards sondern auch dem B-VG.
Der Dachverband der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter gibt zum og. Entwurf folgende Stellungnahme ab:
Entgegen dem Vorblatt des Entwurfes dient dieser sehr wohl der Umsetzung des Rechts der Europäischen Union, aber auch der Europäischen Menschenrechtskonvention: Wie sowohl die jährlich veröffentlichten Rechtsstaatlichkeitsberichte der Europäischen Kommission als auch die laufenden Evaluierungsberichte von GRECO (Group of States against Corruption) verdeutlichen (vgl. zuletzt den Zweiten Umsetzungsbericht der Vierten Evaluierungsrunde über Österreich, angenommen von GRECO in der 94. Vollversammlung im Juni 2023, GrecoRC4(2023)11), harrt aus Europäischer Sicht die Objektivierung der Ernennungsverfahren der Präsident:innen und Vizepräsident:innen der Verwaltungsgerichte nach wie vor einer Umsetzung.