Polen: Höchstgericht wehrt sich gegen die Justizreform

Der Oberste Gerichtshof in Polen

Das Gesetz über den Obersten Gerichtshof Polens (Supreme Court  of the Republic of Poland) wird am 04.04.2018 in Kraft treten, das Gesetz über den Polnischen Justizrat ist bereits in Kraft. In einer Resolution hat die Vollversammlung des Höchstgerichts die Reformen als Verletzung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien kritisiert.  

Zwangspensionierungen und Neubestellungen

Mit dem neuen Gesetz wird – ähnlich wie vor Jahren in Ungarn – das Pensionsalter der Höchstrichter von 70 Jahre auf 65 Jahre herabgesetzt. Damit wird fast die Hälfte der Richterschaft am Höchstgericht zwangspensioniert. Nur durch Ermessensentscheidung des Staatspräsidenten ist es zukünftig möglich, länger im Amt zu bleiben. Gleichzeitig wird die Zahl der Höchstrichterinnen und – richter von derzeit 88 auf 120 erhöht. Im Ergebnis  werden damit fast 2 Drittel der Höchstrichterinnen und-richter neu bestellt. Das Höchstgericht ist   – anders als in Österreich – auch für Wahlanfechtungen zuständig.

Politischer Einfluss auf Richterbestellungen

Der Polnischen Justizrat bestand bisher  – entsprechend den europäischen Standards – größtenteils aus Richterinnen und Richter, die überwiegend direkt von den Richterinnen und Richtern  gewählt waren .  Der Richterrat übt Funktionen der Justizverwaltung aus und nimmt insbesondere die Richterbestellungen vor. Nunmehr werden die neuen Mitglieder des neuen Justizrates vom Parlament und damit ausschließlich von der Mehrheitspartei bestellt. In Polen gibt es rund  10.000 Richterinnen und Richter.

„Was in Polen geschieht, rührt am Kern der europäischen Idee“.

Der deutsche Bundesverfassungsrichter Johannes Masing hat Polens Regierung wegen ihrer umstrittenen Justizreformen scharf kritisiert. Die Warschauer Regierenden würden „autoritäre, antirechtsstaatliche und antidemokratische Züge“ entwickeln, sagte er der Stuttgarter Zeitung (Ausgabe vom 20.01.2018).

Masing, der seit zehn Jahren dem Ersten Senat des BVerfG angehört, sagte unter anderem, das polnische Verfassungsgericht sei nach einer Reform nicht mehr in der Lage, die Regierung effektiv zu kontrollieren. Die offizielle polnische Begründung für die Reform bezeichnete er als vorgeschoben. Das Rechtsstaatsverfahren der EU-Kommission begrüßte er: „Was in Polen geschieht, rührt am Kern der europäischen Idee“.

Polens Regierung bestreitet die Vorwürfe und argumentiert, die Justiz müsse dringend reformiert werden, viele Richter seien korrupt.

Hier die Resolution vom 16.01.2018 lesen…

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