EGMR verhandelt Klimaklage

Sechs junge Portugies:innen fordern von 32 Staaten mehr Klimaschutz. Die globale Erwärmung betreffe ihre Generation am stärksten. Heute wird der Fall – Duarte Agostinho and Others v. Portugal and 32 Others (application no. 39371/20) – vor der Großen Kammer des EGMR verhandelt. Alleine die Große Kammer zeigt schon die Bedeutung des Falls.

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Umweltministerium wirft Bundesländern bei Wolfsabschuss Rechtsbrüche vor

Das Umweltministerium habe seine Kritik an Wolfsabschüssen bekräftigt und in Stellungnahmen zu Verordnungen mehrerer Bundesländer nun detailliert dargelegt. Fehlende Einzelfallprüfung, die Begründung und eine „Unverhältnismäßigkeit“ werden bei den Verordnungen mehrerer Länder, die den Abschuss von Wölfen erlauben, kritisiert.

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EuGH: Die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung darf bei einem Städtebauprojekt nicht ausschließlich von dessen Größe abhängen

Der EuGH hat in seinem Erkenntnis vom 25.05.2023, C-575/21, entschieden, dass das Unionsrecht Schwellenwerten entgegensteht, die so hoch angesetzt sind, dass in der Praxis alle oder nahezu alle Projekte einer bestimmten Art von vornherein der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung entzogen sind.

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Maiforum 2023 (Teil 1) – grundrechtliche Vorgaben zur (organisatorischen) Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit

Zur Eröffnung des Maiforums mahnte der Präsident des Dachverbands der Verwaltungsrichter:innen Markus Thoma die Umsetzung der europäischen Standards zur Bestellung von Richter:innen und Gerichtspräsident:innen durch richterliche Organe als Ausfluss der richterlichen Selbstverwaltung und Unabhängigkeit ein. Die Bestellung der offenen Posten, so aktuell der Posten des/der Präsident:in des BVwG, sollen auch zeitnah und unparteiisch erfolgen.

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„Recht auf saubere Luft“: Geschätzte 240.000 Menschen in der EU durch Feinstaubbelastung vorzeitig gestorben

Trotz besserer Luftqualität sind im Jahr 2020 rund 240.000 Menschen in der EU durch Feinstaubbelastung vorzeitig gestorben, so die aktuelle Schätzung der EU-Umweltagentur (EEA). Menschen in Städten sind besonders gefährdet: 96 % der Stadtbevölkerung waren Feinstaubbelastungen ausgesetzt, die über dem von der Weltgesundheitsorganisation festgelegten gesundheitsbezogenen Richtwert von fünf Mikrogramm per Kubikmeter lagen.

Schadstoffe in der Luft stellen nach wie vor die größte von der Umwelt ausgehende Gesundheitsgefahr dar. Sie sind laut dem EEA-Bericht einer der Hauptgründe für frühzeitige Todesfälle und Erkrankungen. Herzkrankheiten und Schlaganfälle seien am häufigsten die darauf zurückgehende Todesursache, gefolgt von Lungenkrebs und anderen Lungenkrankheiten.

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Digitale Überwachung (2): UN-Menschenrechtskommissar gegen Unterwanderung verschlüsselter Messenger

Der UN-Menschenrechtskommissar sieht im Einsatz der Überwachungstechnologie einen Paradigmenwechsel, der „erhebliche Risiken“ für Grundrechte mit sich bringe.

Ungeachtet der Urteile des EuGH zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung laufen auf europäischer Ebene Vorarbeiten zur nächste Variante der anlasslosen Massenüberwachung. Messenger-Hersteller sollen künftig in ihren Apps laufend nach Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern (CSAM) scannen und Gefundenes an die Behörden melden müssen. In der breiteren Öffentlichkeit wird dieses Unterfangen unter dem Begriff „Chatkontrolle“ diskutiert.

In einem aktuellen Bericht widmet sich der UN-Menschenrechtskommissar generell der Frage des „Rechts auf Privatsphäre im digitalen Zeitalter“, einen zentralen Teil nehmen dabei aber die Ideen zu diesen offiziell „Client Side Scanning“ genannten Konzepten ein. Das Verdikt fällt dabei geradezu vernichtend aus, wie netzpolitik.org berichtet. „Client Side Scanning“ stelle geradezu einen „Paradigmenwechsel“ in Hinblick auf die Privatsphäre, aber auch andere Grundrechte dar – würde es doch im Gegensatz zu anderen Maßnahmen wirklich alle Menschen betreffen.

Fehlalarme und Selbstzensur

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Digitale Überwachung (1): EuGH hält auch deutsche Version der Vorratsdatenspeicherung nicht mit Unionsrecht vereinbar

Der EuGH hat bereits wiederholt entschieden, dass die generelle Vorratsdatenspeicherung auf nationaler Ebene mit der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation nicht vereinbar ist. Jetzt hat es auch die deutsche Regelung getroffen (EuGH vom 20.09.2022, Rs. C-793/19, C-794/19 u.a.).

Der Gerichtshof bestätigt, dass das Unionsrecht einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten entgegensteht, es sei denn, es liegt eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit vor. Damit bestätigt der EuGH seine bisherige Rechtsprechung, die auf eine lange Reihe von Urteilen zu den Regelungen anderer EU-Staaten zurückblicken kann.

Der EuGH beanstandet an den einschlägigen deutschen Regelungen im Telekommunikationsgesetz (TKG), dass Verkehrs- und Standortdaten, die zehn bzw. vier Wochen lang gespeichert werden, sehr genaue Rückschlüsse auf das Privatleben – etwa auf Gewohnheiten des täglichen Lebens, Aufenthaltsorte, ausgeübte Tätigkeiten und soziale Beziehungen – zulassen und es insbesondere möglich wird, ein Profil dieser Personen zu erstellen.

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Ungarn: “Zerfall der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte”

Das Parlament verurteilt die „vorsätzlichen und systematischen Bestrebungen der ungarischen Regierung“, die europäischen Werte zu untergraben, und fordert Ergebnisse im Artikel-7-Verfahren.

Das Fehlen entschlossener Maßnahmen der EU habe „zu einem Zerfall der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn beigetragen“ sowie zur Entstehung eines „hybriden Systems der Wahlautokratie“, d.h. eines Verfassungssystems, in dem zwar Wahlen stattfinden, aber demokratische Normen und Standards nicht eingehalten werden, so die Abgeordneten.

Der Bericht, der am Donnerstag mit 433 Ja-Stimmen, 123 Nein-Stimmen und 28 Enthaltungen angenommen wurde, baut auf der Entschließung auf, mit der das Parlament 2018 das Verfahren nach Artikel 7 eingeleitet hat, um einen Überblick über die Entwicklungen in den vom Parlament identifizierten 12 Problembereichen zu vermitteln. So wird aufgezeigt, wie sich die in Artikel 2 der EU-Verträge verankerten Werte, einschließlich der Demokratie und der Grundrechte im Land, seit 2018 weiter verschlechtert haben, und zwar durch die „vorsätzlichen und systematischen Bestrebungen der ungarischen Regierung“, verschärft durch die Untätigkeit der EU.

EU-Institutionen müssen handeln und auch zur Rechenschaft gezogen werden

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Europäische Richter klagen Europäischen Rat wegen Polen

Normalerweise werden Klagen an Richter herangetragen, diesmal ist es umgekehrt: In einer beispiellosen Aktion wenden sich Richterinnen und Richter aus ganz Europa an ein Gericht, und zwar kein geringeres als den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg. Vier europäische Richterorganisationen haben sich zusammengefunden, um dort den Europäischen Rat zu klagen.

Hintergrund der Klage der Vereinigung Europäischer Verwaltungsrichter (AEAJ), der Europäischen Richtervereinigung (EAJ), der Rechters voor Rechters (Richter für Richter) und der Magistrats Européens pour la Democratie et les Libertés (MEDEL) ist die unzureichende Unabhängigkeit der Justiz in Polen. Darauf hat auch bereits der EuGH in mehreren Urteilen hingewiesen. Als Abhilfe wollte die EU die Auszahlung von Mitteln aus der Aufbau- und Resilienzfazilität unter anderem an die Bedingung binden, dass der Zugriff der Politik auf die Gerichte in Polen zurückgenommen wird. Genau das hat nämlich der EuGH verlangt.

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Rezension: „Die Praxis der justiziellen Interaktion im Bereich der Grundrechte – Der Mehrwert der Charta der Grundrechte der EU“

Eine in englischer Sprache erschienene Publikation (Originaltitel: „The Practice of Judicial Interaction in the Field of Fundamental Rights – The Added Value of the Charter of Fundamental Rights of the EU“) beschäftigt sich umfassend mit dem Anwendungsbereich der Grundrechte-Charta und dem Ausmaß, in dem sie für die nationale Rechtsprechung verbindlich ist. Zu diesem Zweck wird in erster Linie der Rechtsprechung des EuGH Rechnung getragen, aber auch der nationalen Rechtsprechung wird große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Publikation ist Ergebnis des EU-Projektes (ACTIONES).

Univ. Prof. Peter Hilpold (Universität Innsbruck) gibt in einer im Verlag Österreich erschienen Rezession einen umfassenden Überblick über die 34 Beiträge von Richter*innen und Rechtswissenschaftler*innen aus ganz Europa. Auch Österreich ist durch Beiträge von Markus Thoma (Verwaltungsgerichtshof) und Edith Zeller (Verwaltungsgericht Wien) vertreten. Ihrem Beitrag, welcher Aspekte des österreichischen Justizsystem mit dem ungarischen Justizsystem vergleicht und  in welchem das Auswahl- und Ernennungsverfahren für die Präsident*innen der Verwaltungsgerichte als intransparent und politisch beeinflussbar kritisiert wird, schenkt Prof. Hilpold besondere Aufmerksamkeit.

Hilpold verweist auch auf die Notwendigkeit auf Tendenzen, die die Rechtsstaatlichkeit in einigen „neuen“ EU-Mitgliedstaaten auf sehr ernste Weise zu untergraben scheinen, entschieden zu reagieren. Aber für die übrigen EU-Mitgliedstaaten gebe es keinen Grund, sich zurückzulehnen oder andere Länder übermäßig zu belehren.

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