Im Europäischen Parlament wurde gestern, 27.02.2024, in der Vollversammlung die Richtlinie zum Schutz vor strategischen Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPPs) beschlossen. Damit sollen (kritische) Journalisten, Aktivisten und Wissenschaftler sowie ihre Organisationen vor missbräuchlichen Klagen geschützt werden, die darauf abzielen, sie zum Schweigen zu bringen.
Sie enthält folgende Eckpunkte:
- EU-Schutz vor missbräuchlichen grenzüberschreitenden SLAPP-Klagen
- unbegründete Fälle können vorzeitig abgewiesen und Opfer finanziell geschützt werden
- Einschränkung der Wahl des Gerichtsstands und Verbesserung des Zugangs zu Informationen für Opfer
Das Europäische Parlament billigte mit 546 Stimmen bei 47 Gegenstimmen und 31 Enthaltungen ein neue Richtlinie, welche mit dem Rat am 30. November 2023 vereinbart wurde. Diese soll sicherstellen, dass Einzelpersonen und Organisationen, die in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse – wie Grundrechten, Korruptionsvorwürfen, dem Schutz der Demokratie oder der Bekämpfung der Desinformation – tätig sind, EU-Schutz vor unbegründeten und missbräuchlichen Klagen erhalten. Der Schutz gilt für alle länderüberschreitenden Fälle, es sei denn, sowohl der Beklagte als auch der Antragsteller stammen aus demselben EU-Land wie das Gericht oder der Fall ist nur für einen Mitgliedstaat relevant.
Abschreckende finanzielle Folgen für SLAPP-Kläger
Es wird ein zweifacher Schutz der Opfer eingeführt: Frühzeitige Abweisung der Klage, wenn der Fall unbegründet ist, und die Möglichkeit, den SLAPP-Kläger zur Zahlung der Verfahrenskosten, einschließlich der rechtlichen Vertretung des Beklagten, und Schadenersatz zu verpflichten. Beantragt das Opfer eine frühzeitige Abweisung, so ist es Sache des SLAPP-Klägers nachzuweisen, dass es Gründe für die Fortsetzung des Verfahrens gibt. Das Gericht kann auch andere Strafen gegen Kläger verhängen, die oft Politiker, Konzerne oder Lobbygruppen sind, wie z. B. die Anordnung, eine Entschädigung für den entstandenen Schaden zu zahlen.
Rechtsbehelfe für Nicht-EU-Fälle und Zugang zu Informationen
Um zu vermeiden, dass SLAPP-Kläger die Zuständigkeit des Staates wählt, in dem seine Erfolgschancen am höchsten sind (sog. Forum Shoppen), stellen die neuen Vorschriften sicher, dass Urteile aus Drittländern in unbegründeten oder missbräuchlichen Verfahren gegen Einzelpersonen oder Institutionen aus der EU nicht anerkannt werden.
Die Mitgliedstaaten der EU werden auch sicherstellen, dass potenzielle Opfer missbräuchlicher Klagen an einem einzigen Ort Zugang zu Informationen über Verfahrensgarantien und Rechtsbehelfe erhalten, einschließlich Prozesskostenhilfe und finanzieller und psychologischer Unterstützung. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Prozesskostenhilfe in grenzüberschreitenden Zivilverfahren geleistet wird. Sie sollten auch alle rechtskräftigen Urteile in SLAPP-Fällen (strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung) veröffentlichen und ausführliche Daten über sie sammeln.
Die Richtlinie wird am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften in ihren nationalen Systeme umzusetzen.