RZ Editorial 11/18: Ein Blick über die Grenzen

Was haben die Türkei, Polen, Ungarn, Aserbaidschan, Montenegro und Puerto Rico gemeinsam?

Auf den ersten Blick wenig, auf den zweiten Blick leider mehr, als uns recht sein kann. Anlässlich der 61. Tagung der Internationalen Vereinigung der Richter (IAJ) in Marrakesch wurde über Probleme, Eingriffe und Gefahren für die Unabhängigkeit der Justiz in diesen Ländern diskutiert; und Diskussionsstoff gab es reichlich.

von Yvonne Summer

Ein funktionierender Rechtsstaat ist vielen selbstverständlich.

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Umweltrecht: Neuer „Mechanismus“ statt „automatischer“ Genehmigung von UVP-Verfahren

Die Regierung lässt den kritisierten Automatismus bei Umweltverträglichkeitsprüfungen fallen, hält aber an der Beschleunigung von erstinstanzlichen Verfahren auf maximal eineinhalb Jahre fest. Ein „anderer Mechanismus“ soll nun die Verfahren beschleunigen. Wie genau das passieren soll, ist aber weiter unklar.

Dass die Regierung den geplanten Automatismus ändert, ist offenbar eine Konsequenz aus der seit Wochen anhaltenden Kritik. So äußerte sich Brigitte Bierlein, Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, sehr skeptisch zum Standortentwicklungsgesetzes. Eine Beschleunigung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sei zwar ein legitimes Ziel, aber das müsse innerhalb des rechtlichen Rahmens geschehen, sagte die Höchstrichterin im August. Die Abwicklung nur in erster Instanz oder nach Ablauf einer Frist „ist zumindest sehr problematisch“.

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer meinte: „Dieses Gesetz ist derart rechtsfern formuliert, dass man es eigentlich neu schreiben müsste. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man mit diesem Entwurf ein sinnvolles Gesetz zusammenbringt.“ Ähnlich klang die Kritik vom Rechtsexperten Theo Öhlinger: „Sicher verstößt es gegen das Rechtsstaatsprinzip. Das Rechtsstaatsprinzip, das ein faires Verfahren für alle Parteien garantiert, wird hier ganz eindeutig verletzt.“

Neuer Mechanismus, aber keine Details

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Teilautonomes Fahren ab 2019 auch in Österreich

foto: reuters/nir elias

Ab 1. Jänner 2019 soll es Autofahrern in Österreich erlaubt sein, Einparkhilfen zu verwenden, für die der Lenker nicht im Fahrzeug sitzen muss.

Nach den Plänen des Verkehrsministeriums wird außerdem die Nutzung von Autobahnpiloten mit automatischer Spurhaltung genehmigt. Das geht aus der Novelle zu einer Verordnung zum automatisierten Fahren hervor, die Anfang November in Begutachtung geschickt wurde (Ende der Begutachtungsfrist: 6. Dezember).

Die Einparkhilfe muss in der Lage sein, alle übertragenen Fahraufgaben beim Ein- und Ausparken automatisch zu bewältigen, wird im geplanten Gesetzestext betont. „Solange das System aktiviert ist, ist der Lenker von den Verpflichtungen, den Lenkerplatz einzunehmen und die Lenkvorrichtung während des Fahrens mit mindestens einer Hand festzuhalten, enthoben.“ Der Lenker muss sich aber „in Sichtweite zum Fahrzeug befinden“ und im Notfall eingreifen können. Erlaubt ist diese Art der Einparkhilfe nur für Pkws (Klasse M1).

Notfallvorrichtung verpflichtend

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„Dieselgate“ oder die Erosion in das Vertrauen staatlicher Einrichtungen

Die Zivilgerichte tun sich mit der Bewertung der Abgasmanipulationen im VW-Dieselskandal erkennbar schwer, das zeigen die sehr unterschiedlichen Urteile in den zahlreichen Schadensersatzverfahren in Österreich und in Deutschland.

Zuletzt hat aber das OLG Wien laut „Standard“ einer Klägerin Recht gegeben, mit der Begründung, dass das betroffene Fahrzeug ohne „Schummelsoftware“ die gesetzliche Abgasnorm offenkundig nicht erfüllt und daher auch keine Zulassung erhalten hätte. Um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, bedarf es (…) keiner technischen Kompetenz, sondern bloß der allgemeinen Lebenserfahrung“, wird aus dem Urteil zitiert (3 R 38/18g).

Genehmigung und Zulassung ist zu untersagen

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Digitalisierung – unterschätzte Gefahr für richterliche Unabhängigkeit

Nicht nur die beim Europarat angesiedelte „Europäische Kommission für die Effizienz der Justiz“ hat die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Justiz auf die Tagesordnung gesetzt auch das justizielle Trainingsnetzwerk der EU (EJTN) beschäftigt dieses Thema immer häufiger. Auf einer Veranstaltung in Zypern wurden unter dem Titel Conference on „Training to Leadership“ die Herausforderungen für Justizsysteme und ihre Entscheidungsträger sehr detailliert erörtert.

Technologie wirkt wie Gesetze

Prof. Antonio Cordella (London School of Economics and Political Science – LSE) schilderte die Ergebnisse seiner Untersuchungen über den Einfluss der Digitalisierung auf die Justizsysteme. Er stellte fest, Ziel der eingesetzten Technologie sei es immer, die Komplexität von Arbeitsabläufen zu vereinfachen. Entgegen der Auffassung vieler Richter sei Technologie aber nie neutral. Indem sie Ergebnisse strukturiere, beeinflusse sie Verfahren in derselben Weise wie Gesetze. Der Aspekt der Unabhängigkeit der Rechtsprechung oder Probleme für den Zugang zum Recht würden dabei regelmäßig vernachlässigt.

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Studie der Rechtsanwälte – Warnung vor gefährdeten Grundrechten

Unter dem Titel „Fieberkurve des Rechtsstaates“ hat der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) Anfang der Woche eine neue Untersuchung der Rechtsstaatlichkeit in Österreich vorgelegt. Diese gibt Anlass zur Sorge, so der ÖRAK-Präsident Rupert Wolff: „Die Gefährdung der Grund- und Freiheitsrechte liegt in der Luft.“

In Kooperation mit dem Forschungsinstitut für Rechtsentwicklung der Universität Wien und der Unternehmensberatung Obergantschnig Management Partners wurde vom ÖRAK die 170 Seiten umfassende Studie erstellt. Dieser wurden renommierte Quellen wie Transparency International, Eurostat und das World Justice Project sowie die Angaben von mehr als 400 eigens dafür befragten heimischen Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen zugrunde gelegt.

Laut der Studie geht fast die Hälfte der Anwälte davon aus, dass der gegenwärtige Umgang mit den Grund- und Freiheitsrechen sich in den kommenden zehn Jahren weiter verschlechtern wird. „Wir brauchen in Österreich mehr Respekt vor den Grund- und Freiheitsrechten und eine Rücknahme von Grundrechtseingriffen, insbesondere von Überwachungsmaßnahmen“, so Wolff.

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Sozialdumping: EuGH kippt österreichische Regelung

Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat eine österreichische Regelung gegen Sozialdumping gekippt.

Eine in Österreich vom Auftraggeber zu zahlende Sicherheit für ausländische Dienstleister verstößt nach einem heute veröffentlichten Urteil (C-33/17) des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen EU-Recht.

Im konkreten Rechtsstreit hat das slowenische Unternehmen Cepelnik Bauarbeiten an einem Einfamilienhaus in Kärnten erbracht. Wert: 12.200 Euro. Die Firma verlangte vom österreichischen Auftraggeber noch den ausstehenden Restwerklohn in Höhe von 5.200 Euro.
Der Auftraggeber machte geltend, den ausstehenden Lohn bereits bezahlt zu haben. Er habe besagte 5.200 Euro mit schuldbefreiender Wirkung als Sicherheitsleistung an die österreichischen Behörden abführen müssen.

Summe als Sicherheit hinterlegt

Der Grund: Dem slowenischen Bauunternehmen könnte in Österreich eine Geldstrafe wegen mutmaßlicher Nichtanmeldung entsandter Arbeitnehmer und fehlender Bereithaltung der Lohnunterlagen in deutscher Sprache drohen. Eine Untersuchung gegen die Firma läuft.

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Judikatur VwGH / Umweltrecht: Beschwerderecht für Bürgerinitiativen auch bei einfachen UVP-Verfahren

Bürgerinitiativen haben künftig auch in vereinfachten UVP-Verfahren Parteistellung und Beschwerdebefugnis; entgegenstehende innerstaatliche Normen haben aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts unangewendet zu bleiben. Das hat der Verwaltungsgerichtshof in einem aktuellen Erkenntnis entschieden (VwGH vom 27. 9. 2018, Ro 2015/06/0008).

Die Frage der Parteistellung von Bürgerinitiativen war seit der Differenzierung zwischen normalem und vereinfachtem UVP-Verfahren im Jahr 2000 strittig. Gegen die volle Parteistellung wurde unter anderem eingewandt, dass die Aarhus-Konvention Bürgerinitiativen nicht kennt und sich insofern an der Unterscheidung nicht stören kann.

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Judikatur VwGH / Nichterstattung der ZKO 3 Meldungen und Nichtübermittlung der Abschriften derselben

Der VwGH hat sich in seinem Erkenntnis vom 20.09.2018 mit der Frage auseinandergesetzt, ob es zulässig ist, den Arbeitgeber bei einer Entsendung im Sinne des § 7b AVRAG einerseits dafür zu bestrafen, dass er die ZKO 3 Meldungen nicht erstattet, und andererseits zusätzlich diese Abschriften trotz Aufforderung nicht an die Abgabenbehörde übermittelt hat.

Die Verpflichtung zur Übermittlung der verlangten Unterlagen reicht grundsätzlich so weit, als diese existieren oder ihre Beschaffung zumutbar ist (vgl. zur erforderlichen Verhältnismäßigkeit der Kontrollmaßnahmen auch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2014/67/EU – „IMI-Verordnung“).

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Zugang zu Informationen: Wieviel dürfen Bürger über Großprojekte erfahren?

Im Rahmen des Neubaus des Bahnhofes Hamburg-Altona hatte die Stadt Hamburg ein Grundstück an einen Investor verkauft. Den Kaufvertrag hatte die Stadt zwar auf ihrem Transparenzportal veröffentlicht, jedoch nur in einer stark geschwärzten Version.

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hatte dieses Vorgehen scharf kritisiert. Für die Geheimhaltung gebe es „keinerlei gesetzliche Grundlage“. Im Zusammenhang mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit verwies er auch auf die negativen Erfahrungen mit der Elbphilharmonie, die deutlich teurer und deutlich später fertig wurde als geplant.

Kaufpreis bleibt geheim

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