Umweltrecht: Neuer „Mechanismus“ statt „automatischer“ Genehmigung von UVP-Verfahren

Die Regierung lässt den kritisierten Automatismus bei Umweltverträglichkeitsprüfungen fallen, hält aber an der Beschleunigung von erstinstanzlichen Verfahren auf maximal eineinhalb Jahre fest. Ein „anderer Mechanismus“ soll nun die Verfahren beschleunigen. Wie genau das passieren soll, ist aber weiter unklar.

Dass die Regierung den geplanten Automatismus ändert, ist offenbar eine Konsequenz aus der seit Wochen anhaltenden Kritik. So äußerte sich Brigitte Bierlein, Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, sehr skeptisch zum Standortentwicklungsgesetzes. Eine Beschleunigung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sei zwar ein legitimes Ziel, aber das müsse innerhalb des rechtlichen Rahmens geschehen, sagte die Höchstrichterin im August. Die Abwicklung nur in erster Instanz oder nach Ablauf einer Frist „ist zumindest sehr problematisch“.

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer meinte: „Dieses Gesetz ist derart rechtsfern formuliert, dass man es eigentlich neu schreiben müsste. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man mit diesem Entwurf ein sinnvolles Gesetz zusammenbringt.“ Ähnlich klang die Kritik vom Rechtsexperten Theo Öhlinger: „Sicher verstößt es gegen das Rechtsstaatsprinzip. Das Rechtsstaatsprinzip, das ein faires Verfahren für alle Parteien garantiert, wird hier ganz eindeutig verletzt.“

Neuer Mechanismus, aber keine Details


Am Montag dann die Kehrtwende durch die Regierung. Statt per Automatismus will man nun mit einem anderen Mechanismus die UVP beschleunigen. „Den Automatismus gibt es nicht mehr, dafür gibt es einen anderen Mechanismus, der die 18 Monate (Verfahrensdauer in erster Instanz, Anm.) sicherstellt“, so die Wirtschaftsministerin. „Wir haben jetzt den Mechanismus etwas umgebaut, er wird aber zum selben Ergebnis kommen, dass die Verfahren beschleunigt werden“.

Das Gesetz soll mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten.

Bundeskanzler Kurz, der auch an der Pressekonferenz teilnahm, verteidigte das Vorgehen beim Standortentwicklungsgesetz. „Gerade wenn man Gesetze auf den Weg bringt, wo man weiß, dass es viele gibt, die einen zurückziehen wollen, muss man manchmal strategisch vorgehen und sich sehr weit nach vorne lehnen, wenn man einen Schritt nach vorne zustande bringen möchte“, so Kurz. Der Kanzler möchte aber weiter, dass die „Entscheidungsfindung schneller“ wird. „Wir wissen, dass Projekte wie die dritte Piste viel zu lange auf sich warten lassen“, sagte Kurz.

„Bisherige Maßnahmen unausgegoren“

Aber auch die Änderung stößt wieder auf Kritik. Der WWF ortete in einer Aussendung den nächsten Angriff auf das Umweltrecht. „Das Ziel ist klar: Umweltprüfungen sollen schrittweise ausgehöhlt werden, um kritische Großprojekte durchzupeitschen. Dadurch wird es in Zukunft noch schwieriger werden, konkrete Verbesserungen für Umwelt und Bevölkerung zu erreichen“, erläuterte Hanna Simons vom WWF Österreich. „Die bisherigen Maßnahmen sind entweder unausgegoren oder rechtswidrig und schaffen somit auch keine Rechtssicherheit.“

„Wir begrüßen, dass der offenkundig europarechts- und verfassungsrechtswidrige Automatismus gestrichen werden soll, der Großprojekte in Österreich an jeder Umweltprüfung vorbei per Gesetz automatisch genehmigen sollte“, sagte Leonore Gewessler, Geschäftsführerin von Global 2000. Dass nun UVP-Verfahren, die zu lange dauern, zur nächsten Instanz wandern sollen, bringe jedoch keine Beschleunigung. „Geht ein Verfahren unabgeschlossen an die zweite Instanz beginnt auch diese wieder bei null mit der Prüfung.“

In der Diskussion über das Standortentwicklungsgesetz bekennt sich die Arbeiterkammer (AK) dazu, dass schnellere Genehmigungsverfahren für Großprojekte wichtig seien. „Aber die Zivilgesellschaft muss sinnvoll einbezogen werden“, sagte AK-Direktor Christoph Klein am Montag in einer Aussendung. Die AK empfiehlt, den Dialog „mit allen gesellschaftlichen Gruppen und den Sozialpartnern zu suchen“.


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