„Dieselgate“ oder die Erosion in das Vertrauen staatlicher Einrichtungen

Die Zivilgerichte tun sich mit der Bewertung der Abgasmanipulationen im VW-Dieselskandal erkennbar schwer, das zeigen die sehr unterschiedlichen Urteile in den zahlreichen Schadensersatzverfahren in Österreich und in Deutschland.

Zuletzt hat aber das OLG Wien laut „Standard“ einer Klägerin Recht gegeben, mit der Begründung, dass das betroffene Fahrzeug ohne „Schummelsoftware“ die gesetzliche Abgasnorm offenkundig nicht erfüllt und daher auch keine Zulassung erhalten hätte. Um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, bedarf es (…) keiner technischen Kompetenz, sondern bloß der allgemeinen Lebenserfahrung“, wird aus dem Urteil zitiert (3 R 38/18g).

Genehmigung und Zulassung ist zu untersagen

Eine Schlussfolgerung,  die seit dem Bekanntwerden der Manipulationen im Jahr 2015 aber von den zuständigen Behörden weder in Deutschland noch in Österreich geteilt wird. Dabei sieht in Österreich das KFG für Fälle, in denen  eine Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs oder eine Überschreitung der jeweils in Frage kommenden Abgasgrenzwerte eintreten kann, die ausdrückliche Verpflichtung des zuständigen Ministers vor, die weitere Eingabe von Genehmigungsdaten für diese Fahrzeuge in die Genehmigungsdatenbank zu untersagen, bestehende Daten zu löschen und die Zulassung solcher Fahrzeuge zu untersagen (§ 28b Abs. 4 KFG idgF). Mit anderen Worten: Die Fahrzeuge wären aus dem Verkehr zu ziehen, wie das täglich vielfach mit nicht verkehrstüchtigen Fahrzeugen passiert. (Siehe dazu auch: Aktion scharf gegen Motormanipulationen zulasten der Umwelt)

Auch in Deutschland ist die Rechtslage nicht viel anders: „Die Betriebserlaubnis […] erlischt, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die […] das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird“ (§ 19 Abs 2 dStVZO). Damit ist nicht einmal ein gesonderter Behördenakt erforderlich, das Erlöschen tritt von Gesetzes wegen ein.

Umstrittener Brief des Kraftfahrt-Bundesamts

Das sieht das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) offenkundig anders. Denn in einem Brief werden die betroffenen Fahrzeugbesitzer nicht – wie zu erwarten gewesen wäre – auf das Erlöschen der Betriebserlaubnis hingewiesen, sondern über sogenannte Umtauschaktionen von deutschen Autoherstellern und Preisnachlässe für den Kauf sauberer Wagen informiert.

Der Autofahrerclub ADAC bemängelte laut „Spiegel“, dies führe „bei vielen Empfängern zu erheblichen Irritationen“, da für weitere Fragen nur Kontaktdaten dreier deutscher Hersteller genannt würden. Viele Betroffene verstünden die Briefe des KBA als „einseitige Werbeaussage zugunsten der genannten Hersteller“ – einige sogar so, dass man drohende Fahrverbote nur durch Umtausch des Autos bei BMW, Mercedes oder VW vermeiden könne.

Nach Schilderungen von ADAC-Mitgliedern führe es zu einer „Erosion in das Vertrauen staatlicher Einrichtungen“, wenn sie als „Vorfeldeinrichtungen von Automobilherstellern auftreten“.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Hier den Beitrag auf spiegelonline lesen …

Siehe dazu auch: Oberverwaltungsgericht bestätigt Fahrverbote für Stuttgart …

Und: „Nur ein bisschen schmutzig?“

Der Beitrag widmet sich den zivilrechtlichen Ansprüchen der Fahrzeughalter im VW-Abgasskandal und geht insbesondere auf die Argumentation der beklagten Händler ein, wonach der durch die eingebaute Manipulationssoftware begründete Mangel nur geringfügig sei und „eine aufrechte Zulassung nach der Abgasnorm EU5“ bestehe.

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