Studie der Rechtsanwälte – Warnung vor gefährdeten Grundrechten

Unter dem Titel „Fieberkurve des Rechtsstaates“ hat der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) Anfang der Woche eine neue Untersuchung der Rechtsstaatlichkeit in Österreich vorgelegt. Diese gibt Anlass zur Sorge, so der ÖRAK-Präsident Rupert Wolff: „Die Gefährdung der Grund- und Freiheitsrechte liegt in der Luft.“

In Kooperation mit dem Forschungsinstitut für Rechtsentwicklung der Universität Wien und der Unternehmensberatung Obergantschnig Management Partners wurde vom ÖRAK die 170 Seiten umfassende Studie erstellt. Dieser wurden renommierte Quellen wie Transparency International, Eurostat und das World Justice Project sowie die Angaben von mehr als 400 eigens dafür befragten heimischen Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen zugrunde gelegt.

Laut der Studie geht fast die Hälfte der Anwälte davon aus, dass der gegenwärtige Umgang mit den Grund- und Freiheitsrechen sich in den kommenden zehn Jahren weiter verschlechtern wird. „Wir brauchen in Österreich mehr Respekt vor den Grund- und Freiheitsrechten und eine Rücknahme von Grundrechtseingriffen, insbesondere von Überwachungsmaßnahmen“, so Wolff.

Kein Grund für mehr Polizeibefugnisse

Auch ein sensiblerer Umgang mit der Pressefreiheit und der anwaltlichen Verschwiegenheit sei vonnöten. Dass die Frist zur Anmeldung für Versammlungen von 24 auf 48 Stunden ausgeweitet wurde, kritisierte Wolff ausdrücklich. In Bezug auf Ordnung und Sicherheit sieht Wolff keinen Grund, die Polizeibefugnisse und die Überwachungsmaßnahmen weiter auszubauen. Bei der Korruptionsbekämpfung befinde man sich „auf einem guten Weg“.

„Hohen Verbesserungsbedarf“ ortete er hinsichtlich der Rechtssicherheit juristischer Personen, was für den Wirtschaftsstandort Österreich von Bedeutung ist. Er verlangte einfachere und rechtssichere Unternehmensgründungen unter verstärkter Einbindung der Anwaltschaft und eine Senkung der Gerichtsgebühren – vor allem bei hohen Streitwerten.

Staatsanwaltschaften sind massiv überlastet“

Die Strafgerichtsbarkeit wurde schon 2016 trist bewertet. Daran hat sich nicht viel geändert, wobei über 90 Prozent der Anwälte davon ausgehen, dass es dabei in den kommenden Jahren bleiben oder sich die Situation sogar weiter verschlechtern wird. „Die Staatsanwaltschaften sind massiv überlastet“, sagte Woff. Dessen ungeachtet gebe es bei den Anklagebehörden hohe Erledigungsquoten: „Das legt den Schluss nahe, dass zu rasch, zu schnell, vielleicht zu oberflächlich gearbeitet wird.“

Wolff verlangte eine bessere Ausstattung der Behörden und – einmal mehr – eine Reform des Haupt- und Rechtsmittelverfahrens. Es müsse möglich sein, ein im Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenes Gutachten von einem zweiten Sachverständigen überprüfen zu lassen. Im Rechtsmittelverfahren wollen die Anwälte wiederum die gerichtliche Überprüfung von erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen zulassen.

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