Europarat: Organisations- und Dienstrecht des Verwaltungsgerichts Wien widersprechen in wesentlichen Bereichen europäischen Standards 

Der beim Europarat angesiedelte „Consultative Council of European Judges“ (CCJE) hat eine umfangreiche Stellungnahme zur rechtlichen Position des Präsidenten/der Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Wien abgegeben.

Dies auf Anfrage der Europäischen Vereinigung der Veraltungsrichter (AEAJ). Die Vereinigung hegte Zweifel, ob die Wiener Rechtsvorschriften über die Rolle, Stellung, Organisation und Befugnisse des Gerichtspräsidenten den europäischen Standards für den Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und dem Schutz der Richter vor ungebührlichem Druck entsprechen.

Diese Stellungnahme ist bereits auf der Webseite des Europarates abrufbar.

Weitreichende und detaillierte Prüfung

Die Prüfung durch das Präsidium des CCJE erfolgte auf Grundlage dieser Anfrage im Lichte der europäischen Normen, einschließlich der Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates, des CCJE und der Venedig-Kommission. Der  Expertenrat  beschäftigte sich in seinem Gutachten u.a. mit dem Bestellungsverfahren für den Gerichtspräsidenten,  mit der erforderlichen Berufserfahrung der Bewerber für dieses Amt, mit den Befugnissen und Zuständigkeiten des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien, der Bewertung seiner Arbeit und den Beziehungen zwischen dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien und der Wiener Landesregierung.

Keine politische Ernennung von Gerichtspräsidenten

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VwGH Judikatur / Gewerberecht: Für Vermietung von Wohnungen über Buchungsplattformen kann Gewerbeberichtigung erforderlich sein

Das Verwaltungsgericht Wien hatte ein Straferkenntnis bestätigt, mit welchen der Beschwerdeführer bestraft worden war, weil dieser in Wien ein Ferienapartment über Buchungsplattformen  zur Vermietung angeboten hatte, ohne über die erforderliche Gewerbeberechtigung zu verfügen.

Im Angebot werde das Viertel, in dem die Wohnung liege, als tolle Wahl für Reisende, die sich für einen guten öffentlichen Nahverkehr, Sehenswürdigkeiten, Sightseeing und Kultur interessieren würden, beschrieben. Das Angebot habe die Bereitstellung von Bettwäsche und Handtüchern, einen kostenfreien W-LAN Zugang, die Nutzung eines Flachbildfernsehers sowie die Endreinigung, nicht jedoch den Wechsel von Bettwäsche und Handtüchern während der Inanspruchnahme der Wohnung, die Reinigung der Privatwäsche der Gäste sowie die Bereitstellung von Speisen oder Getränken umfasst.

Die Wohnung sei zumeist für ein bis zwei Nächte, in einem Ausnahmefall für eine Woche gebucht worden. Aufgrund der Möglichkeit einer Buchung der Wohnung über die genannten Internetseiten liege eine unzulässige Gewerbeausübung vor.

Einzelfallprüfung erforderlich

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25. M A I F O R U M: „Verwaltungsrichter/in in Europa“

25. M A I F O R U M

„Verwaltungsrichter/in in Europa“

Auswahl –  Ausbildung – Karriere

Ein europäischer Vergleich

 

Freitag, 10. Mai 2019

Bundesfinanzgericht (Wien)

 

 

Zum Tagungsthema:

 

Die Einrichtung der Verwaltungsgerichte machte eine Neubewertung des Richterbildes und der Richterausbildung in Österreich erforderlich. Dies vor dem Hintergrund, dass Verwaltungsgerichte, anders als Straf- und Zivilgerichte, in einem besonderen Spannungsfeld agieren: Jene staatlichen Behörden, deren Entscheidungen die Verwaltungsgerichte kontrollieren, haben umgekehrt wesentlichen Einfluss auf die Auswahl und die Ausbildung der Richterschaft. Diese Konstellation führte in der öffentlichen Debatte mitunter zu Zweifeln an der Unabhängigkeit der an den Verwaltungsgerichten tätigen Richterinnen und Richtern.

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RZ-Editorial 3/19: Fünf Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Instanz

Wir stehen erst im ersten Quartal des Jahres 2019 und schon gehen in Österreichs Justiz die Wogen hoch. Noch ist die Diskussion um den „Sager“ des Herrn Innenministers zum Verhältnis von Politik und Recht, der sogar für eine Sondersitzung des Nationalrates erforderte, nicht verklungen, schon sorgt das Gerichtsurteil nach einer tödlichen Kuhattacke für helle Aufregung.

von Elisabeth Brunner

Das „Ende der Almwirtschaft“ wird heraufbeschworen, Politiker und andere Experten stellen sich eindeutig auf die „Seite der Bauern“. Ähnlich emotional wurde vor zwei Jahren das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur „Dritten Piste“ für den Flughafen Schwechat[1] diskutiert, wo „unwiederbringlicher Schaden“ für den Wirtschaftsstandort Österreich vorausgesagt wurde.

Während allerdings beim „Almurteil“ in erster Linie der Richter persönlich für das „Fehlurteil“ kritisiert wird, war das „Dritte Piste-Urteil“ gleich Anlass um das Verwaltungsgericht als „Schmalspurgericht“ und dessen Richter/innen als Richter/innen zweiter Klasse abzuqualifizieren.

Dazu passt dann, dass besonders die Verwaltungsgerichte auch wegen „nicht genehmer“ Besetzungsvorschläge der Personalsenate immer wieder im Blickpunkt einer kritischen Öffentlichkeit stehen. Von den Standesvertretungen wird seit langem eine Verbindlichkeit der Besetzungsvorschläge gefordert, was grundsätzlich auch zu befürworten ist. Die Standesvertretungen befassen sich seit geraumer Zeit in diesem Zusammenhang auch mit dem Thema „einheitliches Richterbild“ sowie Richteraus- und -fortbildung. Als Grundlage könnte man einerseits die Entschließung des Nationalrates[2] aber andererseits auch die intern und extern in verschiedener Intensität geführte Diskussion über Notwendigkeit und Inhalt eines „einheitlichen Richterbildes“ sehen. Auch der Bundesminister für Verfassung Reformen Deregulierung und Justiz hat in einem vor kurzem geführten Fernsehinterview die Implementierung eines Projektes angekündigt, das sich mit der Richterausbildung neu und so mit der Herbeiführung eines einheitlichen Richterbildes befassen soll.

Man gewinnt jedenfalls den Eindruck, dass erst mit der Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Instanz der Begriff des „einheitlichen Richterbildes“ Eingang in den alltäglichen juristischen Sprachgebrauch gefunden hat und dieser Begriff dermaßen wohlklingend und gleichzeitig nichtssagend ist, dass sich in der aktuellen Diskussion kaum ein Teilnehmer der Verwendung dieses Kompetenz ausstrahlenden Begriffes entziehen kann bzw möchte. Darüber hinaus ist aus der laufend geführten Diskussion auch der Konsens abzuleiten, dass offenbar ein „einheitliches Richterbild“ als notwendig erachtet wird. Je mehr ich mich jedoch mit diesem Begriff beschäftige, umso weniger wird mir dessen Bedeutung, Inhalt oder Nutzen klar.

Richterbild als Bild der Öffentlichkeit

 

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Sicherungshaft: Dachverband der Verwaltungsrichter weist Kritik am Bundesverwaltungsgericht zurück

Die Diskussion rund um die höchst umstrittene Einführung einer sogenannten „Sicherungshaft“ hat jetzt auch die Verwaltungsgerichte erreicht: Die Kritik  an diesem Vorhaben nützte Peter Pilz (Liste Jetzt) laut einem Bericht im „Standard“ dazu, das Bundesverwaltungsgericht, welches die Haftprüfung durchzuführen hätte, als „regierungsabhängiges Organ“ zu bezeichnen.

Die Richter an diesem Gericht seien nämlich  nicht im gleichen Ausmaß weisungsfrei wie ordentliche Richter.

Kritik unsachlich

Der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) weist diese Aussage von Peter Pilz entschieden zurück.  Sollte sich die Politik zur Einführung der Sicherungshaft entschließen, könnten Verwaltungsrichter diese im selben Maße unabhängig überprüfen wie ordentliche Richter, sagte Sprecher Markus Thoma (Verwaltungsgerichtshof).

„Die öffentliche Debatte über die Sicherungshaft hat leider schon einen Kollateralschaden gefordert, nämlich die Verwaltungsgerichtsbarkeit“, meinte Thoma – und merkte zudem an, dass die Verwaltungsrichter die Sicherungshaft nicht gefordert hätten und auch keinen Eingriff in die Verfassung. Aber sollte die Politik sie mit der nötigen Mehrheit einführen, wäre eine unabhängige Kontrolle jedenfalls auch durch die Verwaltungsrichter gewährleistet.

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UVP-Verfahren Flughafen Wien:  VwGH gibt Klimaschützern teils recht – aber erlaubt dritte Piste

foto: apa/helmut fohringer

Die Auswirkungen der Flughafenerweiterung auf das Klima müssen berücksichtigt werden, sagt der Verwaltungsgerichtshof. Doch: Emissionen sind nicht dem Flughafen zurechenbar

Der seit Jahren tobende juristische Streit um den Bau einer dritten Start- und Landebahn am Wiener Flughafen hat in Österreich selbst ein Ende gefunden. Am Montag hat auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) grünes Licht für das Projekt gegeben und damit die Beschwerden diverser Bürgerinitiativen und Anrainer abgewiesen. Der innerstaatliche Instanzenzug in der Causa ist damit ausgeschöpft.

Der VwGH widmet sich in seiner Entscheidung der grundlegenden Frage, welche Bedeutung der globale Klimaschutz bei der Beurteilung des Großprojektes haben darf. Dabei kommt er zur Ansicht, dass im vorliegenden Fall sehr wohl die gesamten Auswirkungen auf das Klima geprüft und abgewogen werden müssen. Damit widerspricht der Verwaltungsgerichtshof einer früheren Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH).

Aber zunächst zur Ausgangslage:

 

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Gewerberecht: Für Wohnungsvermietung über Airbnb ist Gewerbeberechtigung erforderlich

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat entschieden, dass für die Vermietung von Ferienwohnungen über die Buchungsplattform Airbnb eine Gewerbeberechtigung notwendig ist.

Der Vermieter hatte zuvor einen entsprechenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz angefochten, die aufgrund des Fehlens der Berechtigung eine Geldstrafe über ihn verhängt hatte. Das LVwG hat die Höhe der Geldstrafe zwar herabgesetzt, die Beschwerde im Übrigen jedoch abgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass für die kurzfristige Vermietung mehrerer Wohnungen zu touristischen Zwecken über Internetplattformen wie Airbnb eine Gewerbeberechtigung erforderlich sei.

Unterschied zu Privatzimmervermietern

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Asylrecht: Aberkennungsverfahren belasten Bundesverwaltungsgericht

© Bild: APA – Austria Presse Agentur

Die Zahl der durch das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl durchgeführten Asyl-Aberkennungsverfahren ist explodiert: Von 161 im Jahr 2015, auf 764 (2016) und 1.476 (2017) auf 5.438 im Vorjahr hinauf (Zahlen 2018 nur von Jänner bis November).

Das ergibt sich der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch das Innenministerium.

Die Zahl der tatsächlichen Aberkennungen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl  ist um einiges niedriger. Im Vorjahr (wieder nur bis Ende November) wurden hier 652 Fälle gezählt. In den Jahren davor waren es 325 (2017), 124 (2016) und 82 (2015).

Die Aufhebungsquote der Entscheidungen des Bundesamtes durch das Bundesverwaltungsgericht ist politisch umstritten. Die Opposition spricht von 42 Prozent, das Innenministerium geht dagegen von „nur“ 36 Prozent aus.

Volljährigkeit als Auslöser für Aberkennungsverfahren

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Eder / Martschin / Schmid: Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte

Praxiskommentar zum VwGVG und VwGG (aktualisierte 2., überarbeitete Auflage)

Mit 1.1.2014 haben die Landesverwaltungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht ihre Tätigkeit aufgenommen. Das Verfahrensrecht dieser Verwaltungsgerichte wird im VwGVG geregelt. Das Verfahrensrecht des Verwaltungsgerichtshofes ist weiterhin im VwGG normiert.

Diese Gesetze sind in ihrer novellierten Fassung (die Novellen 2017 und 2018 sind eingearbeitet und soweit praxisrelevant kommentiert) Gegenstand dieses Praxiskommentars. Zudem wird die Rechtsprechung zum VwGVG und VwGG umfänglich dargestellt.

 

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Umstrittene Justizreform in Ungarn: Österreich als Vorbild genannt

Mit Sorge verfolgt das EU-Parlament die von Ungarn beschlossene Einrichtung neuer Verwaltungsgerichte, da die Unabhängigkeit der neuen Gerichte durch die Möglichkeit politischer Einflussnahme nicht gewährleistet erscheint. Dort beruft man sich jedoch auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich und Bayern als Vorbilder.

Neue Verwaltungsgerichte ab 2020

In Ungarn wurde beginnend mit 1997 bis zum Jahr 2011 eine starke richterliche Selbstverwaltung entwickelt. Wesentliche Aufgaben der Justizverwaltung waren einem von der Vollversammlung der Richter gewählten Justizrat übertragen. Der Rechtsschutz gegenüber behördlichen Entscheidungen (Art 47 Grundrechtecharta) wurde von den Zivilgerichten übernommen. Dort wurden, ähnlich wie in Tschechien oder Rumänien, eigene Abteilungen für Verwaltungsrecht eingerichtet.

Durch eine Änderung des Grundgesetzes wurde im Juni 2018 ein neues System von spezialisierten Verwaltungsgerichten eingeführt. Ab Jänner 2020 werden damit ein neues Oberstes Verwaltungsgericht – mit Sitz in Esztergom und nicht in Budapest – und 8 Verwaltungsgerichte erster Instanz eingerichtet.

Die Kritik richtet sich vor allem gegen folgende Punkte der Reform:

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