UVP-Verfahren Flughafen Wien:  VwGH gibt Klimaschützern teils recht – aber erlaubt dritte Piste

foto: apa/helmut fohringer

Die Auswirkungen der Flughafenerweiterung auf das Klima müssen berücksichtigt werden, sagt der Verwaltungsgerichtshof. Doch: Emissionen sind nicht dem Flughafen zurechenbar

Der seit Jahren tobende juristische Streit um den Bau einer dritten Start- und Landebahn am Wiener Flughafen hat in Österreich selbst ein Ende gefunden. Am Montag hat auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) grünes Licht für das Projekt gegeben und damit die Beschwerden diverser Bürgerinitiativen und Anrainer abgewiesen. Der innerstaatliche Instanzenzug in der Causa ist damit ausgeschöpft.

Der VwGH widmet sich in seiner Entscheidung der grundlegenden Frage, welche Bedeutung der globale Klimaschutz bei der Beurteilung des Großprojektes haben darf. Dabei kommt er zur Ansicht, dass im vorliegenden Fall sehr wohl die gesamten Auswirkungen auf das Klima geprüft und abgewogen werden müssen. Damit widerspricht der Verwaltungsgerichtshof einer früheren Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH).

Aber zunächst zur Ausgangslage:

 

Im März 2007 beantragte die Flughafen Wien AG die Genehmigung für den Bau der dritten Piste.

Im Juli 2012 erteilte die niederösterreichische Landesregierung grünes Licht für das Projekt. Mit Erkenntnis vom 2. Februar 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Piste nicht gebaut werden darf.

Der Knackpunkt dieses spektakulären Urteils war, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Interessenabwägung vornahm. Einerseits sah es das Gericht als unbestreitbar an, dass ein wirtschaftliches Interesse am Bau der zusätzlichen Piste besteht. Demgegenüber aber bewertete es das öffentliche Interesse am Klimaschutz und an einer Reduktion der Treibhausgase als gewichtiger. Das Gericht versagte daher die Baubewilligung.

Rechtslage „grob verkannt“

Der Verfassungsgerichtshof hob im Juni 2017 diese Entscheidung auf. Er kritisierte die Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichts: Im Luftfahrtgesetz, auf dessen Grundlage die Baugenehmigung zu erteilen ist, sei nirgends verankert, dass der Klimaschutz ein gewichtiges öffentliches Interesse darstellt.

Die Mitverantwortung der Republik Österreich für den Klimawandel in die Beurteilung des Bauvorhabens einfließen zu lassen sei daher falsch. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Rechtslage „grob verkannt“. In der Folge erlaubte das Bundesverwaltungsgericht in einem neuen Verfahren im März 2018 den Bau der dritten Piste. Dagegen wurde Revision erhoben, die beim Verwaltungsgerichtshof landete.

Die Rolle des Klimawandels

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine eigene, etwas andere Sicht auf die Dinge. Zwar hält er im Gegensatz zum Verfassungsgerichtshof fest, dass der Klimaschutz sehr wohl in die Gesamtbewertung einfließen müsse und beruft sich dabei auf EU-rechtliche Vorgaben. Eine EU-Richtlinie schreibt für Umweltverträglichkeitsprüfungen fest, dass die Auswirkungen von Großprojekten auf das Klima „identifiziert, bewertet und beschrieben“ werden müssen.“

Die Auswirkungen des Projektes auf das Klima zählen daher nach unionsrechtlichen Vorgaben zu den relevanten Fragen (…) und zwar auch für das gegenständliche Verfahren“, so das oberste Verwaltungsgericht. Und: Es dürfen nicht nur mögliche Auswirkungen auf das Klima rund um den Flughafen analysiert werden, sondern sie seien global zu betrachten.

Wer ist der Verschmutzer?

Im zweiten Schritt schmettert der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerden allerdings nieder. Denn: Die Emissionen durch die dritte Piste werden im Wesentlichen nicht durch den Flughafen selbst, sondern durch den Flugverkehr verursacht. Die Emissionen des Flugverkehrs dürfen bei der Interessenabwägung, ob der Flughafen die Piste bauen darf, nicht einbezogen werden.

Diese Sicht sei auch im EU-Recht so verankert, so der Verwaltungsgerichtshof. Er beruft sich explizit auf das Emissionshandelssystem der EU: Das sind spezielle Regelungen darüber, dass Unternehmen für CO2-Emissionen Zertifikate kaufen müssen. Damit soll ein Anreiz dafür geschaffen werden, dass Unternehmen weniger klimaschädlich agieren.

Der Verwaltungsgerichtshof schreibt zwar, dass das EU-Emissionshandelssystem in der Praxis „Schwächen“ habe. Kritiker halten das System für nicht effektiv. Aber: Das Regelwerk schreibe auch klar fest, dass der CO2-Ausstoß des Luftverkehrs den Luftfahrtunternehmen und nicht dem Flughafen zugerechnet werden müsse.

Hier den Beitrag im „Standard“  lesen …

 

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