Vorabentscheidung: Ist das Verwaltungsstrafverfahren EU-konform?

logo_lvwgBei Einrichtung der Verwaltungsgerichte hat der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, für diese Gerichte ein eigenes Verfahrensrecht zu schaffen. Vielmehr wurde – mit wenigen Änderungen – das bisher für Behördenverfahren geltende Verfahrensrecht auch für das gerichtliche Verfahren als anwendbar erklärt.

In Verwaltungsstrafverfahren vor den Verwaltungsgerichten führt diese verfahrensrechtliche Konstellation dazu, dass dem Richter die unbeschränkte Pflicht zur Wahrheitserforschung aus eigener Initiative heraus auferlegt wird (Inquisitionsmaxime). Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet, in Verwaltungsstrafverfahren den Sachverhalt von amtswegen ohne Rücksicht auf Vorträge, Verhalten und Behauptungen der Parteien festzustellen, die entscheidungserheblichen Tatsachen zu erforschen und dabei alle sich bietenden Erkenntnisquellen sorgfältig auszuschöpfen. Selbst eine den Beschuldigten treffende Mitwirkungspflicht enthebt das Verwaltungsgericht – nach Auffassung des VwGH – nicht dieser aus dem Grundsatz der Amtswegigkeit erfließenden Pflicht (VwGH vom. 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121.).

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Gewerbeentzug: Wer entscheidet?

Wappen Wien richtigBeschwerden über die Entziehung von Gewerbeberechtigungen sind in Wien pauschal Rechtspflegern zugewiesen. Das ist laut VfGH verfassungswidrig.

Wien. Wer darf über die Entziehung von Gewerbeberechtigungen entscheiden? Müssen das Richter tun, oder können solche Beschwerdeverfahren pauschal Rechtspflegern überlassen werden? Damit befasste sich kürzlich der Verfassungsgerichtshof (VfGH). Und entschied, dass es verfassungswidrig ist, wenn diese Verfahren generell Rechtspflegern zugewiesen werden (G403/2015).

Anfechtung durch das Verwaltungsgericht

Konkret ging es um eine Bestimmung im Gesetz über das Verwaltungsgericht Wien, mit der eine ganze Reihe von Beschwerdeverfahren den „Landesrechtspflegerinnen und -rechtspflegern“ zur „eigenständigen Führung und Erledigung“ übertragen wird. Darunter eben auch Beschwerden über die Entziehung von Gewerbeberechtigungen.

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Winkelfehler bei Geschwindigkeitsmessungen mit Lasermessgeräten

270308_0_xio-fcmsimage-20100809162254-006009-4c600f3e5ac5b.313425702_1001In einem vom Verwaltungsgericht Wien jüngst zu beurteilenden Fall einer Geschwindigkeitsmessung (102 km/h im Ortsgebiet) mittels Laser (Messgerät der Bauart TruSpeed) stellte sich die Frage, ob und inwieweit eine Niveauunterschied zwischen dem Standort des Messgeräts und dem gemessenen Fahrzeug das Messergebnis beeinflussen kann, insbesondere ob eine Messung bergauf (eines auf abschüssiger Fahrbahn zum Messgerät herannahenden Fahrzeuges) zulässig ist.

von Gerald Fegerl

Beim Einsatz von Lasergeräten praktisch relevant und daher in den Verwendungsbestimmungen des Messgeräts eigens erwähnt ist die Möglichkeit einer Messung von einer Position deutlich über Fahrbahnniveau (wie von einer Brücke auf eine darunter hindurchführende Fahrbahn oder von einem neben der Straße befindlichen Damm bzw. einer Böschung). Diesbezüglich weisen die Verwendungsbestimmungen darauf hin, dass dies unter Beachtung der systematischen Winkelfehler ebenfalls zulässig sei. Damit solche systematischen Winkelfehler nicht zu groß werden, ist ganz allgemein die Position so zu wählen, dass bei der Messung die Strahlrichtung des Lasers mit der Bewegungsrichtung des gemessenen Fahrzeuges weitestgehend übereinstimmt. Bei einer Übereinstimmung der Laserstrahlrichtung mit der Bewegungsrichtung des gemessenen Fahrzeuges (Winkel 0°) ist das Messergebnis innerhalb der Eichfehlergrenzen richtig. Da dieser Winkel in der Praxis üblicherweise von 0° verschieden ist, entstehen dadurch sogenannte Winkelfehler.

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Land Oberösterreich will Mindestsicherung für Flüchtlinge kürzen

KURIERNach einem Bericht des „Kurier“ will die oberösterreichische Landesregierung am Donnerstag im Landtag eine Gesetzesänderung einbringen, auf deren Basis die Mindestsicherung halbiert werden soll.

Statt derzeit 914 Euro soll es für gewisse Gruppen künftig nur noch 440 Euro pro Monat geben (so viel wie Asylwerber in der Grundversorgung bekommen). Die Kürzungen sollen jene treffen, die nur einen befristeten Asylstatus oder subsidiären Schutz zugesprochen bekommen. In Salzburg gibt es für subsidiär Schutzberechtigte schon seit einigen Jahren keine Mindestsicherung, anerkannte Flüchtlinge erhalten sie aber.

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Menschenrechte auf dem Prüfstand

Schwerpunkt Migration
Schwerpunkt Migration

Mit dem geltenden Völker- und Europarecht lässt sich die aktuelle Flüchtlingskrise nicht bewältigen. Österreichs Obergrenze für Flüchtlinge könnte am Beginn eines Umbruchs im Menschenrechtsbereich stehen.

Zu diesem Ergebnis kommt Peter Hilpold, Professor für Völkerrecht an der Universität Innsbruck, in seinem Beitrag in der „Presse“.

Demgegenüber vertritt Menschenrechtsexperte Manfred Nowak in seinem Beitrag im „Standard“ die Meinung, dass die österreichische Politik mit ihrer Obergrenzen-Entscheidung Völker- und Europarecht missachtet. Er stellt fest, dass Artikel 18 der Europäischen Grundrechtecharta, die Teil des Lissabonner Vertrags ist und vom Verfassungsgerichtshof ebenso direkt angewendet wird wie österreichisches Verfassungsrecht, ein Grundrecht auf Asyl enthält und verweist bei seiner Ausgestaltung ausdrücklich auf die Genfer Flüchtlingskonvention 1951 und deren Zusatzprotokoll 1967.

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Vortrags- und Diskussionsveranstaltung: Der Europäische Richter

Wie sieht der Arbeitsalltag eines Richters am Gericht der Europäischen Union aus, was sind die Aufgaben des Gerichtes, wie die Arbeitsabläufe, wie die Besonderheiten beim Verfahren und den Verfahrenssprachen? Über diese und andere Fragestellungen wird auf Einladung des Instituts für Staatsorganisation und Verwaltungsreform (BKA) und des Dachverbandes der Verwaltungsrichter am 7. März 2016 in Wien …

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Glückspielgesetz: Verwaltungsgerichte setzen Verfahren aus

glücksspiel 345Gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG kann ein Verwaltungsgericht ein Verfahren über eine Beschwerde mit Beschluss aussetzen, wenn vom Verwaltungsgericht in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist, die bereits Gegenstand eines beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Revisionsverfahrens ist.

Über die Anzahl der Verfahren wegen Übertretungen des Glückspielgesetzes, welche bisher bei den Verwaltungsgerichten bzw. beim Verwaltungsgerichtshof anhängig wurden, sind keine Statistiken bekannt. Allein in Oberösterreich sollen es mehr als 1.100 Verfahren sein.

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Schluss mit dem Kumulieren!

StandardMehrfachbestrafungen für Betriebe sollen reduziert werden

Mehrfachbestrafungen im Verwaltungsstrafrecht soll es bald nicht mehr geben, wie der Wirtschaftskammerpräsident zusammen mit ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner am Montag verkündete. Künftig soll es bei geringem Verschulden oder keiner bewussten Schädigungsabsicht nur eine geringere Strafe geben.

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Sachverständige „beliebt wie Grippeviren“

presse-logoGerichtliche Gutachten sind manchmal widersprüchlich und dauern. Doch das könne seine guten Gründe haben, meinen Experten. Zudem stimme es nicht, dass Staatsanwälte das Ergebnis beeinflussen wollen.

Von Philipp Aichinger  (Die Presse)

Wien. Unterschiedlicher könnten die Meinungen nicht ausfallen: Ein Sachverständiger kam zum Schluss, dass der Grazer Amokfahrer, der im Juni 2015 drei Menschen tötete und 34 Personen verletzte, nicht zurechnungsfähig sei. Ein anderer zugezogener Experte aber meinte, dass der Mann sehr wohl zurechnungsfähig war. „Ein bisschen Zurechnungsfähigkeit gibt es aber nicht“, betonte beim letztwöchigen Rechtspanorama am Juridicum Michael Enzinger, Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien und Professor für Handelsrecht an der Universität Wien.

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VwGH Judikatur / Verfahrensrecht – „Mündliche“ Beschwerdeerhebung zulässig

fachgruppe verfahrensrechtNach der bis zur Einführung der Verwaltungsgerichte geltenden Rechtslage war es zulässig, Berufungen auch mündlich einzubringen, sofern darüber von der Behörde eine Niederschrift aufgenommen worden war (VwGH vom 5. Mai 2004, Zl 2001/20/0195).

Mit § 12 VwGVG wurde ausdrücklich angeordnet, dass bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht, die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen sind. Aus dieser Bestimmung wurde das „Schriftlichkeitserfordernis“ für die an ein Verwaltungsgericht erhobene Beschwerde abgeleitet. Unter Hinweis auf diese Regelung hatte im Anlassfall das Verwaltungsgericht eine Beschwerde, welche bei der Behörde niederschriftlich zu Protokoll gegeben worden war, als unzulässig zurückgewiesen.

In seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 2015, Zl. Ra 2015/02/0169, folgte der Verwaltungsgerichtshof dieser Rechtsansicht nicht.

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