Deutsches Bundesverfassungsgericht setzt Polizeibehörden Grenzen beim Einsatz Künstlicher Intelligenz

Die zur „vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“ erstellte Software des US-Unternehmens „Palantir“ darf von der Polizei in den deutschen Bundesländern Hessen und Hamburg nicht wie bisher geregelt eingesetzt werden. Die Regelungen beider Bundesländer zur automatisierten Datenanalyse sind verfassungswidrig, stellte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe in einer Entscheidung Mitte Februar klar (1 BvR 1547/19, 1 BvR 2634/20).

Schwerwiegender Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung Betroffener

Die Regelungen über eine automatisierte Datenanalyse („Data Mining“) ermöglichen den Polizeibehörden per Mausklick Informationen aus verschiedensten Quellen über beliebige Personen einsehen, zusammenzuführen und zu analysieren – Meldedaten, Daten von Gesundheits- und Sozialämtern, KfZ-Registerdaten sowie Informationen aus „Sozialen Netzwerken“. Die Analyse oder Auswertung soll Rückschlüsse darauf ziehen lassen, welches noch nicht begangenen Verbrechen die Betroffenen möglicherweise planen oder ins Auge fassen.

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Nationalrat beschließt Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000)

Die Novelle soll mehr Verfahrenseffizienz ermöglichen, insbesondere eine bessere Strukturierung der Verfahren. Zudem wird die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Bürgerinitiativen in Genehmigungsverfahren berücksichtigt.

Ebenso erfolgen Anpassungen bei der Verfahrensführung beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei Beschwerdevorbringen. Auch den Erfordernissen des Klimaschutzes sowie der Reduzierung des Bodenverbrauchs soll durch detaillierter formulierte Bestimmungen Rechnung getragen werden. Ziel der überarbeiteten Tatbestände ist, den Vollzug mit besseren Kriterien zu unterstützen, ob für ein Vorhaben ein UVP-Verfahren notwendig ist. So sollen neue Tatbestände etwa für große Parkplatzvorhaben, für großflächige Neuversiegelungen, für Bauvorhaben innerhalb von UNESCO-Welterbestätten oder für die Lagerung von Abfällen eingeführt werden.

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VfGH Judikatur / Anspruch auf Entscheidung in angemessener Frist: Entscheidung innerhalb angemessener Frist darf nicht mangels Vorlage eines Gutachtens verzögert werden

Die vom Verfassungsgerichtshof in einem Bedarfsprüfungsverfahren nach dem Apothekengesetz festgelegten Ermittlungs- und Entscheidungspflichten dürften auch in anderen Rechtsgebieten von Relevanz sein. 

In seiner Entscheidung vom 14.12.2022, E3150/2021, hat der Verfassungsgerichtshof abermals die Verpflichtung der Behörden betont, innerhalb angemessener Frist zu entscheiden. Der Gerichtshof hat zugleich ausgesprochen, dass selbst das Fehlen eines – im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen – Bedarfsprüfungs-Gutachtens die Behörde nicht von der Verpflichtung entbindet, ein Verfahren zügig abzuschließen. Um eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 Abs 1 EMRK durch überlange Verfahrensdauer zu vermeiden, hat die Behörde die Entscheidungsgrundlagen erforderlichenfalls auf andere geeignete Weise zu ermitteln.

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Verwaltung – „Selbstverblödung des Staates“

Warum Österreichs Verwaltung Gefahr läuft, massiv an Qualität zu verlieren. Eine Initiative fordert Maßnahmen.

Im vorigen Sommer beschrieb der der Jurist und Organisationsentwickler Wolfgang Gratz in einem langen Beitrag für die „Wiener Zeitung“ die „hohen Kosten der Banalisierung des Regierens„. Der Verwaltungsexperte sezierte darin den schleichenden Qualitätsverlust der Ministerialbürokratie und seine Ursachen, speziell durch das Primat der Parteipolitik in Österreich. Am Ende des Textes schrieb Gratz: „Es wäre wünschenswert, dass sich einige kundige Menschen zusammentun, deren Besorgnis und Empörung groß genug ist, um das Risiko eines Engagements einzugehen.“ Wenige Tage danach erhielt der Autor zwei Anrufe.

Etwas mehr als ein halbes Jahr später präsentierte Gratz mit 15 weiteren namhaften Proponentinnen und Proponenten die „Initiative bessere Verwaltung„, darunter sind ehemalige Spitzenbeamte wie Manfred Matzka, Thomas Wieser, Clemens Jabloner, Elisabeth Dearing sowie einige Forscher und Forscherinnen. Gemeinsam formulierten sie in sieben Kapiteln rund 50 konkrete Vorschläge. Deren Aufbereitung dem Verwaltungsmanagement entlehnt: Erst wurde der Status quo beschrieben und analysiert, im zweiten Schritt dann Ziele definiert und im dritten Schritt konkrete Maßnahmen angeführt. So sieht gute Verwaltung aus.

Chronisch schwaches Krisenmanagement

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Bundesverwaltungsgericht: Wie berechtigt ist die Rechnungshofkritik?

Letzte Woche wurde in den Medien breit über den Rechnungshof-Prüfbericht zum Bundesverwaltungsgericht für die Jahre 2018 bis 2021 berichtet. Zentraler Punkt war die Kritik an einer überlangen Dauer der Gerichtsverfahren.

„Aus Sicht des Rechnungshofs wurde das Ziel der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, mit der Einführung des BVwG die Verfahren zu beschleunigen, bislang nicht erreicht.“ konstatiert der Prüfbericht. Und: „Die gesetzliche Verpflichtung zu einer Verfahrensdauer von maximal sechs Monaten wird häufig nicht eingehalten, in den Jahren 2020 und 2021 gelang das nur in 37 Prozent der Fälle.“

Überlastung der Verwaltungsgerichte mit Asyl- und Fremdenverfahren als europäisches Problem

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Neue Klimaklage: Zwölf Kinder und Jugendliche klagen beim VfGH gegen das unzureichende Klimaschutzgesetz

Weil Kinderrechte im aktuellen Klimaschutzgesetz in Österreich nicht berücksichtigt werden, sei dieses verfassungswidrig, heißt es zum Hintergrund der Klage vor dem Verfassungsgerichtshof.

Die Kinderrechte sind in Österreich seit 2011 in der Verfassung verankert – und mit ihnen auch die Generationengerechtigkeit. „Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit“, heißt es dort.

Diese Gerechtigkeit sehen zwölf Kinder und Jugendliche verletzt – und bringen vor dem Verfassungsgerichtshof den Antrag ein, Bestimmungen des aktuellen Klimaschutzgesetzes als unzureichend aufzuheben. Vertreten werden sie dabei von der Anwältin Michaela Krömer, die auch schon andere Klimaklagen eingereicht hat. „Wir haben ein Klimaschutzgesetz, das seinen Namen nicht verdient und verfassungswidrig ist, weil es die Rechte der Kinder verletzt“, sagte Krömer bei einem Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten am Dienstag. Unterstützt wird die Klimaklage von Fridays for Future und vom neu gegründeten Verein Claw – Initiative für Klimarecht.

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Rotlicht muss wirksam verordnet sein

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hatte das Straferkenntnis bestätigt, in dem eine Übertretung gegen § 38 Abs. 5 iVm Abs. 1 lit. a StVO 1960 festgestellt wurde, da der Beschuldigte trotz roten Lichtes der dort befindlichen Verkehrslichtsignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten habe. Der Einwand, dass kein Rotlicht wirksam verordnet worden sei, wurde verworfen.

Der VfGH gab dem Beschuldigten nun recht, dass die „Bestimmung“, ob und an welcher Stelle der Verkehr durch – von den Organen der Straßenaufsicht zu gebende, allenfalls auch automatisch ausgelöste – Arm- oder Lichtzeichen zu regeln ist (§ 36 Abs. 1 und 2 StVO 1960), durch eine Verordnung iSd § 43 StVO zu regeln ist.

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Richter ließ sich für Urteil von ChatGPT beraten

Ein Richter in Kolumbien zog den populären Chatbot zu Rate, um medizinische Rechte eines Kindes abzuwägen

Mit steigender Nutzung von ChatGPT mehren sich auch Berichte über problematische Anwendungsbereiche. In dem Irrglauben, dass die verblüffend überzeugenden Antworten des Chatbots auf jede Frage auch richtig seien, glauben manche Anwender eine Arbeitsentlastung darin gefunden zu haben. In diesem Zusammenhang sorgt nun ein weiterer Fall für Aufsehen: Ein kolumbianischer Richter hat zugegeben, dass er die künstliche Intelligenz von ChatGPT für eine Urteilsfindung zu Rate gezogen hat.

Juan Manuel Padilla vom Arbeitsgericht in Cartagena hat entschieden, dass die Behandlungskosten eines autistischen Minderjährigen von der Krankenkasse übernommen werden sollten, da dessen Familie nur über ein begrenztes Einkommen verfüge. Dieses Urteil mag an sich nicht brisant sein, sehr wohl aber die Art und Weise, wie der Richter zu seinem Entschluss gekommen ist. Er habe eigenen Angaben zufolge zwar Präzedenzfälle zur Urteilsfindung herangezogen, aber auch Fragen zum Fall an ChatGPT gestellt.

Unterstützung für Richter, kein Ersatz

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Österreich stürzt im Korruptions-Index weiter ab

Bereits Mitte Jänner 2023 hatte die Staatengruppe gegen Korruption (Greco) festgestellt, dass Österreich ein radikal neu gedachtes Verständnis von Korruption und deren Bekämpfung benötigt.

Die Liste an Mängeln ist lang, die Anzahl der – nicht umgesetzten – Empfehlungen auch.

So hat Österreich seit Veröffentlichung des Greco–Berichts zur sogenannten „4. Evaluierungsrunde“ im Jahr 2017 keine der Empfehlung betreffend die Verwaltungsgerichte umgesetzt. Dazu zählen u.a.:

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Niederlassungsrecht: Aufenthaltsrecht für Vertriebene aus der Ukraine um ein Jahr verlängert, weniger quotenpflichtige Aufenthaltstitel

Die sogenannte Vertriebenen-Verordnung (166/HA) gewährte Personen, die ab dem 24. Februar 2022 aufgrund des Krieges aus der Ukraine flüchten mussten, ein Aufenthaltsrecht in Österreich, befristet bis 3. März 2023.

Nachdem die Europäische Kommission im Oktober 2022 bekanntgegeben hatte, dass sie keine Beendigung der Anwendung der Massenzustrom-Richtlinie vorschlagen wird, wird nun die österreichische Verordnung angepasst. Der Aufenthaltstitel wird damit ohne Notwendigkeit einer Verlängerung bis 4. März 2024 gewährt (210/HA). Damit will die Regierung Rechtssicherheit für Betroffene schaffen und den Verwaltungs- und Kostenaufwand verringern. Die Änderung wird eine Woche nach ihrer Kundmachung in Kraft treten.

Weniger quotenpflichtige Aufenthaltstitel für 2023

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