Neue Klimaklage: Zwölf Kinder und Jugendliche klagen beim VfGH gegen das unzureichende Klimaschutzgesetz

Weil Kinderrechte im aktuellen Klimaschutzgesetz in Österreich nicht berücksichtigt werden, sei dieses verfassungswidrig, heißt es zum Hintergrund der Klage vor dem Verfassungsgerichtshof.

Die Kinderrechte sind in Österreich seit 2011 in der Verfassung verankert – und mit ihnen auch die Generationengerechtigkeit. „Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit“, heißt es dort.

Diese Gerechtigkeit sehen zwölf Kinder und Jugendliche verletzt – und bringen vor dem Verfassungsgerichtshof den Antrag ein, Bestimmungen des aktuellen Klimaschutzgesetzes als unzureichend aufzuheben. Vertreten werden sie dabei von der Anwältin Michaela Krömer, die auch schon andere Klimaklagen eingereicht hat. „Wir haben ein Klimaschutzgesetz, das seinen Namen nicht verdient und verfassungswidrig ist, weil es die Rechte der Kinder verletzt“, sagte Krömer bei einem Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten am Dienstag. Unterstützt wird die Klimaklage von Fridays for Future und vom neu gegründeten Verein Claw – Initiative für Klimarecht.

„Frust“ in der Bewegung

Das aktuelle Klimaschutzgesetz führe nicht zum Rückgang der Treibhausgasemissionen und sei nicht in der Lage, die Kinder vor den lebensbedrohlichen Folgen der Klimakrise zu schützen, argumentieren die Fünf- bis 16-Jährigen. „Wir gehen auf die Straße, wir demonstrieren, wir streiken. Und dennoch werden wir nicht gehört“, beklagt sich Smilla (15), Schülerin aus Niederösterreich. „Wir sehen keinerlei Fortschritt, deshalb ziehen wir jetzt vor Gericht.“ Innerhalb der Klimabewegung gebe es „Frust“, weshalb sie sich mittlerweile in verschiedenen Protestformen äußert, ergänzt Levi (16), ebenfalls aus Niederösterreich. „Der Weg zu Gericht ist für uns der sachlichste und effizienteste Weg.“

Tatsächlich ist Österreich laut Forschenden weitab von dem Kurs, der nötig wäre, um die Pariser Klimaziele zu erreichen – diese müssen aber eingehalten werden, wenn die Erderhitzung auf einem noch halbwegs sicheren Niveau eingebremst werden soll. Bereits heute, bei einem Plus von 1,2 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit, haben Wetterextreme wie Dürren und Überschwemmungen weltweit enorm zugenommen. Je heißer es wird, desto instabiler wird die Welt. Das ist seit vielen Dekaden bekannt, dennoch ist der CO2-Ausstoß weiterhin hoch.

Recht auf aktiven Schutz vor den Folgen der Klimakrise

Anwältin Krömer argumentiert, dass laut Verfassung das Wohl der Kinder auch im Sinne der Generationengerechtigkeit geschützt werden müsse. „Kinder haben somit ein Recht auf aktiven Schutz vor den Folgen der Klimakrise.“ Da das Klimaschutzgesetz keine Reduktionsziele oder anderen Verbindlichkeiten kenne, würden die Verfassungsrechte verletzt. Krömer sprach davon, dass der „gegenwärtige Schein-Klimaschutz“ die Klimakrise zur Kinderkrise mache.

Einfach dürfte es für die Klage allerdings nicht werden. „Die Tür zum Verfassungsgerichtshof geht in Österreich nicht besonders weit auf“, sagt Krömer. Wenn man die bisherige Rechtsprechung streng auslege, dürfte der Antrag scheitern. In den letzten Jahren habe der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsprechung aber schon etwas „gedehnt“. Jetzt müsse er seine Rechtsprechungslinie weiter anpassen. Kinderrechte müssen effektiv durchgesetzt werden können, fordert Krömer. Andernfalls seien sie nicht mehr als ein „Stück Papier“.

Formaljuristisch handelt es sich bei der Klage der Kinder um einen sogenannten Individualantrag. Mit diesem Rechtsmittel können Menschen verfassungswidrige Gesetze anfechten, wenn sie „unmittelbar“ davon betroffen sind. Genau da liegt aber das Problem: Der Verfassungsgerichtshof legt die „Unmittelbarkeit“ bisher streng aus. Adressaten des Klimaschutzgesetzes sind aber die Bundesregierung sowie die Bundesländer und nicht die Kinder. Aus demselben Grund ist auch Krömers erste, große Klimaklage Ende 2020 vor dem Verfassungsgerichtshof gescheitert.

Hier geht’s zum Artikel in derstandard.at …

Hier geht’s zur Presseaussendung …

Hier geht’s zum Individualantrag vom 21.02.2023

Hier geht’s zur Information der Klimaklage von Fridays for Future …

Hier geht’s zu CLAW – Initiative für Klimarecht …

Siehe auch bereits: Umweltrecht: „Klimaklage“ bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts eingebracht …

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