Malta: Nichtregierungsorganisation klagt gegen Richterernennungen

Die maltesische Nichtregierungsorganisation „Repubblika“ welche erst im November 2018 gegründet worden war, klagte vor dem nationalen Verfassungsgericht gegen das maltesische System der Richterernennung.

Die NGO sieht in dem Umstand, dass die Ernennung von Richterinnen Richtern im ausschließlichen Ermessen des Premierministers liegt, einen Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (Art. 47 EU-Grundrechtcharta) sowie gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 der EMRK). Im November 2019 hat das maltesische Gericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt (Rechtssache C-896/19). Diese wurde nun allen Mitgliedsstaaten zur Stellungnahme übermittelt.

Die NGO „Repubblika“ begehrt die Feststellung, dass das System der Richternennung in Malta im Widerspruch zu den Rechtschutzgarantien des Unionsrecht steht, die Feststellung , dass jede Ernennung eines Richters, die nach dem derzeitigen System und während der Anhängigkeit dieses Verfahrens erfolgt, missbräuchlich, rechtswidrig, nichtig und unwirksam ist und keine weiteren Richterernennungen vorgenommen werden dürfen, es sei denn, diese stehen im Einklang mit den Grundsätzen des Unionsrechts und den Empfehlungen der Venedig-Kommission des Europarates (Gutachten vom 17. Dezember 2018).

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Richter über Kurz‘ WKStA-Kritik: „Dann kommt der Rechtsstaat ins Rutschen“

Die Kritik des Kanzlers an der Justiz hat Wellen geschlagen. Dass Kurz eine Aussprache will, ist für den Richter Oliver Scheiber ein Tabubruch

Der von Bundeskanzler Sebastian Kurz einberufene – und von Justizministerin Alma Zadić zur „Aussprache“ herabgestufte – runde Tisch über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sorgt für Kritik. Oliver Scheiber, Gerichtsvorsteher am Bezirksgericht Wien-Meidling, empörte sich in den sozialen Medien. Im Gespräch mit dem STANDARD erklärt er, warum er das als dramatische Entwicklung sieht und derartige Tendenzen oft Vorboten autoritärer Regierungsstile seien.

STANDARD: Was stört Sie daran, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz einen runden Tisch einberufen hat, bei dem Verfahrensdauer, Vertrauen in die Justiz und Unabhängigkeit und Objektivität diskutiert werden sollen?

Scheiber: Entweder liegt beim Bundeskanzler ein völliges Missverstehen der Gewaltentrennung und Checks and Balances in einem Rechtsstaat vor – diese Naivität und dieses Unwissen würden mir Angst machen. Oder er will Signale an die Staatsanwaltschaft senden, künftig anders vorzugehen. Das wäre ein unzulässiger Übergriff des Kanzlers auf Organe der Gerichtsbarkeit.

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Asylwerber erkämpfen sich vor Gericht Zugang zum Jobmarkt

Geht es nach der Politik, sollen Asylwerber weitgehend vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden. Immer öfter hebeln Gerichte diese Restriktionen aus.

Unter die ganze Diskussion rund um Asylwerber in der Lehre müsse endlich ein Schlussstrich gezogen werden. Mit Worten wie diesen leitete ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer Mitte Dezember im Nationalrat seine Rede zu diesem Thema ein. Eine Gruppe von 700 betroffenen Asylwerbern, so wurde damals beschlossen, darf ihre Lehre in Österreich fertig machen. Das begrüßte der zwischenzeitlich zum Innenminister aufgestiegene Nehammer, fügte aber hinzu, dass es ein Fehler war, die Lehre für Asylwerber überhaupt zu öffnen. Die alte Koalition aus ÖVP und FPÖ habe diesen Fehler behoben: „Heute ist es für einen Asylwerber nicht mehr möglich, eine Lehre zu beginnen, und das ist gut so“, stellte Nehammer klar.

Dieser letzte Satz stimmt so allerdings nicht. Im Jänner 2020 ergingen zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Wien, mittels deren zwei Asylwerbern der Zugang zur Lehre gewährt wurde. In einem Fall ging es um einen Afghanen, der eine Lehre als Elektroinstallateur in einem Betrieb in Oberwart beginnen wollte. Nachdem das regionale AMS die Arbeitsbewilligung abgelehnt hatte, erhob der Betrieb Beschwerde und bekam nun recht.

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EU: Sorgen um Rechtsstaatlichkeit betreffen nicht nur Ungarn und Polen

Aus Anlass des aktuellen Berichtes der Weltbank über die sogenannten „Governance indicators“ beschäftigt sich die Analystin Agata Gostyńska-Jakubowska in einem Beitrag im englischen „Guardian“ mit dem Verhältnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union.

Sie kommt zu dem Schluss, dass der Rückgang der Achtung der Rechtsstaatlichkeit nicht nur in Ungarn und Polen zu beobachten ist, sondern es sich dabei um ein EU-weites Problem handelt, welches das Funktionieren der gesamten Gemeinschaft beeinträchtigen könnte.

Hier der Beitrag aus dem „Guardian“ (machine-translation):

Die Governance-Indikatoren der Weltbank zeigen eine Verschlechterung in Bulgarien, Frankreich, Italien und Griechenland.

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VfGH Judikatur / Lohndumping-Gesetz: Strafaussprüche aufgehoben, Anwendbarkeit ungelöst

Nach dem Europäischen Gerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof hat sich auch der Verfassungsgerichtshof mit der Frage der Anwendbarkeit der Strafbestimmungen des Lohn-und Sozialdumpinggesetzes (LSD-BG) befasst.

Unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 12. September 2019, Rs. C-64/18 (Maksimovic), stellt der Verfassungsgerichtshof fest, die Anwendung eines Gesetzes (Strafbestimmung), welches offenkundig einer unmittelbar anwendbaren Norm des Unionsrechts widerspricht, verletzt den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nach Art. 1 des 1. ZP EMRK (E 2893-2896/2019, vom 27. November 2019).

Auch wenn die Anwendung der betreffenden Strafbestimmung dem Verwaltungsgericht subjektiv nicht vorwerfbar war, war dieser Umstand vom VfGH aufzugreifen und wurden die angefochtenen Strafaussprüche behoben.

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EuGH: Recht auf Zugang zu Dokumenten  im Zusammenhang mit Geschäftsgeheimnissen  

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteilen vom 22.01.2020 das Recht auf Zugang zu Dokumenten bestätigt, die in den Akten zu einem Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln enthalten sind.

Gleichzeitig stellte er klar, dass ein Widerspruch gegen einen solchen Zugang Erläuterungen zu Art, Gegenstand und Tragweite der Daten enthalten müsse, deren Verbreitung geschäftliche Interessen beeinträchtigen würde (Az.: C-175/18 P und C-178/18 P).

Unternehmen fordert Vertraulichkeit aller Dokumente im Genehmigungsverfahren

Konkret ging um die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), mit denen gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 Zugang zu mehreren Dokumenten, nämlich zu Berichten über toxikologische Prüfungen und zu einem Bericht über eine klinische Prüfung, gewährt wurde, die von den Rechtsmittelführerinnen, PTC Therapeutics International und MSD Animal Health Innovation und Intervet International, im Rahmen ihrer Anträge auf Genehmigung für das Inverkehrbringen zweier Arzneimittel vorgelegt worden waren.

Bei dem einen Arzneimittel handelte es sich um ein Humanarzneimittel (Az.: C-175/18 P), bei dem anderen um ein Tierarzneimittel (Az.: C-178/18 P). Die EMA beschloss in beiden Fällen, nachdem sie das Inverkehrbringen dieser Arzneimittel genehmigt hatte, den Inhalt der erwähnten Berichte Dritten vorbehaltlich einiger Schwärzungen zugänglich zu machen. Die Rechtsmittelführerinnen meinten, dass für diese Berichte in ihrer Gesamtheit eine Vermutung der Vertraulichkeit bestehen müsse. Die EMA vertrat dagegen die Ansicht, dass die genannten Berichte mit Ausnahme der bereits unkenntlich gemachten Informationen keinen vertraulichen Charakter aufwiesen. Das Gericht der Europäischen Union wies die Klagen auf Nichtigerklärung der EMA-Beschlüsse zurück. .

Keine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit

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Judikatur VfGH / Verfahrensrecht: Gewährung oder Ausschluss der Akteneinsicht im Zusammenhang mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnis

Hat die Behörde in einem Mehrparteienverfahren mitbeteiligten Parteien die Akteneinsicht zu Unrecht gewährt oder verweigert, so ist dagegen (Verfahrensanordnung) eine gesonderte Beschwerde an das Verwaltungsgericht nicht möglich.

Eine allfällige Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 17 Abs. 3 AVG) kann nur im Wege einer Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht gegen die das Verfahren abschließende Sachentscheidung geltend gemacht werden.

Im Fall eines darauf gerichteten Feststellungsantrages hat das Verwaltungsgericht darüber gesondert zu entscheiden (VfGH vom 10.10.2019, E 1025/2018).

Subjektives Recht einer Verfahrenspartei auf Akteneinsicht

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EU-Kommission erwägt temporäres Verbot von Gesichtserkennung

Die EU-Kommission plant, Gesichtserkennung an öffentlichen Plätzen vorläufig zu verbieten, um Regulierungen entwickeln zu können.

Der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware auf öffentlichen Plätzen und in Verkehrsmitteln könnte für die kommenden fünf Jahre verboten werden. Nach einem Bericht der Zeitschrift „The Guardian“ plant die EU-Kommission einen temporären Bann, um sich mit der Technologie auseinanderzusetzen.

Das Verbot soll fünf bis drei Jahre andauern. In einem 18-seitigen Dokument, das von Euactiv veröffentlicht wurde, heißt es, während des Verbots sollen „eine fundierte Methodik zur Bewertung der Auswirkungen dieser Technologie und mögliche Risikomanagementmaßnahmen identifiziert und entwickelt werden“.

Datenschutz stärken

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Informationsfreiheit: „Transparenz“-Register wird öffentlich

Im Sommer 2019 wurde mit dem EU-Finanz-Anpassungsgesetz auch das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) geändert. Damit wird die 5. Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843) in Österreich umgesetzt. Ziel ist die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Viele relevante Änderungen zum WiEReG sind aber erst heuer in Kraft getreten.

Mit dem Register werden in Österreich erstmals die wahren wirtschaftlichen Eigentümer von Unternehmen, Stiftungen, Vereinen und Trusts in einem einheitlichen Register erfasst. Das Register wird durch die beim Bundesminister für Finanzen eingerichtete Registerbehörde geführt. Als gesetzliche Dienstleisterin bedient sich die Registerbehörde der Bundesanstalt Statistik Austria, die das Register auf Basis des Unternehmensregisters betreibt.

Neuerungen ab Jänner 2020:

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Schweiz: Umstrittenes Urteil zum „rechtfertigenden Notstand“ bei Klimaaktion

Ein Schweizer Gericht hat zwölf junge Klimaaktivisten freigesprochen, die eine Bankfiliale der Großbank Credit Suisse besetzt hatten, um gegen klimaschädliche Geschäfte der Bank zu demonstrieren.

Die Aktivisten wurden des Hausfriedensbruchs angeklagt. Doch das Bezirksgericht in Lausanne sprach sie vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs frei, mit der Begründung, die jungen Angeklagten hätten aus Gründen eines „rechtfertigenden Notstandes“ gehandelt. Ihr Vorgehen sei angesichts der Klimakatastrophe „notwendig und angemessen “ gewesen; ihre Aktion habe darauf abgezielt, „die Bank zu einer Reaktion zu bewegen, und sei der einzige Weg gewesen, um die notwendige Aufmerksamkeit von den Medien und der Öffentlichkeit zu erhalten“, begründete der Gerichtspräsident sein Urteil.

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