OSZE: Funktionieren der Gerichtsbarkeit in pandemiebedingten Notstandssituationen

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat einen umfassenden Bericht über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Tätigkeit der Rechtssysteme in den 57 Teilnehmerstaaten in Europa, Zentralasien und Nordamerika veröffentlicht. Der Bericht gibt einen ersten Überblick darüber, wie Gerichte in den einzelnen Staaten auf die durch die Pandemie bedingten Notstandssituationen reagierten.

Gleichgelagerte Problemstellungen für alle Justizsysteme

Im Bericht werden jene Problemstellungen zusammengefasst, welche von den Justizsystemen in praktisch allen Teilnehmerstaaten zu bewältigen sind. Dabei geht es etwa um die Frage, wer innerstaatlich für die Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Richter, des Gerichtspersonals und der Verfahrensbeteiligten verantwortlich ist, wie bei einer teilweisen oder vollständigen Schließung der Gerichte die Priorisierung der Verfahren und der Umgang mit Rückständen erfolgt, wie die Datensicherheit bei Videokonferenzen und bei der Anwendung anderer IT-Lösungen gewährleistet wird und ganz allgemein, wie unter Pandemiebedingungen die Einhaltung der Grundsätze des fairen Verfahrens gewährleistet werden kann. Zur Veranschaulichung der Fragestellungen verweist der Bericht dazu auf konkrete Beispiele aus den verschiedenen Justizsystemen.

Notstandsgesetzgebung als rechtsstaatliches Problem

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RZ Editorial 10/20: Im europäischen Vergleich

Weder ein „Rat der Gerichtsbarkeit“ noch die Einrichtung einer Generalstaatsanwaltschaft stehen im Regierungsprogramm. Das überrascht auch nicht, weil solche Forderungen verräterischer Weise bislang immer nur aus der Oppositionsrolle erhoben werden. Betrachten wir die österreichische Justiz in einem größeren Rahmen. Nehmen wir das im Juli erschienene EU-Justizbarometer 2020) zur Hand und überlegen wir, welche Schlüsse daraus für …

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Richterdienstrecht: Größere Transparenz bei Richterernennungen, altersbedingte Herabsetzung der Dienstzeit

Die zur Begutachtung ausgesendete Novelle des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes soll größere Transparenz bei Richterernennung bringen. Ebenfalls vorgesehen wird die Möglichkeit zur altersbedingten Herabsetzung der Dienstzeit auch für Richterinnen und Richter.

Keine Verbindlichkeit, aber Erhöhung der Transparenz 

In den Erläuterungen zur vorgesehenen Neuregelung des § 33a RStDG wird ausdrücklich auf die Empfehlungen der Staatengruppe des Europarates gegen Korruption (GRECO) verwiesen, welche empfohlen hatte, bei  Richterernennungen die Besetzungsvorschläge der Personalsenate bindend zu machen, zumindest aber das Ernennungsverfahren transparenter zu gestalten. (Siehe dazu: „Greco“ fordert für Verwaltungsrichter einheitliches Dienstrecht und verbindliche Besetzungsvorschläge)

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EU-Kommission rügt Ernennungsverfahren für Präsidenten der Verwaltungsgerichte in Österreich

In dem gestern veröffentlichten ersten Rechtsstaatlichkeits-Bericht der EU-Kommission wird der Österreichischen Justiz ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt. Deutlich ausgefallen ist aber die Kritik am Verfahren für die Ernennung der Präsidenten der Verwaltungsgerichte.

Mitwirkung richterlicher Gremien erforderlich

Die Kommission verweist dabei auf die von den richterlichen Interessenvertretungen, dem Europarat und von GRECO geäußerten Bedenken am derzeitigen Status quo. So müssen Präsidenten weder zuvor Richter gewesen sein noch gibt es eine Mitwirkung der richterlichen Gremien am Auswahlverfahren, da die Ernennung im ausschließlichen Ermessen der jeweiligen Regierung liegt, sodass die Präsidenten letztlich politisch  ernannt werden.

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COVID-19-Maßnahmengesetz: Würden neue Strafen gelten? Die rechtlichen Fragen im Corona-Herbst

Die Koalition will die Regeln besser absichern. Die Verwaltungsrichter fordern Eilverfahren am VfGH, damit dieser nicht erst Monate später entscheiden kann.

Ein Beitrag in der „Presse“ greift die Stellungnahme des Dachverbandes der Verwaltungsrichter (DVVR) zur aktuellen Novelle des COVID-19–Maßnahmengesetzes auf und verweist darauf, dass es die Verwaltungsgerichte waren, die im Frühjahr als Erste die Coronamaßnahmen der Regierung überprüften und mehrere Strafen kippten und es die Verwaltungsrichter sind, die im Zusammenhang mit der von der Regierung geplanten Verschärfung der Coronaregeln nun einen besseren Rechtsschutz für die Bürger vor dem Verfassungsgerichtshof fordern.

Der Beitrag weist auch darauf hin, dass für ein vom DVVR gefordertes Eilverfahren vor dem Höchstgericht eine Gesetzesänderung notwendig wäre. Diese wurde von der Verfassungsministerin Edtstadler allerdings bereits mit dem Hinweis abgelehnt, in einem Eilverfahren würden die Streitparteien zu wenig gehört.

Gerichte zeigen Exekutive die Schranken ihrer Gestaltungsmacht

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Niederländisches Gericht hat grundsätzliche Zweifel an der Unabhängigkeit der polnischen Justiz

Beeinflusst Polen mit seiner seit Jahren vorangetriebenen Justizreform seine Gerichte so sehr, dass diese nicht mehr richtig unabhängig sind? Ein Ersuchen aus den Niederlanden könnte Warschau letztlich auch politisch in die Bredouille bringen.

Polen droht neuer Ärger wegen seiner umstrittenen Justizreform. Wie ein Sprecher des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) bestätigte, hat sich ein Amsterdamer Gericht mit brisanten Fragen zur Auslegung von EU-Recht an die höchsten europäischen Richter gewandt. Sie sollen entscheiden, ob grundsätzliche Zweifel an der Unabhängigkeit der polnischen Justiz ein allgemeines Vollstreckungsverbot für Europäische Haftbefehle aus Polen rechtfertigen könnten.

„Seit 2007 steht die Unabhängigkeit der polnischen Gerichte und dadurch das Recht auf einen ehrlichen Prozess immer stärker unter Druck“, teilte das Amsterdamer Gericht zu seinem Vorabentscheidungsersuchen mit. Die Entwicklungen in den vergangenen Jahren wirkten sich so stark auf die Unabhängigkeit der polnischen Gerichte aus, dass diese nicht mehr unabhängig von der polnischen Regierung und dem polnischen Parlament sein könnten.

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„100 Jahre Bundesverfassung“ (2): Diskussionsveranstaltung zur Krisenfestigkeit der österreichischen Verfassung    

Am Montag, 2. November 2020, 17.30 Uhr, findet eine gemeinsame Diskussionsveranstaltung  von „Österreichischer Juristentag“ und „Wiener Juristische Gesellschaft“ im Festsaal des Wiener Rathauses statt.

Das Thema der Veranstaltung:  „100 Jahre BV-G  –  Wie krisenfest ist unsere Verfassung?“

Referate aus Sicht der Gesetzgebung und der Vollziehung bilden die Grundlage für eine allgemeine Diskussion. Im Anschluss bitten Bürgermeister Dr. Michael Ludwig, der Österreichische Juristentag und die Wiener Juristische Gesellschaft zu einem Cocktailempfang.

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Deutsches Bundesverfassungsgericht: Richterbesoldung muss Verantwortung gerecht werden und angemessenen Lebensunterhalt ermöglichen

In Berlin wurden Richter und Staatsanwälte zwischen 2009 und 2015 zu schlecht bezahlt, urteilt das deutsche Bundesverfassungsgericht. Die Gehaltsunterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern sind enorm.

Bereits seit Jahren kritisieren die deutschen Richtervereinigungen die nach Bundesland unterschiedlichen Richtergehälter.  Der seit 2006 mögliche Föderalismus in der Besoldung habe einen „Wettbewerb in Schäbigkeit“ ausgelöst.  Da die Arbeit der Richter die gleiche sei, müsse es auch das Gehalt sein. (Siehe dazu: 17. Deutscher Verwaltungsgerichtstag, Föderalismus in der Besoldung als „Wettbewerb in Schäbigkeit“)

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EU-Justizbarometer 2020: Arbeitsbelastung der österreichischen Verwaltungsgerichte eine der höchsten in Europa

Der von der EU-Kommission durchgeführte jährliche Vergleich der Belastung und Leistungsfähigkeit der Justizsysteme in den Mitgliedsstaaten zeigt für Österreich ein sehr differenziertes Bild.

Während der Anfall neuer Verfahren im Bereich der Zivil- und Handelsgerichte – bezogen auf die Bevölkerungszahl – in den Jahren 2016 bis 2018 nahezu unverändert blieb (Abbildung 3), war in diesem Zeitraum ein massiver Anstieg neuer Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zu verzeichnen (Abbildung 4). Nur Schweden und Deutschland hatte noch höhere Zuwachsraten. Auch bei der Zahl der vor den Verwaltungsgerichten insgesamt anhängigen Verfahren zählt Österreich – wieder bezogen auf die Bevölkerungszahl – zu den Spitzenreitern in Europa. Nur in Griechenland und  Deutschland haben die Verwaltungsrichter noch höhere Belastungszahlen (Abbildung 15).

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