Der von der EU-Kommission durchgeführte jährliche Vergleich der Belastung und Leistungsfähigkeit der Justizsysteme in den Mitgliedsstaaten zeigt für Österreich ein sehr differenziertes Bild.
Während der Anfall neuer Verfahren im Bereich der Zivil- und Handelsgerichte – bezogen auf die Bevölkerungszahl – in den Jahren 2016 bis 2018 nahezu unverändert blieb (Abbildung 3), war in diesem Zeitraum ein massiver Anstieg neuer Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zu verzeichnen (Abbildung 4). Nur Schweden und Deutschland hatte noch höhere Zuwachsraten. Auch bei der Zahl der vor den Verwaltungsgerichten insgesamt anhängigen Verfahren zählt Österreich – wieder bezogen auf die Bevölkerungszahl – zu den Spitzenreitern in Europa. Nur in Griechenland und Deutschland haben die Verwaltungsrichter noch höhere Belastungszahlen (Abbildung 15).
Die Belastung wirkt sich logischerweise auch auf die Verfahrensdauer vor den Verwaltungsgerichten (erster Instanz) aus. Diese ist auf durchschnittlich rund 480 Tage gestiegen (Abbildung 8). Auch ein Anstieg der Rückstände ist damit verbunden, da mehr neue Verfahren eingelangten als erledigt werden konnten (Clearance rate, Abbildung 12).
Mit 27 Richtern pro 100.000 Einwohner (Abbildung 35) liegt Österreich im oberen Drittel der EU-Staaten, bei den Zahl der Anwälte ist Österreich – bezogen auf die Bevölkerungszahl – hingegen unter den Schlusslichtern in Europa (Abbildung 37).
Weiters fällt auf, dass im Justizbarometer 2020 die Teilnahme von Richtern an Fortbildungsveranstaltungen auf dem Gebiet des EU-Rechts nicht mehr ausgewertet wurde. Im Bericht 2019 war veranschaulicht worden, dass in Österreich weniger als 20 % der Richter an diesen Fortbildungsveranstaltungen teilnahmen im Vergleich zu durchschnittlich mehr als 50 % in den meisten anderen Mitgliedsstaaten.
Hier geht’s zum Justizbarometer 2020 (nur Englisch verfügbar)