Schaffung einer Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe

Anmerkungen zum Entwurf zur Änderung des Gesetzes über ein Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung

Seit 100 Jahren gibt es in Österreich eine Beschwerdestelle für Polizeigewalt. Ihr Name: Verfassungsgerichtshof; seit 1975 ist auch der Verwaltungsgerichtshof dafür zuständig. Da diese beiden Höchstgerichte jedoch keine Tatsacheninstanzen waren und sind, mussten sie sich für ihre Ermittlungen anderer Gerichte oder Behörden bedienen. Außerdem mussten die Beschwerden eine bestimmte Form aufweisen und von RechtsanwältInnen eingebracht werden.

Seit 1991 besteht allerdings mit den Unabhängigen Verwaltungssenaten bzw den Verwaltungsgerichten der Länder und des Bundes als Nachfolgeinstitutionen eine Beschwerdestelle, die auch ermittelt: als erste und somit als Tatsacheninstanz erheben diese Gerichte alle erforderlichen Beweise, um das Tatgeschehen zu rekonstruieren, welches sie dann einer Rechtmäßigkeitsprüfung unterziehen. Die Beschwerden können formlos sein (laut dem höchstgerichtlichen Diktum „Dem Verwaltungsverfahren ist jeglicher Formalismus fremd“) und sind mit einem überschaubaren Kostenrisiko verbunden. Fehlen wesentliche Inhalte, so können diese nach Anleitung durch das Gericht („Verbesserungsauftrag“) nachträglich ergänzt werden; nicht anwaltlich vertretene Personen sind ganz generell vom Gericht anzuleiten („Manuduktionspflicht“) . Nach allgemeiner Auffassung hat sich diese sogenannte Maßnahmenbeschwerde deutlich besser bewährt als die Aufarbeitung von Misshandlungsvorwürfen durch die Strafgerichte.

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Bundesverwaltungsgericht: Wie berechtigt ist die Rechnungshofkritik?

Letzte Woche wurde in den Medien breit über den Rechnungshof-Prüfbericht zum Bundesverwaltungsgericht für die Jahre 2018 bis 2021 berichtet. Zentraler Punkt war die Kritik an einer überlangen Dauer der Gerichtsverfahren.

„Aus Sicht des Rechnungshofs wurde das Ziel der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, mit der Einführung des BVwG die Verfahren zu beschleunigen, bislang nicht erreicht.“ konstatiert der Prüfbericht. Und: „Die gesetzliche Verpflichtung zu einer Verfahrensdauer von maximal sechs Monaten wird häufig nicht eingehalten, in den Jahren 2020 und 2021 gelang das nur in 37 Prozent der Fälle.“

Überlastung der Verwaltungsgerichte mit Asyl- und Fremdenverfahren als europäisches Problem

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28. MAIFORUM 2023 : „Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im zehnten Jahr – eine Bestandsaufnahme von innen und außen“

28. MAIFORUM:

„Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im zehnten Jahr – eine Bestandsaufnahme von innen und außen“

Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz aus dem Blickwinkel der Verfahrensgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention und der justiziellen Garantien des Art 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Freitag, den 5. Mai 2023, Wien

Die Teilnahme ist für Richterinnen und Richter, die Mitglieder einer der Standesvertretungen sind, kostenlos.

Zum Inhalt:

Mit der am 1. Jänner 2014 in Kraft getretenen Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurden vor allem den grundrechtlichen Erfordernissen, wie diese insbesondere in Art 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention und in Art 47 GRC zum Ausdruck kommen, Rechnung getragen.

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Auch Landesverwaltungsgericht Tirol sucht neuen Präsidenten/Präsidentin

Unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen wurde die Funktion des Präsidenten/der Präsidentin des Landesverwaltungsgerichts Tirol zur Nachbesetzung ausgeschrieben. Damit  laufen  – mit  LVwG Steiermark, BFG und BVwG – derzeit vier Besetzungsverfahren für Leitungsfunktionen an den Verwaltungsgerichten. Allen gemeinsam ist, dass eine Mitwirkung richterlicher Gremien in diesen Verfahren nicht vorgesehen ist. Damit ignorieren die jeweiligen Rechtsträger der Verwaltungsgerichte …

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DVVR: Stellungnahme zur aktuellen Novelle des RDStG; Forderung nach Besetzungsvorschlägen richterlicher Personalsenate auch für Leitungsfunktionen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit

Der Dachverband der Verwaltungsrichter begrüßt den vorliegenden Entwurf der 2. Dienstrechts-Novelle 2022 (230/ME XXVII. GP) und fordert Besetzungsvorschläge richterlicher Personalsenate nach dem Vorbild des RStDG auch für Leitungsfunktionen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit unter Berücksichtigung europäischer Standards.

In seiner Stellungnahme verweist der DVVR dazu auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Zusammenhang mit der Ernennung von Richterinnen und Richtern. Der EGMR hat bereits mehrfach betont, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ernennungsentscheidung so beschaffen sein müssten, dass sie bei den davon mittel- oder unmittelbar Betroffenen keine berechtigten Zweifel an der Neutralität und Unempfänglichkeit ernannter Richterinnen und Richter für äußere Faktoren aufkommen lassen. Demgemäß beurteilt er die Ernennung von Richterinnen und Richtern durch ein Organ der Exekutive nur dann als mit den Rechtsstaatsgrundsätzen der Europäischen Union vereinbar, wenn im Ernennungsverfahren die Stellungnahme eines von der Politik unabhängigen Gremiums eingeholt wird.

Die Stellungnahme des DVVR verweist weiters auf den zweiten vorläufigen Umsetzungsbericht von GRECO, in dem neuerlich moniert wird, dass in Österreich die richterliche Mitwirkung am Auswahl- und Ernennungsverfahren von Richterinnen und Richtern nicht flächendeckend umgesetzt sei, sowie auf die Kritik der Europäische Kommission im Rechtsstaatlichkeitsbericht 2022. Dort wird Österreich ausdrücklich empfohlen, „der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Justiz an den Ernennungen des Präsidenten und Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs sowie der Präsidenten und Vizepräsidenten von Verwaltungsgerichten zu beteiligen, und dabei europäische Standards für die Ernennung von Richtern und die Auswahl von Gerichtspräsidenten zu berücksichtigen“. Die genannten Kritikpunkte und Ziele des Entwurfs gelten im Besonderen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in der nicht nur drei, sondern zwei Dutzend Leitungsstellen (PräsidentInnen und VizepräsidentInnen der elf Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofes) ohne Einholung von Vorschlägen richterlicher Personalsenate besetzt werden.

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Postenschacher stellt Urteil in Frage

Politische Einflussnahme kann gegen den Grundsatz des „Fair Trail“ verstoßen

Markus Thoma, Präsident des DVVR,  referierte beim Maiforum nicht nur über die Grenzen der Dienstaufsicht über Richterinnen und Richter, in einem Gespräch mit der Tageszeitung “Die Presse” machte er auf Konsequenzen politischer Einflussnahme aufmerksam, die bis dato in Österreich wenig bis keine Beachtung gefunden haben: Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR)  kann das Urteil eines Richters, der nicht auf Grund seiner Qualifikation, sondern aus politischer Räson ernannt wurde, von den Parteien des Verfahrens wegen der Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahren bekämpft werden. (Siehe dazu: Fehlerhafte Richterernennung verletzt Recht auf faires Verfahren)

Die Folgen könnten von der Feststellung des Verstoßes gegen die EMRK und damit verbundene Entschädigungszahlungen sein oder – im Falle eines Strafverfahrens – die Wiederholung des Verfahrens.

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Dachverband der Verwaltungsrichter/innen fordert Reform bei der Besetzung von Leitungsfunktionen an den Verwaltungsgerichten

Im kommenden Jahr werden voraussichtlich die Funktionen von drei Verwaltungsgerichtspräsidenten/innen vakant, darunter jene am Bundesverwaltungsgericht. Wie die “Sideletter” Affäre deutlich gemacht hat, werden die von den richterlichen Standesvertretungen vermuteten Einflussmöglichkeiten auf die Postenbesetzungen tatsächlich auch genützt. 

In einem Beitrag im Mittagsjournal fordert Markus Thoma, Präsident des Dachverbands der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter (DVVR), daher einmal mehr die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards und die Einbeziehung der richterlichen Personalsenate/Ausschüsse in das Auswahlverfahren für Leitungsfunktionen an den Verwaltungsgerichten. Die von Justizministerium geplante Änderung bei der Besetzung der Leitungsfunktionen am Obersten Gerichtshof könnte hier als Vorbild dienen. Dort sollen die richterlichen Gremien zukünftig verbindliche Besetzungsvorschläge erstattet können.

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VRV-Vollversammlung und Gründungsversammlung des DVVR in Klagenfurt

Am Vorabend des 27. Maiforum fanden in Klagenfurt zwei Veranstaltungen statt, welche eine Weichenstellung für die weitere Tätigkeit der richterlichen Standesvertretungen an den Verwaltungsgerichten mit sich brachten.

Die Vollversammlung der Verwaltungsrichter-Vereinigung wählte einen neuen Vorstand. Siegfried Königshofer, langjähriger Standesvertreter und Präsident der VRV, wurde mit einer sehr persönlichen Laudatio und mit „standing ovations“ verabschiedet. Zu seiner Nachfolgerin wurde Claudia Pinter vom Landesverwaltungsgericht Kärnten gewählt, die bereits als Vizepräsidentin für die VRV tätig war. Neu im Vorstand ist auch Sonja Köffler, ebenfalls vom Landesverwaltungsgericht Kärnten.

Bündelung der Standesvertretung im DVVR, Entwurf ethischer Richtlinien  

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27. MAIFORUM: „Independence, Efficiency and Responsibilities“

27. MAIFORUM:

„Independence, Efficiency and Responsibilities“

Die Verwaltungsgerichte im Spannungsfeld zwischen Unabhängigkeit und Effizienz

Anforderungen – Herausforderungen

Freitag, 06. Mai 2022, Klagenfurt

Zum Tagungsthema:

Welche Erfordernisse muss eine Gerichtsorganisation erfüllen, damit ihre Unabhängigkeit gegenüber der Legislative und der Exekutive gewährleistet ist? Können sich Gerichte unter Berufung auf die Unabhängigkeit der Rechtsprechung der Überprüfung ihrer Leistungserbringung entziehen? Diese Fragestellungen werden heute – unter den verschiedensten Blickwinkeln – in Europa diskutiert. Sie sind auch Gegenstand einer Reihe von Entscheidungen europäischer Gerichte, die sich hier im hohen Maße auf die Empfehlungen des Europarates (CCJE) zur Unabhängigkeit der Rechtsprechung und der Gerichte stützen.

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