Tagung: Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen?

Die eintägige Veranstaltung der Forschungsstelle für Polizei und Justizwissenschaften („Austrian Center for Law Enforcement Sciences“ – ALES) der Universität Wien beleuchtet den Einsatz künstlicher Intelligenz aus verschiedenen Perspektiven. Unter anderem wird in den Vorträgen der Frage nachgegangen, welche Haftungsfragen es bei den Entwicklungen künstlicher Intelligenz geben kann, wie vielversprechend  KI-geleitete Kriminalanalyse ist und ob es  …

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EuGH bestätigt die Bedenken des LVwG Steiermark hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen bei Arbeitskräfteüberlassung

Das LVwG Steiermark hegte berechtigte Zweifel an der Vereinbarkeit der Strafbestimmungen des AVRAG im Zusammenhang mit der Arbeitskräftüberlassung, entschied der EuGH im Vorabentscheidungsverfahren.

Auch wenn den Gerichten ein gewisser Ermessensspielraum bei der Strafbemessung eingeräumt wird, wird dieser jedoch durch das Zusammenspiel von Kumulationsprinzip, strafsatzändernden Umständen und hohen Mindeststrafen so stark eingeschränkt, dass sich selbst bei Verhängung der niedrigsten möglichen Strafe eine sehr hohe Gesamtstrafe ergibt. Dies ist mit dem unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen nicht vereinbar.

Weiters wollte das vorlegende Gericht wissen, ob die Möglichkeit der Verhängung einer mehrjährigen Ersatzfreiheitsstrafe im Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe für ein fahrlässig begangenes Verwaltungsdelikt mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang steht. Schließlich wurde auch der Beschwerdekostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe für den Fall der Abweisung der Beschwerde gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG in Frage gestellt. Auch diese Bedenken teilt der Gerichtshof.

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„App-Based Companies“: Kalifornien revolutioniert Arbeitsrecht

Kalifornien hat den Weg für ein Gesetz geebnet, das Folgen weit über den US-Bundesstaat hinaus haben könnte: Fahrdienstvermittler wie Uber und Essenszustelldienste müssen ihre Vertragsarbeiter künftig als Angestellte behandeln und ihnen alle entsprechenden Absicherungen zukommen lassen. Die Gig-Economy ist erschüttert.

Die Gesetzesvorlage „Assembly Bill 5“ wurde von der demokratischen Abgeordneten Lorena Gonzalez eingebracht und von Gouverneur Gavin Newsom unterstützt – mit 29 zu elf Stimmen nahm der Senat die Vorlage an. Das Gesetz, das mit Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten soll, würde das bisherige Geschäftsmodell derartiger Firmen nachhaltig umkrempeln – beziehungsweise gefährden.

Es besagt, dass Arbeiternehmer und Arbeitnehmerinnen als Angestellte eines Unternehmens im Sinne des staatlichen Lohngesetzes einzustufen sind, wenn der Arbeitgeber Kontrolle über ihre Arbeit und ihre Leistung ausübt oder sie integraler Bestandteil seines Geschäfts sind.

Hunderttausende Betroffene

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Polnische Richter im Visier von Internet-Trollen

Eine Trollfabrik in Polen scheint Personaldaten von politisch unliebsamen Richtern direkt aus dem Justizministerium bekommen zu haben

Es fängt mit übler Nachrede an. Dann verbreitet das nationale Fernsehen die Verleumdungen. Und am Ende kommt der Staatsanwalt, der das ‚empörte Volk‘ repräsentiert“, berichtet Katarzyna Kałwak, eine Richterin aus dem oberschlesischen Olesno. Sie ist eine von vielen polnischen Richterinnen und Richtern, die Opfer einer Hetzkampagne aus dem Justizministerium wurden. „Das Schlimmste kommt mit der Angst“, bekennt der Posener Richter Bartłomiej Przymusiński. „Wenn die Richter anfangen, sich zu fürchten, ist das der Anfang vom Ende.“

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Verkehrsrecht: Deutsche Gerichte bezweifeln Beweiskraft von Geschwindigkeitsmessungen

Logo-der_spiegel.svgSeit Einführung von mobilen Lasergeräten zur Geschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr wird in Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten immer wieder bemängelt, dass eine nachträgliche Überprüfung der Messerergebnisse technisch nicht möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof in Österreich hat dieses Vorbringen bis dato nicht aufgegriffen.

Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip?

In Deutschland sorgt jetzt eine Entscheidung des Landesverfassungsgericht des Saarlandes für Aussehen: Demnach sind Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr nur dann gerichtlich verwertbar, wenn die eingesetzten Messgeräte die sogenannten Rohmessdaten abspeichern und sich damit das Ergebnis überprüfen lässt. Das ist aber offenbar bei einem Großteil der eingesetzten „Blitzer“, vor allem bei modernen Lasergeräten, nicht der Fall.

Nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten verstößt beim Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung die fehlende Prüfmöglichkeit „gegen das Rechtsstaatsprinzip“. Auch andere Gerichte habe nach Medienberichten das Ergebnis der Messung in diesen Fällen als „unverwertbar“ erklärt und die Verfahren eingestellt.

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Die Unabhängigkeit der Richter und der Justiz ist bedroht

Kommentar von Dunja Mijatović, Menschenrechtskommissarin des Europarates (Arbeitsübersetzung)

Die Unabhängigkeit der Justiz unterstützt die Rechtsstaatlichkeit und ist für das Funktionieren der Demokratie und die Achtung der Menschenrechte von wesentlicher Bedeutung. Das Grundrecht auf ein „faires Verfahren“ durch ein „unabhängiges und unparteiisches Gericht“ ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in zahlreichen nationalen und internationalen Rechtstexten verankert. Wir sehen dieses Recht seit langem ohne größere Hindernisse angewendet und wird dies auch in vielen Mitgliedstaaten des Europarats weiter so blieben. Aber wir sehen jedoch immer mehr und beunruhigendere Versuche der Exekutive und der Legislative, ihren Einfluss geltend zu machen, um so die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben.

Seit Beginn meiner Amtszeit beschäftige ich mich mit Fragen der Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz. Ich habe diese Fragen in vier der neun Länder, die ich bisher besucht habe, in Angriff genommen. In meinem Bericht über Ungarn im vergangenen Februar habe ich nach einem Besuch im Februar Bedenken über die Auswirkungen einer Reihe legislativer Maßnahmen in den 2010er Jahren auf die Befugnisse und die Unabhängigkeit der Justiz in dem Land geäußert. Ich wies nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die Kontrolle und Gegenkontrolle („checks and balances“) in der Justizverwaltung zu beachten und warnte vor dem Risiko ihrer Politisierung. Meine wichtigste Empfehlung war die Stärkung der kollektiven gerichtlichen Selbstverwaltung.

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Dachverband (DVVR) fordert Neufassung der Verfahrenshilfe in Verwaltungsstrafsachen (einschließlich Finanzstrafsachen)

Mit der aktuellen Novelle zum VStG und VwGVG (BMVRDJ-601.468/0005-V 1 2019) sollen die Richtlinie 2016/800/EU über Verfahrensgarantien in Strafsachen für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, sowie die Richtlinie 2016/1919/EU über Prozesskostenhilfe für verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls umgesetzt werden.

In seiner Stellungnahme stellt der Dachverband dazu fest, die Novelle sollte zum Anlass genommen werden, die Verfahrenshilfe in Verwaltungsstrafsachen (einschließlich Finanzstrafsachen) neu zu fassen, da eine Versagung von Verfahrenshilfe in Verwaltungsstrafsachen (einschließlich Finanzstrafsachen) wegen Mutwillens oder offenbarer Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, weder mit Art 6 Abs. 3 EMRK noch Art. 47 und Art. 48 Abs. 2 EU-GRC (Art. 52 Abs. 3 EU-GRC) im Einklang stehe.

Schließlich bedauert der Dachverband der Verwaltungsrichter, dass die Novelle nicht zum Anlass genommen wurde, umfangreichere Änderungen des Verfahrensrechts, wie sie der Dachverband bereits vor bald zwei Jahren in seinem Forderungspapier (AGENDA VG 2022) für die noch laufende Legislaturperiode aufgelistet hatte, in Angriff zu nehmen.

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LVwG Burgenland: Gesetzesnovelle zur Präsidentenauswahl ignoriert europäische Standards

Nachdem die Kür der Büroleiterin von Ex-Landeshauptmann Niessl zur Präsidentin des Landesverwaltungsgerichts Burgenland gescheitert war, wird jetzt mit einem neuen Gesetz ein neuer Anlauf unternommen. Die Gelegenheit, mit dieser Gesetzesnovelle die Ernennungsvoraussetzungen und das Bestellungsverfahren den europäischen Standards anzupassen, wurde nicht genützt.

Weiter politische Ernennung von „Nicht-Richtern“ zu Gerichtspräsidenten möglich

Das „Consultative Council of European Judges“ des Europarates hat in seiner Stellungnahme vom 29. März 2019 Feststellungen getroffen, die für alle Verwaltungsgerichte in Österreich von Bedeutung sind. Das Expertengremium vermisst eine saubere Trennung zwischen der Landesregierung und dem Gericht, das die Rechtmäßigkeit der Verwaltung kontrollieren soll, und kritisierte, dass der Präsident im freien Ermessen und ohne richterliche Mitwirkungsmöglichkeit von der Landesregierung bestellt wird.

Als wichtig für die Unabhängigkeit der Gerichte wird angesehen, dass die Richter unabhängig von der Exekutive und der Legislative vorzugsweise von einem Justizrat bestellt werden. Gerügt wird auch der Umstand, dass der Präsident nicht auf dieselbe Weise bestellt wird wie die Mitglieder des Gerichtes, zu deren Ernennung bereits bestellte Richter Vorschläge erstatten. Auch wäre es nach Ansicht des Expertenrats von Vorteil, wenn der Präsident bereits vor seiner Bestellung Rechtsprechungserfahrung gesammelt hat.

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„Das Recht auf intakte Umwelt ist das Recht auf ein gutes Leben“

Umweltsünder sind meist die Reichen – aber es sind weltweit die Armen, die unter der Verschmutzung leiden. Eine Anwältin kämpft in Bangladesch für Umweltgerechtigkeit Die Folgen der Klimakatastrophe sind kaum wo so deutlich spürbar wie in Bangladesch. Die Anwältin Rizwana Hasan, 51, leitet dort den Verein der Umweltanwälte Bangladeschs, der Klagen im öffentlichen Interesse einreicht. …

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Wieso erfolgreiche Klimaklagen vereinzelt sind

In den Niederlanden haben eine Umweltschutzorganisation und Bürger die weltweit erste Klimaklage betrieben, die bereits in zwei Instanzen erfolgreich war. Dabei hat die besondere Lage des Landes eine Rolle gespielt.

Nun wird es also auch in Österreich eine Klimaklage geben: Greenpeace Österreich hat angekündigt, im Herbst eine solche gegen die österreichische Bundesregierung einbringen zu wollen.

Was genau wird nun unter „Klimaklagen“ verstanden? Üblicherweise werden damit Klagen von Individuen gegen Regierungen gemeint. Aktuell ist auch eine Klimaklage gegen Rat und Parlament der EU auf europaweit strengere Treibhausgasbeschränkungen eingebracht. Manchmal wird der Ausdruck auch auf Klagen gegen Unternehmen wie Öl- oder Energiekonzerne ausgeweitet.

Klagen gegen Regierungen bzw. die EU sollen Staaten dazu motivieren, ihre in völkerrechtlichen Verträgen, wie dem Kyoto-Protokoll oder dem Pariser Übereinkommen, vereinbarten Verpflichtungen zum Klimaschutz einzuhalten. Dies ist juristisch nicht einfach, da völkerrechtliche Verträge in der Regel keine subjektiven Rechte verleihen, also von Individuen nicht direkt eingeklagt werden können. Daher wird – formal betrachtet – bei Klimaklagen immer ein nationales Grund- oder Menschenrecht, wie das Recht auf Leben oder das Recht auf Eigentum, eingeklagt, dessen Schutzbereich nunmehr allerdings durch völkerrechtliche Klimaverträge näher definiert wird. So wird argumentiert, dass das Recht auf Leben von Staaten, welche nicht ausreichend gegen den Klimawandel agieren, nicht vollständig eingehalten wird. Durch diese Weiterinterpretation der nationalen Grundrechte durch internationales Klimaschutzrecht werden die Inhalte des Klimavölkerrechts vor nationalen Gerichten überprüfbar.

Höchstgericht noch am Wort

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