Judikatur VwGH / Versammlungsgesetz: Keine Zuständigkeit für eine Amtsrevision gegen das  Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts , welches den Kernbereich der Grundrechte betrifft

Unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung verneint der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit für Fragen des Eingriffs in den Kernbereich der Grundrechte (hier: Versammlungs- und Vereinsfreiheit) auch dann, wenn diese Fragen im Wege der Amtsrevision einer Behörde gegen eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts an ihn herangetragen wurden.

Dies betrifft auch verfahrensrechtliche Fragen, welche im Zusammenhang mit einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts stehen, welche den Kernbereich der Versammlungs- oder Vereinsfreiheit zum Inhalt hat. Der Umstand, dass einer Behördenpartei das Beschwerderecht an den Verfassungsgerichtshof nicht zukommt, ändere nichts daran, dass die diesbezügliche Prüfungsbefugnis alleine dem Verfassungsgerichtshof zukomme.

Amtsrevision bieten keinen Anlass für Änderung der Rechtsprechung

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Verwaltungsgericht Wien fürchtet drohende Überlastung; Organisationsänderungen gefordert

Mit einem eindringlichen Appell fordert die Personalvertretung des Gerichtes von der Wiener Landesregierung dringende Maßnahmen, da das Verwaltungsgericht Wien nicht nur an seinen Kapazitätsgrenzen angelangt ist, sondern diese bereits überschritten sind.

Zahl offener Verfahren steigt trotz hoher Erledigungszahlen 

Im Tätigkeitsbericht für das Jahr 2020 hatte das Verwaltungsgericht bereits darauf hingewiesen, dass sich der Personalmangel weiter verschärft hat und selbst die hohe Motivation aller Bediensteten nicht mehr verhindern könne, dass Verhandlungen nicht in gebotenem Ausmaß durchgeführt werden können oder die Bediensteten durch die fortdauernde Überlastung „ausbrennen“. Es wurde daher – auch zur Vermeidung negativer Rückkopplungen auf den Wirtschaftsstandort Wien – die Zuteilung der bereits beantragten Dienstposten für nichtrichterliches Personal, die rasche Nachbesetzung offener Richterplanposten sowie deren Aufstockung als unerlässlich erachtet.

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Rechtstaatlichkeit: EU-Kommission bestätigt Reformbedarf der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit

Die EU-Kommission greift im Rechtsstaatsbericht zu Österreich eine Reihe von Kritikpunkten auf, auf die der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) hingewiesen hatte.

Nach dem in der letzten Woche veröffentlichen Rechtsstaatsbericht der EU-Kommission besteht in Österreich ein gleichbleibend hohes Maß an Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz. Ungeachtet dessen bleiben auch die aufgezeigten Defizite nahezu die selben: Dazu zählt auch die überfällige Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Keine verbindlichen Besetzungsvorschläge für Richterposten, kein Beschwerderecht übergangener Bewerber 

Der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) hatte in seinem Forderungsprogramm „AGENDA2022“ bereits im Jahr 2017 festgehalten, dass das im Bundesverfassungsgesetz enthaltene Selbstergänzungsrecht der Verwaltungsgerichte als Meilenstein zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte zu betrachten ist. Aus dieser Überlegung heraus und um dem Vorwurf politisch motivierter Richterernennungen wirksam entgegen treten zu können, wurde daher – nach dem Vorbild des Verwaltungsgerichtshofs – die Verbindlichkeit der Besetzungsvorschläge der Personalsenate (Personalausschüsse) der Verwaltungsgerichte gefordert.

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LVwG Steiermark: „Push-back“ von Migranten nach Slowenien für rechtswidrig erklärt

In der beim Landesverwaltungsgericht Steiermark eingebrachten Maßnahmen-Beschwerde war vorgebracht worden, der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsbürger, sei ohne Reisdokument in der Nähe der Österreich-Slowenischen-Grenze auf österreichischem Bundesgebiet angetroffen und festgenommen worden.  Er hätte gegenüber verschiedenen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes das englische und das französische Wort für „Asyl“ verwendet und habe damit ausreichend zu verstehen gegeben, Schutz vor Verfolgung zu benötigen. Es sei kein Verfahren zur Prüfung des Antrages auf Asyl eingeleitet worden, sondern sei der Beschwerdeführer nur wenige Stunden nach der Einreise nach Slowenien abgeschoben worden.

Obwohl sich der Beschwerdeführer während der gesamten Amtshandlung ruhig und kooperativ verhalten und den Anweisungen der Polizeibeamten Folge geleistet habe und kein Anlass zur Vermutung vorgelegen sei, dass der Beschwerdeführer gefährlich ist, sei der Beschwerdeführer zum vollständigen Ausziehen aufgefordert und der unbekleideten Körper des Beschwerdeführers durchsucht worden.

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Novelle zum Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

Nachdem eine von ÖVP und Grünen beantragte Novellierung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes und des Verwaltungsgerichtshofgesetzes vorerst nur Klarstellungen und redaktionelle Korrekturen enthielt, brachten die Koalitionsparteien im Plenum dazu einen bereits angekündigten Abänderungsantrag ein, mit dem einem Erkenntnis des VfGH Rechnung getragen werden soll.

Der Verfahrenshilfeantrag ist nun gem. § 8a Abs. 3 VwGVG bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde und ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Ein ab der Vorlage der Beschwerde vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an das Verwaltungsgericht bei der Behörde gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungsgericht gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen.

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Praxis-Leitfaden für Gerichtsverhandlungen über Video

Ein vom CEELI-Institut in Prag veröffentlichter Leitfaden spiegelt die seit Beginn der Corona-Pandemie von Richterinnen und Richtern in der praktischen Anwendung von Videoverhandlungen gewonnenen Erkenntnisse wider.

Ziel des Leitfadens ist es, auf Basis der bisherigen Erfahrungen und der aktuellen technologischen Entwicklungen realistische Lösungen für die Praxis anzubieten, da davon auszugehen ist, dass Videoverhandlungen zukünftig einen integralen Bestandteil richterlicher Tätigkeiten bilden werden. Hier ein Überblick:

Vorbereitung der Verhandlung

Wesentliche Voraussetzung für die Verwendung der neuen Technologien ist eine entsprechende Schulung von Richterinnen und Richtern sowie des Gerichtspersonal. Idealerweise sollte die Vorbereitung einer Videoverhandlung nicht Aufgabe der Richterinnen und Richtern sein, sondern durch IT-Experten oder Gerichtsbediensteten erfolgen. Dazu zählt die Kontaktaufnahme mit den Teilnehmern und auch das Angebot, die Verbindung vor Beginn der Anhörung zu testen, eingeschlossen Testgespräche.

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Judikatur VfGH / Verfahrensrecht: Zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes hat die Ausfertigung verkündeter Erkenntnisse möglichst zeitnah zu erfolgen

Eine Zeitspanne von 17 Monaten, die zwischen der mündlichen Verkündung einer Entscheidung und deren schriftlicher Ausfertigung liegt, widerspricht den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher Entscheidungen (VfGH 10.03.2021, E 2059/2020 ua).

Rechtswirkungen der Verkündung 

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts wird mit der mündlichen Verkündung die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes rechtlich existent, wenn sowohl der Inhalt einer Entscheidung als auch die Tatsache ihrer Verkündung in der Niederschrift festgehalten werden.

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Deutschland: Infektionsschutzgesetz schaltet Rechtsschutz durch Verwaltungsgerichte aus

Willkür, Nichtachtung der Justiz und Dauerlockdown: Jens Gnisa, bis 2019 Vorsitzender des Deutschen Richterbundes und jetzt Direktor des Amtsgerichtes Bielefeld in Nordrhein-Westfalen, attackiert in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes.

Gerichte bezweifeln Wirksamkeit von Ausgangssperren 

„Man sieht mich selten fassungslos. Aber nun ist es so weit“, schreibt der auf seiner Facebook-Seite. Er sei „entsetzt“, die Pläne des Bundes hätten „mit meinem Demokratieverständnis nichts mehr zu tun“. Bundeskanzlerin Angela Merkel plant mit dem neuen Gesetz unter anderem, ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen in ganz Deutschland die sogenannte Notbremse durchzusetzen.

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Judikatur VfGH / Epidemiegesetz: Zuständigkeit der Bezirksgerichte bei Quarantäne verfassungswidrig

Der Verfassungsgerichtshof folgt der Auffassung des Obersten Gerichtshofs und hebt die Zuständigkeitsbestimmung des § 7 Abs. 1a zweiter Satz Epidemiegesetz 1950 wegen der Verletzung des Bestimmtheitsgebots als verfassungswidrig auf.

Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Überprüfung der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung, welche durch Erlassung eines Absonderungsbescheides erfolgte, entstanden beim Obersten Gerichtshof Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 7 Abs. 1a Epidemiegesetz.

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Bundesfinanzgericht: Präsident/Präsidentin gesucht

Die seit mehr als einem Jahr vakante Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Bundesfinanzgerichts ist seit 20. März in der „Wiener Zeitung“ ausgeschrieben. Das Auswahlverfahren wurde trotz Verletzung europarechtlicher Standards und deutlicher Kritik aus Europa nicht geändert.

Auswahl und Ernennung der Präsidenten/Präsidentinnen der Verwaltungsgerichte ist alleinige Entscheidung der Regierungen

Bereits vor vier Jahren hatte „GRECO“ im sog. „Situation-Report“ empfohlen, für die Verwaltungsgerichte in Österreich eine strengere Formalisierung des Aufnahmeverfahrens und eine stärkere Einbindung der Personalsenate vorzusehen, auch bei der Auswahl von Präsidenten und Vizepräsidenten. Die Besetzungsvorschläge sollten bindend sein. (Siehe dazu: „GRECO“ fordert für Verwaltungsrichter einheitliches Dienstrecht und verbindliche Besetzungsvorschläge)

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