Judikatur VfGH / Verfahrensrecht: Zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes hat die Ausfertigung verkündeter Erkenntnisse möglichst zeitnah zu erfolgen

Eine Zeitspanne von 17 Monaten, die zwischen der mündlichen Verkündung einer Entscheidung und deren schriftlicher Ausfertigung liegt, widerspricht den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher Entscheidungen (VfGH 10.03.2021, E 2059/2020 ua).

Rechtswirkungen der Verkündung 

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts wird mit der mündlichen Verkündung die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes rechtlich existent, wenn sowohl der Inhalt einer Entscheidung als auch die Tatsache ihrer Verkündung in der Niederschrift festgehalten werden.

Bereits an die Verkündung der Entscheidung knüpfen sich daher deren Rechtswirkungen. So kann die Entscheidung bereits nach der mündlichen Verkündung mit Beschwerde gemäß Art 144 B-VG angefochten werden, sofern mindestens ein hiezu Berechtigter einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung der Entscheidung gestellt hat.

Unabhängig von der Möglichkeit, die Entscheidung bereits nach der mündlichen Verkündung anzufechten, ist der Rechtsschutzsuchende in der Regel auf die – nähere und ausführliche – Begründung der Entscheidung in der schriftlichen Ausfertigung gemäß § 29 Abs 4 VwGVG angewiesen, um die Entscheidung auf Grund der maßgebenden Erwägungen gegebenenfalls mit einer Beschwerde gemäß Art 144 B-VG bekämpfen zu können.

Pflicht zu möglichst zeitnaher Ausfertigung

Aus der rechtsstaatlich gebotenen Pflicht zur Begründung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen folgt daher im Zusammenhang mit der Regelungssystematik des § 29 VwGVG auch die Pflicht zu einer möglichst zeitnahen schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung, weil andernfalls dem Rechtsschutzsuchenden effektiver Rechtsschutz verwehrt sein könnte, was rechtsstaatlichen Anforderungen an die Erlassung gerichtlicher Entscheidungen widerspricht.

Da im Beschwerdefall zwischen der der mündlichen Verkündung und der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidungen ein Zeitraum von mehr als 17 Monate gelegen war und auch keine besonderen Umstände hervorgekommen sind, welche diese Verzögerung rechtfertigen könnten, war die Verletzung der Pflicht zu einer möglichst zeitnahen schriftlichen Ausfertigung der Entscheidungen gegeben.

Hier geht’s zum Erkenntnis …

Siehe dazu auch: Behörden sind zur unverzüglichen Umsetzung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes verpflichtet, auch wenn die schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses noch nicht ergangen ist

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