Judikatur VwGH / Versammlungsgesetz: Keine Zuständigkeit für eine Amtsrevision gegen das  Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts , welches den Kernbereich der Grundrechte betrifft

Unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung verneint der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit für Fragen des Eingriffs in den Kernbereich der Grundrechte (hier: Versammlungs- und Vereinsfreiheit) auch dann, wenn diese Fragen im Wege der Amtsrevision einer Behörde gegen eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts an ihn herangetragen wurden.

Dies betrifft auch verfahrensrechtliche Fragen, welche im Zusammenhang mit einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts stehen, welche den Kernbereich der Versammlungs- oder Vereinsfreiheit zum Inhalt hat. Der Umstand, dass einer Behördenpartei das Beschwerderecht an den Verfassungsgerichtshof nicht zukommt, ändere nichts daran, dass die diesbezügliche Prüfungsbefugnis alleine dem Verfassungsgerichtshof zukomme.

Amtsrevision bieten keinen Anlass für Änderung der Rechtsprechung

Im Anlassfall hatte die LPD Wien, die von einer politischen Partei (FPÖ) angezeigte Versammlung auf Grundlage der 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung untersagt. Begründend wurde ausgeführt, nach Durchführung einer Interessenabwägung im Lichte der Versammlungsfreiheit sei dem Interesse des Schutzes der Gesundheit höheres Gewicht beigemessen worden als dem Interesse des Veranstalters an der Abhaltung der Versammlung und den Interessen der Teilnehmer an deren kollektiven Meinungskundgabe. Im Hinblick auf Art. 11 Abs. 2 EMRK sei die Untersagung der angezeigten Versammlung zum Schutz der Gesundheit notwendig gewesen.

Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgericht Wien behoben und die Feststellung getroffen, dass die Untersagung zu Unrecht erfolgt sei. Eine Revision wurde für unzulässig erklärt.

Gegen diese Erkenntnis richtete sich die Amtsrevision der Landespolizeidirektion Wien, in der neben verfassungsrechtlichen Erwägungen zur Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Verfassung- und Verwaltungsgerichtshof u.a. gerügt wird, das Verwaltungsgericht Wien habe es auch unterlassen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Dass die Amtsrevisionswerberin auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet habe, ändere im Hinblick auf den Verhandlungsantrag der mitbeteiligten Partei und die Erforderlichkeit zur Wahrung des Parteiengehörs nichts.

Der Verwaltungsgerichtshof stellte dazu fest, die von der Amtsrevision vorgetragenen Argumente bieten keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen.

Hier geht’s zur Entscheidung …

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