LVwG Steiermark: „Push-back“ von Migranten nach Slowenien für rechtswidrig erklärt

In der beim Landesverwaltungsgericht Steiermark eingebrachten Maßnahmen-Beschwerde war vorgebracht worden, der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsbürger, sei ohne Reisdokument in der Nähe der Österreich-Slowenischen-Grenze auf österreichischem Bundesgebiet angetroffen und festgenommen worden.  Er hätte gegenüber verschiedenen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes das englische und das französische Wort für „Asyl“ verwendet und habe damit ausreichend zu verstehen gegeben, Schutz vor Verfolgung zu benötigen. Es sei kein Verfahren zur Prüfung des Antrages auf Asyl eingeleitet worden, sondern sei der Beschwerdeführer nur wenige Stunden nach der Einreise nach Slowenien abgeschoben worden.

Obwohl sich der Beschwerdeführer während der gesamten Amtshandlung ruhig und kooperativ verhalten und den Anweisungen der Polizeibeamten Folge geleistet habe und kein Anlass zur Vermutung vorgelegen sei, dass der Beschwerdeführer gefährlich ist, sei der Beschwerdeführer zum vollständigen Ausziehen aufgefordert und der unbekleideten Körper des Beschwerdeführers durchsucht worden.

Teilweise methodische Anwendung unzulässigen Zurückschiebens an der Grenze

Das LVwG Steiermark erklärte die Zurückweisung des Beschwerdeführers an der Grenzübergangsstelle durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das völlige Entkleiden im Rahmen der Durchsuchung des Beschwerdeführers für rechtswidrig.

Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, die in der Grenzkontrollstelle anwesenden Sicherheitsorgane hätten „jedenfalls das hörbare Verlangen nach Asyl wahrnehmen müssen“. Auch sei durch die Art und Weise der Personendurchsuchung in die Intimsphäre des Beschwerdeführers eingegriffen worden. Obwohl er sich während der gesamten Amtshandlung ruhig und kooperativ verhalten hatte, musste sich der 21-Jährige in einem einsehbaren Raum vor den Behörden vollständig entkleiden. Das sei „jedenfalls unverhältnismäßig“ gewesen und stelle einen „gravierenden Eingriff in die individuelle Persönlichkeitssphäre laut Europäischer Menschenrechtskonvention (EMRK)“ dar.

Aus dem geschilderten Verfahrensablauf – dass etwa die Polizisten die Geflüchteten nicht gefragt haben, was diese in Österreich wollten, dem Negieren des Wortes „Asyl“ sowie der Zurückweisung, weil keine Ausweispapiere vorhanden waren – kam das Gericht weiters zum Schluss, dass das unzulässige Zurückschieben an der Grenze in Österreich teilweise methodisch Anwendung findet.

Nach einem Bericht im „Standard“ lässt sich der Umstand, dass die slowenische Polizei die Zurückgewiesenen offensichtlich ohne nähere Befragung übernommen hat, mit der darauffolgenden Kettenabschiebung nach Kroatien und letztendlich nach Bosnien und Herzegowina begründen. Slowenische NGOs hätten im November 2020 gegenüber dem STANDARD erklärt, dass bei ihnen laufend Migranten auftauchen, die von solchen Zurückweisungen durch die österreichische Polizei berichten.

Dazu den Beitrag im Standard lesen …

Hier geht’s zur Entscheidung des LVwG Steiermark …

Richtlinienbeschwerde stattgegeben

Das LVwG Steiermark hat auch der Richtlinienbeschwerde des zurückgeschobenen Beschwerdeführers stattgegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch die Amtshandlung in seinem Recht auf Achtung der Menschenwürde (§ 5 Abs 1 Richtlinien-Verordnung – RLV) und dem Recht auf ausreichende Dokumentation (§ 10 RLV) verletzt wurde.

Hier geht’s zur weiteren Entscheidung des LVwG Steiermark …

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