Abschiebung straffälliger Asylwerber – Lücke im Fremdenrecht ?

Schwerpunkt Migration

Hannes Tretter, Leiter des Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte in Wien, nimmt in einem Beitrag in der „Presse“ Stellung zur aktuellen Diskussion über die Abschiebung straffällig gewordener Asylwerber.

„Staat muss öffentliche Sicherheit schützen“

Wenn konkrete Sicherheitsinteressen der Bevölkerung gefährdet sind, Asylanträge nicht rasch genug bewältigt werden können oder Flüchtlinge während des Verfahrens abtauchen, seien das Probleme, die ernst zu nehmen sind, so Tretter. Die aber den Staat nicht zum Zuschauen zwingen: „Die EMRK erlaubt es, auf Entwicklungen und Ereignisse zu reagieren, die öffentliche Interessen gefährden sowie Rechte und  Freiheiten von Menschen beeinträchtigen“, sagt Tretter. „Denn der Staat hat eine grundrechtliche Gewährleistungspflicht der gesamten Bevölkerung gegenüber; so muss er dafür sorgen, dass sie sich möglichst sicher im öffentlichen Raum bewegen kann, und darf dabei auch die Rechte und Freiheiten anderer beschränken.“

Tretter erläutert das anhand von Fällen, in denen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschränkungen der Freizügigkeit von Strafverdächtigen geprüft hat. Dabei ging es durchwegs um Inländer der jeweils geprüften Staaten – Asylwerber, dürfen laut Genfer Flüchtlingskonvention aber nicht schlechter behandelt werden als Inländer.

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Chinas „smarte“ Justiz oder wie Persönlichkeitsrechte außer Kraft gesetzt werden

Bis 2020 testet die chinesische Regierung in 43 Kommunen ein ausgefeiltes Sozialkreditsystem. Mit Punktabzug, öffentlichen Demütigungen oder Pluspunkten wird damit über die berufliche Zukunft, den Zugang zu Bildung und Krediten oder die individuelle Reisefreiheit entschieden. (Siehe dazu: Der dressierte Mensch, „Le monde  diplomatique“ Jänner 2019)

Laut einem Bericht im „Standard“ ist China auch dabei, seinen Plan, „alle Personen zu vernetzen“, auf die nächste Stufe zu heben: Das Ziel sei, „alle Personen mit allem“ zu vernetzen, steht im neuen „Entwicklungsbericht 2018 zur Digitalisierung des chinesischen Justizwesen“. Dabei setzt es auf die Kombination und Anwendung von Internet Plus, „Big Data“, „Cloud“ und künstlicher Intelligenz. Das Land habe anfangs keine führende Rolle dabei gespielt. „Nun überholt es die frühen Vögel.“ Bis 2020 werde Chinas Justizwesen auf „smarten Gerichten“ aufbauen.

Schon beim Datenschutz ist es vom Rechtsstaat weit entfernt. Der ist auch kein Thema bei der Präsentation. Der Bericht verlangt nach mehr „Big Data als Kernressource der Digitalisierung“. Es sei eine „praktische Notwendigkeit, dass sich unterschiedliche Plattformen, Netzwerke, Abteilungen und Gerichte Daten teilen und effizient zusammenarbeiten“.

Schwarze Listen für Sünder

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Österreich auf dem Weg zum digitalen Amt

Österreich solle „eine führende Nation“ im Bereich der digitalen Verwaltung werden, sagt Bundeskanzler Kurz. Denn diese sei ein Motor für die Entwicklung des Landes. Die Digitalisierung der Verwaltung sei ein Motor für die Entwicklung des Landes. „Die Verwaltung ist nicht alles, aber ein wesentlicher Bestandteil.“ Ziel sei es, dass „das digitale Amt auf allen Ebenen zum Einsatz kommt“.

Es ist allerdings nicht so, dass die öffentliche Verwaltung das Internet gerade erst entdeckt. Rund 6.000 elektronische Formulare können bereits über die staatliche Serviceseite Help.gv.at abgerufen werden. Ab März wird diese in Oesterreich.gv.at umbenannt und das Angebot noch ausgeweitet. Neu kommt etwa die Möglichkeit dazu, sich Behördengänge nach der Geburt eines Kindes zu ersparen.

Recht auf elektronische Kommunikation ab 2020

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OGH-Präsidentin Lovrek: „Gesetze sind nicht kreativ auslegbar“

Elisabeth Lovrek, neue Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, sieht das Höchstgericht als Leuchtturm der Rechtsprechung, wundert sich über politische Vorgänge und sieht keine Sorgfaltspflicht amerikanischen Stils.

Die Wiener Zivilrichterin Elisabeth Lovrek (60) war seit 2015 Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH) und steht diesem seit Juli 2018 vor. Im Zuge ihres ersten Tirol-Besuchs sprach sie mit der TT.

Die Justiz scheint in Österreich immer unruhigere Zeiten zu erleben. Nach immer neuen Einsparungen, den Turbulenzen in der BVT-Affäre postuliert nun Innenminister Herbert Kickl, dass „das Recht der Politik und nicht die Politik dem Recht zu folgen“ habe. Eine gezielte Provokation?

Elisabeth Lovrek: Sagen wir es so. Jedes Schulkind und auch der Innenminister weiß, dass man Gesetze mit Mehrheiten im Nationalrat ändern kann. Da dies so eine Binsenweisheit ist, wollte er das wohl nicht mitteilen. Versteht man die Aussage als Aufforderung an Vollziehung und Rechtsprechung, Gesetze auf Zuruf der Politik auszulegen, ist sie rechtsstaatlich äußerst problematisch. Geltende Gesetze sind zu befolgen, sie sind nicht nach den Wünschen der Politik kreativ auslegbar.

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Datenschutz-Grundverordnung (2): Zivilgerichte für Datenschutz unzuständig?

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (LGfZRS) hat sich laut „Standard“ für die Klage des Datenschutzaktivisten Max Schrems gegen Facebook für unzuständig erklärt.

Nach Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des neuen Datenschutzgesetzes in Österreich sei nur noch die Datenschutzbehörde (DSB), nicht aber normale Gerichte für Datenschutzsachen zuständig, begründete das Gericht.

EuGH: Landesgericht Wien ist zuständig

Die Zulässigkeit der 2014 eingebrachten Klage beschäftigte bereits das Landesgericht Wien, das Oberlandesgericht (OLG) Wien, den Obersten Gerichtshof (OGH) und sogar den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Im Jänner 2018 entschied der EuGH, dass Schrems zwar keine „Sammelklage“ einbringen dürfe, aber das Landesgericht Wien für seine eigenen Ansprüche zuständig sei, da er Facebook rein privat als Verbraucher nutze.

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Datenschutz-Grundverordnung (1): Google geht gegen französische Millionenstrafe in Berufung

Wegen mangelnder Transparenz hat die französische Datenschutzbehörde Google zu einer Strafe von 50 Millionen Euro verdonnert. Die will der Konzern nicht hinnehmen. Jetzt muss Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht, der Staatsrat in Paris, über die Rechtmäßigkeit der Millionenstrafe entscheiden.

Die französische Datenschutzbehörde CNIL hatte eine Verletzung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) festgestellt. Es war die erste größere Strafe im Zusammenhang mit der seit Ende Mai 2018 greifenden DSGVO.

Unter anderem bemängelte die CNIL, dass Google seine Nutzer nicht „klar und verständlich“ über die Nutzung ihrer persönlichen Daten informiere. Die Informationen darüber seien über mehrere Dokumente verteilt und Nutzer müssten sich über Links und Buttons durchklicken. Zudem sei einiges unklar formuliert. Die DSGVO sieht unter anderem vor, dass Unternehmen Nutzer transparent über die Verwendung ihrer Daten informieren müssen.

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MAIFORUM 2019 – Save the date !

Das 25. Maiforum findet am Freitag, den 10. Mai 2019, am Bundesfinanzgericht in Wien statt. Die Veranstaltung wird dieses Jahr mit Unterstützung des Justizministeriums und EJTN als ganztägige internationale Konferenz durchgeführt. Sie soll einen Überblick über die unterschiedlichen europäischen Systeme der Auswahl und Ausbildung von Verwaltungsrichterinnen – und Richtern sowie deren berufliche Karrieren geben. Die …

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Haus der Geschichte Österreich

Im Rahmen einer exklusiven Führung, geleitet durch die Direktorin des Hauses, Monika Sommer, hatten die Mitglieder der Standesvertretung der Verwaltungsrichter nicht nur die Möglichkeit, einen Eindruck von dieser einzigartigen und wichtigen Institution, sondern auch interessante Hintergrundinformationen über die lange Entstehungunsgeschichte, die Realisierung  und das Konzept der Ausstellung zu bekommen.

Norbert Wilfert

Die Idee, der Geschichte der Republik Österreich ein Museum zu widmen, ist so alt wie die Republik selbst. Konkret wurden sie erstmals 1945, als Bundespräsident Karl Renner ein „Museum der Ersten und Zweiten Republik“ in der Hofburg aufbaute. Das pünktlich zum hundertsten Geburtstag der Republik öffnete  Haus der Geschichte ist das erste zeitgeschichtliche Museum der Republik und lädt zur Auseinandersetzung mit der ambivalenten österreichischen Geschichte, ausgehend von der Gründung der demokratischen Republik 1918, ein.

 

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Matejka: Wer Europäische Menschenrechtskonvention infrage stellt, stellt Rechtsstaat infrage

Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, hat am Donnerstag in der „ZiB 2“ des ORF die Aussagen von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zum Rechtsstaat scharf kritisiert. Kickl habe nicht nur das Legalitätsprinzip infrage gestellt, sondern auch die Menschenrechtskonvention. „Wer sie infrage stellt, stellt auch unseren Rechtsstaat infrage“, sagte sie und sah die Gefahr eines Angriffs auf den Rechtsstaat. (Siehe dazu:  „Recht muss Politik folgen, nicht Politik dem Recht“)

Die Kritik am Innenminister „teile nicht nur ich, sondern auch sehr, sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die über diese Äußerungen des Herrn Innenministers sehr empört und eigentlich schockiert waren“, sagte Matejka.  Kickl hatte im ORF-„Report“ am Dienstag angekündigt, Grundregeln wie die Menschenrechtskonvention hinterfragen zu wollen. Und er ergänzte: „Denn ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht.“

Vollziehung und Rechtsprechung nicht auf Zuruf der Politik

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Wenn der Klimawandel zur Fluchtursache wird

Laut einer aktuellen Studie besteht für die Jahre 2011 bis 2015 eine statistisch signifikante Beziehung zwischen Klimaereignissen, Konflikten und Flucht. 

Ein Forscherteam rund um den Volkswirt Jesús Crespo Cuaresma analysierte dazu Asylanträge aus 157 Ländern und verglich diese mit Klimabedingungen und Kriegstoten in den jeweiligen Herkunftsländern. „Die Studie macht deutlich, dass die wachsende Zahl an Dürreperioden und Wasserknappheit Konflikte und Krisen verstärken“, sagt Crespo Cuaresma.

Vor allem für die Zeit zwischen 2011 und 2015 würde es eine statistisch signifikante Beziehung zwischen Klimaereignissen, Konflikten und Flucht geben, sagt der Wissenschaftler. Das würde natürlich nicht ausschließen, dass es auch vor dieser Periode einen Zusammenhang zwischen den Phänomenen gab, dieser war jedoch „nicht systematisch“.

Syrienkrieg ging Dürreperiode voraus

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