Türkische Doppelstaatsbürger: VwGH zum Beweiswert des türkischen Personenstandregisters

In der dem Revisionsverfahren zugrunde liegenden Rechtssache hatte die Wiener Landesregierung festgestellt, dass die Betroffenen die österreichische Staatsbürgerschaft durch den (Wieder)Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit im Jahr 1987 verloren hätten. Die Behörde stützte ihre Entscheidung über den Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft auf den ihr vorliegenden Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister, in dem eine Doppelstaatsbürgerschaft vermerkt war.

Das Verwaltungsgericht Wien gab den dagegen erhoben Beschwerden statt und hob die angefochtenen Bescheide auf. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes hätten die Mitbeteiligten die türkische Staatsangehörigkeit nicht im Jahre 1987 wiedererworben. Dagegen erhob die Wiener Landesregierung Amtsrevision.

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Verwaltungsgericht Wien: Weitere Bestimmung des Organisationsgesetzes als verfassungswidrig aufgehoben

Das Land Wien muss nun schon zum dritten Mal (!) das Organisationsgesetz über des Verwaltungsgericht reparieren: Nachdem der Verfassungsgerichtshof die Bestimmungen über den Geschäftsverteilungsausschuss ebenso aufgehoben hat wie die weitreichenden Kompetenzen der Rechtspfleger erweist sich nun auch die Zusammensetzung des Disziplinarausschuss des Gerichtes als verfassungswidrig (G 29/2018-14 vom 14. Juni 2018).

Der Wiener Organisationsgesetzgeber hatte vorgesehen, dass nur einer der Richter dieses Ausschusses von der Vollversammlung gewählt wird, der Ausschussvorsitzende war vom Präsidenten bestimmt worden, ein Richter von der Personalvertretung in den Ausschuss entsendet worden. Diese Zusammensetzung wurde vom Disziplinarausschuss des Verwaltungsgerichtes Wien im Rahmen anhängiger Disziplinarverfahren selbst angefochten.

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EuGH: Keine Abschiebung vor Gerichtsentscheid

EU-Staaten dürfen abgelehnte Asylbewerber erst dann ausweisen, wenn ein Gericht über ihre Rechtsmittel entschieden hat.

Menschen, deren Antrag auf einen Flüchtlingsstatus abgelehnt wird, dürfen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem EU-Land bleiben, bis ein Gericht über ihren Einspruch entschieden hat. EU-Staaten müssten einen „wirksamen Rechtsbehelf“ mit aufschiebender Wirkung gewähren, entschied der EuGH diese Woche in Luxemburg (Rechtssache C-181/16).

Konkret ging es um einen Mann aus Togo, der 2011 in Belgien internationalen Schutz beantragt hatte. Die zuständige Behörde lehnte den Antrag 2014 ab und wies den Mann an, das Staatsgebiet zu verlassen. Der EuGH sollte prüfen, ob die Ausweisungsentscheidung vor Ausschöpfung des Rechtswegs legal ist.

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VwGH Judikatur / Auskunftspflicht: Grundsatzentscheidungen zum Auskunftsrecht, zur Säumnis und zur Erlangung eines Verweigerungsbescheides

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zwei Verfahren eine Klarstellung zu den Grenzen der Auskunftsverweigerung durch Behörden vorgenommen.

Vor allem gegenüber Medien seien Ausnahmen von der Auskunftspflicht eng auszulegen, so der Gerichtshof. Daher darf der Wiener Magistrat gegenüber einem recherchierenden Medium nicht pauschal die Antworten mit der Begründung verweigern, dass er bei einzelnen Vorgängen zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Weiters stellt der Gerichtshof fest, dass das Auskunftsrecht gegenüber Behörden auch den Zugang zu Dokumenten umfassen kann.

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Judikatur VwGH / Rechtsprechung zum Diskriminierungsverbot wird präzisiert

Im Revisionsfall war über eine Lokalbetreiberin  mit Straferkenntnis der BH Gmunden eine Geldstrafe verhängt worden, weil diese zwei „Postings“ auf der öffentlich einsehbaren Facebook-Seite des von ihr betriebenen Lokals veröffentlicht hatte, in denen ausdrücklich die Rede davon war, dass das Lokal „wieder asylantenfrei“ sei. Laut VwGH stellt dies eine mittelbare Diskriminierung dar und ist verboten.

Der gegen dieses Straferkenntnis an der LVwG Oberösterreich erhobenen Beschwerde wurde Folge gegeben und das Straferkenntnis behoben. Das Gericht führt dazu aus, den „Postings“ sei zu entnehmen, dass eine für alle Gäste geltende Eintrittsgebühr in das in Rede stehende Lokal eingeführt wurde. Da diese Eintrittsgebühr nicht nur von Asylsuchenden,  sondern von sämtlichen Gästen eingehoben und  jeder zahlenden Person der Eintritt gewährt worden sei, sei im Hinblick auf diese Vorgehensweise eine unmittelbare Diskriminierung nicht erkennen.

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Deutschland: Verwaltungsrichter auf Zeit sind mit der Verfassung vereinbar

In außergewöhnlichen Situationen, welche vorübergehend erhöhten Personalbedarf mit sich bringen,  dürfen Beamten auf Lebenszeit zu Richtern auf Zeit an den Verwaltungsgerichten erster Instanz ernannt werden.

Diese Entscheidung hat das  deutsche Bundesverfassungsgericht getroffen (Beschluss vom 22. März 2018, 2 BvR 780/16).

Die Möglichkeit Beamte zu Richtern auf Zeit (Mindestdauer zwei Jahre) zu ernennen, war mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 in die deutsche Verwaltungsgerichtsordnung aufgenommen worden (§ 17 und § 18 VwGO).

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Deutscher Bundesgerichtshof lässt Auto-Videos als Beweismittel zu

Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat die Aufnahmen sogenannter Dashcams als Beweismittel vor Gericht zur Klärung von Verkehrsunfällen für zulässig erklärt.

Die Aufnahmen verstießen zwar gegen das Datenschutzrecht – da aber Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen müssten, sei dies nachrangig. Das permanente Aufzeichnen bleibt dennoch unzulässig, die Richter verwiesen hier auf das Datenschutzgesetz. Diese Unzulässigkeit führt aber nicht dazu, dass die Bilder in Zivilprozessen nicht verwertet werden dürfen. Es sei immer eine Frage der Abwägung im Einzelfall.

In Österreich ist die Verwendung einer Dashcam an sich datenschutzrechtlich unzulässig“, so Martin Hoffer, Chefjurist des ÖAMTC.

Kameras sollen Aufnahmen selbst überschreiben

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Judikatur VfGH / Unterschiedliche Anrechnung von Vordienstzeiten rechtswidrig

Richterinnen und Richter der Verwaltungsgerichte in den Ländern, die vor ihrer Ernennung keine Landesbedienstete waren, sind in dienstrechtlicher Hinsicht häufig schlechter gestellt als ihre Kolleginnen und Kollegen aus der jeweiligen Landesverwaltung. Dies betrifft insbesondere die Anrechnung von Vordienstzeiten.

In einem Verfahren, welches den Anspruch eines Richters des Verwaltungsgerichtes Wien auf Gewährung eines Dienstjubiläums betraf, hat der Verfassungsgerichtshof nun ausgesprochen, dass es  unzulässig ist, bei der Anrechnung von Vordienstzeiten danach zu differenzieren, ob diese beim Bund, bei einem Land, bei einer Gemeinde oder bei einem Gemeindeverband zurückgelegt worden sind (VfGH 01.03.2018, V 109/2017).

Beschluss des Wiener Stadtsenates ist gesetzwidrig

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Judikatur VwGH / Parteistellung und Beschwerdelegitimation für Umweltorganisationen im Wasserrecht

Nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, mit dem ua Verpflichtungen aus der EU-Wasserrahmenrichtlinie (z.B. Verschlechterungsverbot) umgesetzt werden, kommt anerkannten Umweltorganisationen in wasserrechtlichen Verfahren keine Parteistellung zu; ihnen ist es nach der innerstaatlichen Rechtslage daher auch nicht möglich, die in solchen Verfahren ergangenen Bescheide vor den Landesverwaltungsgerichten in Beschwerde zu ziehen.

Diese Rechtslage erkannte der EuGH in den vom Verwaltungsgerichtshof angestrengten Vorabentscheidungsverfahren (Rechtssache C-664/15) als nicht unionsrechtskonform.

Einer nach den Voraussetzungen des nationalen Rechts ordnungsgemäß gegründeten und tätigen Umweltorganisation müsse vielmehr die Möglichkeit zustehen, einen Bescheid, mit dem möglicherweise gegen eine Verpflichtung aus der Wasserrahmenrichtlinie (z.B. Verschlechterungsverbot) verstoßen werde, vor den Landesverwaltungsgerichten anzufechten; wenn dieses Recht eine Parteistellung vor der Behörde voraussetze, dann komme einer solchen Umweltorganisation auch Parteistellung im behördlichen Verfahren zu.

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Asylverfahren: Bundesverwaltungsgericht revidiert 42 Prozent der Negativ-Bescheide

© APA/dpa/Uli Deck

Die Verwaltungsgerichte in Deutschland kassierten im Jahr 2017 fast die Hälfte der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf)  abgelehnten Asylbescheide.

Konkret gingen  44 Prozent aller Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, die inhaltlich entschieden wurden, zugunsten der Flüchtlinge aus.

Nach einem Bericht der Tageszeitung „Kurier“ ist die Situation in Österreich nahezu ident:  Vom österreichischen Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurden 42 Prozent der angefochtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) aufgehoben.  Das ergibt die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage.

Von 11.550 Asyl-Bescheiden des BFA, die angefochten wurden, hat das Bundesverwaltungsgericht als zweite Instanz 4900 aufgehoben oder abgeändert. Bei 4000 so genannten „Dublin-Verfahren“, also in Fällen, wo sich Österreich für nicht zuständig erklärt hat, entschied das BVwG 900 Mal anders. Bei 600 Beschwerden gegen Maßnahmen wie Schubhaft hat die zweite Instanz 200 Mal eingegriffen.

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