Türkische Doppelstaatsbürger: VwGH zum Beweiswert des türkischen Personenstandregisters

In der dem Revisionsverfahren zugrunde liegenden Rechtssache hatte die Wiener Landesregierung festgestellt, dass die Betroffenen die österreichische Staatsbürgerschaft durch den (Wieder)Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit im Jahr 1987 verloren hätten. Die Behörde stützte ihre Entscheidung über den Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft auf den ihr vorliegenden Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister, in dem eine Doppelstaatsbürgerschaft vermerkt war.

Das Verwaltungsgericht Wien gab den dagegen erhoben Beschwerden statt und hob die angefochtenen Bescheide auf. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes hätten die Mitbeteiligten die türkische Staatsangehörigkeit nicht im Jahre 1987 wiedererworben. Dagegen erhob die Wiener Landesregierung Amtsrevision.

In seiner Entscheidung wies der VwGH auf frühere Entscheidungen hin, nach denen es unmöglich ist, von türkischen Behörden von Amts wegen personenbezogene Auskünfte zu erhalten. Die Türkei hat das Übereinkommen über den Austausch von Einbürgerungsmitteilungen mit Wirksamkeit vom 30. September 2010 gekündigt. Informationen zur Staatsbürgerschaft können nur durch die betroffenen Personen beantragt werden. Einer amtswegigen Ermittlung stehen faktische (und auch rechtliche) Hindernisse entgegen.

Eintragungen im türkischen Personenstandsregister haben den Charakter einer öffentlichen Urkunde. Die Eintragungen und ihre Ausfertigungen bzw. „Auszüge“ gehören nach türkischem Recht zu den Strengbeweismitteln; sind jedoch dem Gegenbeweis zugänglich. Den Eintragungen im türkischen Personenstandsregister (und den Ausfertigungen bzw. „Auszügen“) kommt daher ein erheblicher Beweiswert zu.

Das Verwaltungsgericht hatte sich mit dem Eintrag der Wiedereinbürgerung – auf den sich die Behörde in ihrer Entscheidung stützte – im Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister nicht beschäftigt. Dass die Frage nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes nicht zu klären gewesen wäre, weil es ohnehin davon ausgehe, dass die Mitbeteiligten erst ab 2006 die türkische Staatsbürgerschaft verloren hätten, stellt eine Fehlbeurteilung dar.

Aufgrund des Beweiswertes des türkischen Personenstandsregisters hätte es eines Gegenbeweises zur Richtigkeit des – grundsätzlich vom Betroffenen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht beizuschaffenden – Auszuges aus dem türkischen Personenstandsregisters bedurft. Daher wurde der Revision Folge gegeben und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien behoben.

Hier geht’s zum Erkenntnis (Ra 2018/01/0094 vom 10. Juli 2018) …

Siehe dazu auch: Keine Behördendaten über Türkische Doppelstaatsbürger …

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