Umweltrecht (1): „Klimaklagen“ gegen Regierungen und Unternehmen

Der Klimawandel und seine Folge beschäftigen zunehmend auch die Gerichte. Laut einem Bericht, der im Rahmen des  „United Nations Environment Programme“ veröffentlich wurde, sind bis März 2017 mehr als 900 „Klimaklagen“ in 24 Ländern der Erde dokumentiert.

Gegenstand der Klagen sind vor allem strengere Klimaziele bzw. Schadenersatz wegen der Folgen des Klimawandels.

Hier ein Überblick über die drei prominentesten Fälle:

„Citizens vs. the government of the Netherlands“

Im Sommer 2015 klagten 900 holländische Bürgerinnen und Bürger, vertreten durch die „Urgenda Foundation“ auf Verschärfung der Maßnahmen gegen Treibhausgase. Es handelte sich weltweit um das erste Verfahren von Bürgerinnen und Bürgern, welches wegen des Klimawandels gegen die eigene Regierung geführt – und gewonnen wurde.

Der „Rechtbank Den Haag“ stellte fest, dass die Klimaziele der holländischen Regierung zu wenig ambitioniert waren und ordnete an, dass die Regierung strengere Maßnahmen gegen Treibhausgase ergreifen muss.

Die Regierung hat auf das Urteil bereits insofern reagiert, als angekündigt wurde, in Holland die Verwendung von Kohle zur Energiegewinnung zu beenden. Das Berufungsverfahren gegen dieses Urteil ist noch im Laufen.

Juliana vs. US“

Inspiriert von dem holländischen Fall haben im Jahr 2015 auch in den USA insgesamt 21 Jugendliche die Regierung beschuldigt, die verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Jugendlichen auf Leben und Freiheit zu verletzen, indem sie nichts gegen die globale Erwärmung unternimmt, insbesondere keine Maßnahmen zum Schutz von Wasser und Luft als lebensnotwendige Ressourcen ergreift. Sie argumentierten, die Regierung wisse seit mehr als 50 Jahren über die gravierenden Auswirkungen  der Verwendung fossiler Brennstoffe auf das Klima Bescheid.

In seinem Urteil gibt der „United States District Court“ für Oregon, den Klägern Recht und stellt fest, die Regierung sei mitschuldig an den Folgen des Klimawandels, da sie keine geeigneten Maßnahmen dagegen getroffen habe. Das Gericht wurde daraufhin Ziel medialer Angriffe durch Vertreter der Energieindustrie und der Regierung. Würde das Gerichtsurteil umgesetzt, so die Regierung, würde das zu einer Verfassungskrise führen. Ungeachtet dieser Behauptungen wurde ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil verworfen.

Peruanischer Bauer klagt deutschen Energiekonzern – in Deutschland

Der peruanische Landwirt Saúl Luciano Lliuya fordert vom deutschen Energiekonzern RWE Geld für Schutzmaßnahmen gegen das Überlaufen eines Gletschersees. Oberhalb seiner Heimatstadt Huarez in Peru thront auf 6.265 Metern ein mächtiger Gletscher: der Palcacocha, dessen Schmelzwasser in einen See abläuft.

Doch dieser See soll durch die Gletscherschmelze mittlerweile um das Vierfache gewachsen sein. Läuft er über, droht eine Katastrophe. Computersimulationen der Universität Texas halten es für möglich, dass dann eine 30 Meter hohe Flutwelle das Tal überschwemmt. Tausende Menschen könnten dabei ums Leben kommen. Lliuya hält den Klimawandel für die Ursache des Schmelzens der Gletscher. RWE habe ihn mit seinen Kohlekraftwerken mitverursacht.

Lliuya und seine Anwältin Roda Verheyen argumentieren, mit seinen Kohle- und Gaskraftwerken sei RWE der größte Einzelverursacher von CO2-Emissionen in Europa. RWE verfeuere nicht nur deutsche Braunkohle in seinen Kraftwerken, sondern unter anderem auch Steinkohle aus Südamerika. Deswegen müsse RWE direkte Verantwortung für die Folgen des Klimawandels übernehmen. Inwieweit der Konzern mitverantwortlich gemacht werden kann, sollen nun Gutachter untersuchen.

In dem Rechtsstreit zwischen dem Essener Versorger und dem Landwirt aus Peru hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im November 2017 eine Beweisaufnahme eröffnet. Damit soll erstmals in einem Zivilprozess geklärt werden, ob ein großer CO₂-Emittent aus Deutschland für Folgen der Erderwärmung haften muss.

RWE hält die Klage für unzulässig und die Forderung des Klägers für zivilrechtlich nicht begründet. Bei RWE geht man davon aus, dass es nach der Rechtsordnung nicht vorgesehen ist, dass einzelne Emittenten für ein so globales und durch vielfältige Quellen verursachtes Thema wie Klimawandel haftbar gemacht werden müssen. RWE bezieht sich dabei auf ein höchstrichterliches Urteil aus den 1990er Jahren. Damals gab es eine Klage zu Waldschäden als Folge von Schwefeldioxidemissionen. Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht haben damals eine Haftung für einzelne Anlagenbetreiber verneint.

Siehe dazu: Four climate change lawsuits to watch in 2018

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