Europäische Union: Neues Sanktionsregime für Menschenrechtsverletzungen

Möglichkeiten zur Verhängung von Einreiseverboten oder zum Einfrieren von Vermögenswerten werden erweitert

Der Europäische Rat hat am 7. Dezember 2020 einen Beschluss und eine Verordnung über ein globales Sanktionssystem für Menschenrechtsverstöße angenommen. Durch die neuen Regelungen soll es erstmals möglich sein, Personen und Organisationen, die für schwere Menschenrechtsverstöße verantwortlich oder daran beteiligt sind und mit ihnen in Verbindung stehen, mit Sanktionen belegen zu können, egal wo diese Taten begangen worden sind. Bislang war dies nur für Verstöße in bestimmten Konfliktregionen aufgrund von Einzelmaßnahmen möglich. Die Sanktionen sind auf staatliche wie nichtstaatliche Akteure anwendbar.

Den Rest des Beitrags lesen »

Hauptausschuss genehmigt COVID-19-Regelungen für Weihnachten (3. COVID-19-SchuMaV)

Der Hauptausschuss des Nationalrats hat heute die gelockerten COVID-19-Regelungen für Weihnachten genehmigt. Für die nächsten Tage bleiben zwar Treffen im privaten Wohnbereich auf nicht mehr als sechs Personen aus zwei verschiedenen Haushalten zuzüglich minderjähriger Kinder begrenzt, eine Ausnahme gibt es davon allerdings zu Weihnachten am 24. und 25. Dezember. Am Weihnachts- und Christtag sind demnach Zusammenkünfte von nicht mehr als zehn Personen aus höchstens ebenso vielen Haushalten erlaubt. Die entsprechende 3. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung wurde heute mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und der SPÖ auf den Weg gebracht.

In seiner Erklärung über die aktuelle Corona-Lage in Österreich sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober, dass der rasante Anstieg der Zahl an Neuinfektionen an SARS-CoV-2 in Österreich durch den harten Lockdown tatsächlich gebremst werden konnte. Demnach ist laut Angaben des Gesundheitsministers der Reproduktionsfaktor von 1,3 auf 0,88 gesunken und die 7-Tages-Inzidenz von 600 auf 220 zurückgegangen. Das sei noch immer zu hoch, so der Minister, angestrebt werde ein Wert unter 100.

Den Rest des Beitrags lesen »

Epidemiegesetz: Verfassungsrechtliche Bedenken des OGH gegen Zuständigkeitsbestimmung

Der Oberste Gerichtshof hegt verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 7 Abs. 1a (Sätze 2 bis 4) Epidemiegesetz wegen der Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Justiz und Verwaltung und wegen des Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Beschluss vom 02.11.2020, 7 Ob 139/20x)

Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Überprüfung der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung, welche durch Erlassung eines Absonderungsbescheides erfolgte, entstanden beim Gerichtshof Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 7 Abs. 1a Epidemiegesetz.

Der Gerichtshof bezweifelt die Verfassungskonformität einer Zuständigkeit der Bezirksgerichte über Beschwerden gegen Absonderungsbescheide bzw. über die im Gesetz vorgesehenen Anträge auf Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung zu entscheiden.

Den Rest des Beitrags lesen »

Judikatur VfGH / Sterbehilfe: Jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten, ist verfassungswidrig

Zuletzt hatte sich der Verfassungsgerichtshof im Jahr 2016 mit der Frage der Zulässigkeit der Sterbehilfe im Zusammenhang mit der versuchten Gründung eines Sterbehilfevereins auseinandergesetzt.

Das Verwaltungsgericht Wien hatte dessen Gründung untersagt. Dagegen wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. In seiner Entscheidung vom 08.03.2016, E 1477/2015, sprach der Gerichtshof aus, die rechtliche Folgerung des Verwaltungsgerichtes Wien in der angefochtenen Entscheidung, dass dieser Vereinszweck gegen § 78 StGB verstößt, sei zutreffend. Schon deshalb – da der Vereinszweck offenbar zumindest teilweise gesetzwidrig ist – wurde die Bildung des Vereins zu Recht untersagt.

Weiters stellte der Gerichtshof fest, dass der der Versagung der Vereinsgründung zugrundeliegende § 78 StGB unter Bedachtnahme auf Art. 11 Abs. 2 EMRK nicht verfassungswidrig ist, da der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat, wenn er das generelle Verbot der Beihilfe zum Selbstmord als zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer als notwendig erachtet.

Den Rest des Beitrags lesen »

Dürfen Gerichte nur durch ihre Urteile sprechen (2)?

Mit der Urteilsschelte im Fall „Grasser“ werden die Grenzen der Ligitation PR neu gezogen. 

Die Öffentlichkeitswirkung und Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen war in der Vergangenheit bereits wiederholt Thema eines „Maiforum“. Grund dafür waren Gerichtsurteile – wie etwa das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zur 3. Landepiste am Flughafen Wien-, die zu persönlichen und unsachlichen Angriffen auf die Richterinnen und Richter selbst führten.

In einem Beitrag in der Wochenzeitschrift „Falter“ zeigt der Mediensprecher des Oberlandesgerichts Wien anhand des Fall „Grasser“ auf, warum sich die Justiz in der Öffentlichkeitsarbeit so schwertut und warum Gelassenheit alleine der Gegenseite mitunter zu viel Platz lässt. Der Beitrag macht einmal mehr deutlich, zwischen welchen Klippen die Öffentlichkeitsarbeit der Justiz navigiert.

Den Rest des Beitrags lesen »

Corona App und digitale Grundrechte

Im aktuellen Podcast von Univ.-Prof. Forgo (Universität Wien) wird im Gespräch mit Dr. Christof Tschohl (Digital Human Rights Center) praxisnah und verständlich die rechtliche Problematik rund um die Anwendung der „Corona-App“ erörtert.

Dr. Tschohl war seitens des Roten Kreuz federführend an der Entwicklung dieser Anwendung begleitet und hatte die erste umfassende Datenschutz-Folgenabschätzung zu diesem App verfasst. Er wendet sich gegen die Grundannahme, dass es zur Bekämpfung höherer Ziele wie Gesundheitsschutz, Sicherheit etc. erforderlich ist, auf Datenschutz zu verzichten. Eine effektive Anwendung der App setze die freiwillige Teilnahme voraus, jeder Zwang führe zur überbordenden Überwachung.

Den Rest des Beitrags lesen »

2. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung ist ab heute in Kraft

Der Hauptausschuss gab am 04.12.2020 grünes Licht für neue COVID-19-Verordnung. Neben den Koalitionsparteien stimmte auch die SPÖ dem von Gesundheitsminister Rudolf Anschober vorgelegten Entwurf zu. Die neue Verordnung löst ab 07. Dezember 2020 die aktuelle Verordnung ab und gilt bis zum Ablauf des 23. Dezember 2020 – bzw., was die Ausgangsregelungen betrifft, bis zum 16. Dezember 2020.

Kernpunkt der Verordnung sind eine deutliche Lockerung der Ausgangsbeschränkungen und eine Öffnung des Handels. Zur Gänze aufgehoben wird der Lockdown aber nicht, was Gesundheitsminister Anschober im Ausschuss damit begründete, dass die Infektionszahlen nach wie vor „extrem hoch“ seien und sich die Lage in den Intensivstationen noch nicht entspannt habe. Wortmeldungen von Seiten der Abgeordneten gab es dieses Mal nicht, FPÖ und NEOS stimmten allerdings auch gegen diesen Entwurf.

Lockdown hat gegriffen, Infektionszahlen bleiben aber hoch

Den Rest des Beitrags lesen »

Judikatur VfGH / Verfahrensrecht: COVID-19-Begleitgesetz berechtigte nicht zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung E1873/2020 vom 8. Oktober 2020 mit der Anwendung der Verfahrensbestimmungen im COVID-19-Begleitgesetz (BGBl. I 16/2020) auseinandergesetzt.

Anlassfall war eine Entscheidung des Landesverwaltungsgericht Steiermark, welche ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen worden war. Aus den Gerichtsakten und der Begründung der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark ergab sich, dass nach Auffassung der erkennenden Richterin grundsätzlich die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren, die – entsprechend den Vorgaben des Art. 6 EMRK – die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderten. Die Verhandlung war demnach insbesondere zur Erörterung der strittig gebliebenen Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen sowie wegen des Umstandes erforderlich, dass der Beschwerdeführer im vorangegangenen Verwaltungsverfahren als übergangene Partei keine Möglichkeit gehabt hatte, mündlich zur Sache vorzubringen.

Den Rest des Beitrags lesen »

EGMR Judikatur (Große Kammer) / Fehlerhafte Richterernennung verletzt Recht auf faires Verfahren

Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigt mit ihrer Entscheidung vom 01.12.2020 das Urteil der Vorinstanz vom 12. März 2019 (Az. 26374/118) zur Besetzung eines isländischen Berufungsgerichts, welche von der Isländischen Regierung bekämpft worden war. Damit wurde endgültig klargestellt, dass Verfahrensfehler bei der Ernennung von Richtern das Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzen.

Zum Hintergrund

Der Antragssteller Gudmundur Andri Astradsson war im Jahr 2017 wegen Fahrens ohne gültigen Führerschein und unter Drogeneinfluss verurteilt worden. Er brachte gegen die Entscheidung beim neuen Berufungsgericht (gegründet im Januar 2018) Berufung ein. Richterin Arnfridur Einarsdottir war eine der Richterinnen, der der Fall Gudmundur zugeordnet waren. Mit dem Argument, dass es Unregelmäßigkeiten im Verfahren für ihre Ernennung gegeben habe, beantragte der Antragsteller, dass ihr der Fall entzogen werde. Sein Antrag wurde abgelehnt.

Den Rest des Beitrags lesen »

Filmtipp: Von Schirachs „Gott“ im Fernsehen

Gibt es eine Rechtspflicht zu leben? Pro und Contra Sterbehilfe

Noch im Frühherbst war die simultane Ausstrahlung des neuen Stücks von Ferdinand von Schirach, „Gott“, in den öffentlich-rechtlichen Anstalten der Schweiz (auf SRF 1), Deutschlands (ARD) und Österreichs (ORF) angekündigt worden, in den Nachbarländern gar mit anschließenden Publikumsvoten und Diskussionssendungen, die in Österreich jedoch im Hinblick auf die damals für die Oktobersession in Aussicht genommene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Anfechtung der §§ 77 und 78 StGB nicht stattfinden sollten.

Den Rest des Beitrags lesen »