Standortentwicklungsgesetz: Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich

Der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) hatte bereits im Sommer 2018 in seiner Stellungnahme zum Ministerialentwurf eines Standort-Entwicklungsgesetzes auf gravierende rechtliche Mängel hingewiesen.

Nun hat die EU-Kommission wegen dieses Gesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Auch die EU-Behörde sieht Rechtsschutzdefizite und ortet „problematische Aspekte“ im Umweltrecht.

Die EU-Kommission kritisiert vor allem einen Hauptpunkt des Standortgesetzes, nämlich die erhöhte Genehmigungspflicht („Rechtsvermutung der Genehmigung“). Diese sieht vor, dass eine Behörde – bei besonderem öffentlichen Interesse, das von einem Beirat bestätigt wird – nach zwölf Monaten eine Entscheidung über ein Projekt fällen kann.

Dadurch sieht es die EU-Kommission nicht als gesichert an, dass alle Umweltauswirkungen berücksichtigt werden. Das sieht aber wiederum die EU-UVP-Richtlinie vor.

Mangelnder Rechtsschutz

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VwGH Judikatur / AVRAG: Nichtvorlage von Lohnaufzeichnungen bleibt strafbar

Der Europäische Gerichtshof hatte mit Urteil vom 12.09.2019, Rechtssache C‑64/18 u.a. (Maksimovic) ausgesprochen, dass die Strafbestimmungen im österreichischen Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (in concreto: § 7i Abs. 4 AVRAG) nicht im Einklang mit dem Unionsrecht stehen, da die vorgesehenen Strafdrohungen unverhältnismäßig sind.

Eine wirksame Durchsetzung der Verpflichtungen könnte auch mit weniger einschränkenden Maßnahmen wie der Auferlegung von Geldstrafen in geringerer Höhe oder einer Höchstgrenze für solche Strafen gewährleistet werden, und ohne sie zwangsläufig mit Ersatzfreiheitsstrafen zu verknüpfen.

Im seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2019, Ra 2019/11/0033 bis 0034 setzt sich der Verwaltungsgerichtshof nun mit der Frage auseinander, inwieweit die Strafbestimmungen des AVRAG weiter angewendet werden können. Er stellt dazu fest, im Wege der Verdrängung des nationalen Rechts durch Unionsrecht darf nur jene von mehreren unionskonformen Lösungen zur Anwendung gelangen, mit welcher die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers so weit wie möglich erhalten bleibt.

VwGH: Einzige Geldstrafe ist zwingende Folge des Unionsrechts

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Filmtipp: „The Judge“ (Dokumentation)

Die Dokumentation “The Judge” (von Erika Cohn) zeigt die Geschichte von Kholoud Al-Faqih und ihrer Karriere als erste Richterin am “Sharia Court“ in Ramallah (Palästina). Der Film zeigt die Widerstände, die sie zu überwinden hatte und ihr Bestreben nach Gleichbehandlung von Frauen, innerhalb und außerhalb  des Gerichts. Der Film gibt aber auch seltene Einblicke in …

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Klima – ein Fall fürs Gericht?

© adobe.stock/elcovalana

Nachdem Österreich die CO2-Emissionen überschritten hat, drohen Greenpeace und Ökobüro mit einer Klage

Österreich hat laut Klimaschutzbericht 2017 die EU-Höchstwerte an Treibhausgasemissionen (THG) um rund 2,1 Millionen Tonnen überschritten. Laut Klimaschutz- sowie Finanzausgleichsgesetz wären nach Bekanntwerden im Jänner binnen sechs Monaten Sofortmaßnahmen zu veranlassen gewesen, was laut Greenpeace und Ökobüro nicht geschehen sei. Dies wollen sie nun auf dem Rechtsweg einklagen.

Der Antrag wird an die Ressortchefs des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus, des Verkehrsministeriums, des Finanzministeriums, des Justizministeriums, des Wirtschaftsministeriums, des Sozialministeriums und an die Bundeskanzlerin ergehen, kündigten die Umweltschutzorganisationen an.

Die Sofortmaßnahmen seien ein rechtlich verankertes Notfallprogramm, um die Treibhausgase einzudämmen. Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich und die Gewerkschaft vida begrüßten die Klagsdrohung.

Die Kritik deckt sich nicht mit dem Gesetzestext“

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Türkei: Internationale Richtervereinigungen kritisieren Klima der Angst, politische Richterernennungen und menschenunwürdige Haftbedingungen

In einem offenen Brief an den türkischen Justizminister Abdulhamit  Gülin üben internationale Richtervereinigungen (AEAJ, EAJ, „Judges for Judges“ und MEDEL) massive Kritik an den Vorgängen in der Türkei.

Abschreckende Wirkung der Massenentlassungen 

Die  Massenentlassung  von Richtern und Staatsanwälten habe eine  abschreckende Wirkung  auf die Bereitschaft der Richter, unabhängig und unparteiisch in Verfahren zu handeln, an denen der Staat beteiligt ist. Es sei eine  Atmosphäre der Angst unter den verbleibenden Richtern und Staatsanwälten geschaffen worden. Dies sei von ehemaligen Häftlingen  wie z. B. ausländischen Journalisten bestätigt worden, die wegen mutmaßlicher Unterstützung oder Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation festgenommen worden waren.

Ernennung neuer Richter erfolgt nach politischer Zugehörigkeit

Es gebe  viele unerfahrene neue Richter‚ die übereilt ernannt wurden. Deren  Auswahl dürfte  auf der Grundlage  politischer Zugehörigkeiten erfolgt sein. Die Berichte über die laufenden Verfahren und die Berichte ehemals inhaftierter Personen zeigten, dass die grundlegenden europäischen Standards für Verfahren zur  Richterernennung sowie die Anforderung an den Anschein der Unabhängigkeit der Justiz nicht erfüllt würden. Die Unabhängigkeit der Justiz und die Rechtsstaatlichkeit sei in der Türkei seit Juli 2016 nicht wieder hergestellt worden, zumal auch der türkische Rat der Richter und Staatsanwälte  unter politischem Einfluss stehe.

 

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Schweiz: „Justizinitiative“ zur Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit  

In der Schweiz werden Richterinnen und Richter fast durchwegs vom Volk oder von der Legislative für eine befristete Amtszeit gewählt. Dabei kommt ein informeller Parteienschlüssel zur Anwendung, so dass die Judikative etwa die politische Zusammensetzung der Legislative spiegelt.  

Und auf den Webseiten des Bundesgerichts findet man zu jedem Richter die Angabe der Partei, auf deren Ticket er ans Gericht gelangt ist.

Richter zahlen „Parteisteuer“

Die Idee dahinter: Die Justiz soll kein reines Expertengremium sein, sondern die herrschenden Strömungen und Meinungen in der Gesellschaft abbilden. In der Schweizer Bundesverfassung ist diese Regelung nirgends festgehalten, die Parteien beschlossen sie einst in einer Art Gentleman’s Agreement.

 

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VwGH Judikatur/Verfahrensrecht: Verfahrenshilfe hat im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten  „Ausnahmecharakter“ 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 11.09.2019, Ro 2018/08/0008, ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, in welchen Fällen in Verfahren vor den Verwaltungsgerichte Verfahrenshilfe gewährt werden kann.

Nach umfangreicher Darstellung der Rechtslage nach dem Unionsrecht, der EMRK und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gelangt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass der  Beigebung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenshelfer im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten  bloß Ausnahmecharakter zukommt.

Verwaltungsgerichte haben den Sachverhalt von Amtswegen zu ermitteln

Begründet wird dies vom Gerichtshof im Wesentlichen mit dem Amtswegigkeitsprinzip, welches -anders als im Verfahren vor den Zivilgerichten – im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Anwendung findet.

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EU-Kommission verklagt Polen wegen Disziplinarverfahren gegen Richter

Polens Disziplinarmaßnahmen gegen Richter untergraben nach Ansicht der EU-Kommission die Unabhängigkeit der Justiz. Richter seien vor politischer Kontrolle nicht geschützt.

Bereits am 3. April 2019 hatte die Kommission dieses Vertragsverletzungsverfahren mit der Begründung eingeleitet, dass die neue Disziplinarregelung die richterliche Unabhängigkeit der polnischen Richter beeinträchtigt und nicht die vom Gerichtshof der Europäischen Union geforderten notwendigen Garantien für den Schutz der Richter vor politischer Kontrolle bietet.

Nach polnischem Recht können Richter an ordentlichen Gerichten wegen des Inhalts ihrer richterlichen Entscheidungen disziplinarrechtlich verfolgt werden, einschließlich ihres Rechts gemäß Artikel 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidungen zu ersuchen.

Verfahren werden von politisch ernannten Richtern geführt

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EuGH: Bürger haben Recht auf sauberes Wasser

Öffentliche Wasserversorger können sich genauso wie ein Einzelner oder eine Gemeinde auf die EU-Nitratrichtlinie berufen, wenn sie von einer Verunreinigung des Grundwassers durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen betroffen sind.

Solange der Nitratgehalt den Wert 50 mlg/l überschreitet, kann jeder von den zuständigen nationalen Behörden Änderungen bei Nitrat-Aktionsprogrammen sowie zusätzliche Maßnahmen verlangen.

Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 03.10.2019, Rechtssache C‑197/18, entschieden.

Vorabanfrage durch das Verwaltungsgericht Wien zur Auslegung der Nitratrichtlinie

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Treffen des DVVR mit Finanzminister Müller

Am 3.10.2019 empfing Finanzminister, Dipl.-Kfm. Eduard Müller, Vertreter des Dachverbandes der Verwaltungsrichter (DVVR) zu einem Informations- und Gedankenaustausch, welcher in einer sehr konstruktiven Gesprächsatmosphäre stattfand.

Breiten Raum nahm die Personalsituation an den Bundesverwaltungsgerichten ein. Gabriele Krafft verwies als Vertreterin der Finanzrichtervereinigung auf den Umstand, dass innerhalb der nächsten 8 Jahre rund 80% der derzeitigen Richterinnen und Richter am Bundesfinanzgerichte in Pension gehen werden. Es müssten daher dringend Maßnahmen ergriffen werden, um einen „Know-how“ – Transfer und einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Es wurde ein Bündel an Maßnahmen diskutiert und zeigt sich der Herr Finanzminister bereit, diese näher zu prüfen.

 

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