Asylverfahren (5): Verschärfte Bestimmungen für Asylwerber in Kraft

Schwerpunkt Migration

Am 1. November 2017 ist das Fremdenrechtsänderungsgesetz in Kraft getreten. Hauptstoßrichtung des Gesetzes ist die raschere Außerlandesbringung bzw. freiwillige Ausreise abgewiesener  Asylwerber. Damit  soll eine stufenweise Systematik zur Bekämpfung des rechtswidrigen Aufenthalts abgelehnter Asylwerber umgesetzt werden.

Verlängerung der Schubhaft

Die Schubhaft kann nach den neuen Bestimmungen auf bis zu sechs Monate (bisher vier) bzw. drei Monate für mündige Minderjährige (bisher zwei) erstreckt werden. Bei besonderen Umständen ist eine ununterbrochene Festhaltung bis zu 18 Monate möglich (bisher zehn Monate in einem Zeitraum von 18 Monaten). Ein Verfahren zur Aberkennung von Asyl soll künftig nicht erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung, sondern bereits bei Anklageerhebung bzw. bei Betreten auf frischer Tat oder bei Verhängung von Untersuchungshaft eingeleitet werden. Für den Abschluss des Aberkennungsverfahrens ist aber weiterhin die Rechtskraft im Strafverfahren abzuwarten.

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Asylverfahren (4): EU soll Asyl-Agentur erhalten

Die Reform des Dublin-Systems, das bestimmt, wer in der EU für einen Asylantrag zuständig ist, soll bereits in den nächsten Monaten erste Ergebnisse bringen. Das europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) wird zur vollen EU-Asylagentur ausgebaut. Die neue Behörde soll die Mitgliedstaaten bei Problemen unterstützen und dafür sorgen, dass sich Kriterien und Gesetze zur Entscheidung über …

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Asylverfahren (3): VwGH fordert strenge Kriterien für Rückführung von Familien

Schwerpunkt Migration

Nach dem „Dublin-System“ kann ein Antragsteller in den Mitgliedstaat überstellt werden, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist.

Im Fall einer mehrköpfigen afghanischen Familie, die ursprünglich in Bulgarien Asyl beantragt hatte und dann nach Österreich gekommen war, hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Behörde vor einer „Dublin-Überstellung“ eine genaue Prüfung vornehmen muss, was auf die schwangere Kindesmutter und ihre minderjährigen Kinder in Bulgarien zukommt. Die Länderfeststellungen zu Bulgarien würden kein eindeutig positives Bild ergeben, sodass eine Überstellung nach Bulgarien nicht vor vornherein menschenrechtlich undenklich sei  (Ra 2017/18/0036 vom 30.08.2017).

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Asylverfahren (2): EuGH klärt Zuständigkeitsübergang im Dublin-System

Schwerpunkt Migration

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich auf Antrag des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes (EU  2016/0001 vom 31.  März  2016) mit der Frage der Zuständigkeit für Asylverfahren nach Ablauf der sechsmonatigen Abschiebefrist innerhalb des Dublin-Systems zu befassen. 

Der VwGH wollte wissen, ob alleine der ungenutzte Ablauf der Überstellungsfrist zu einem Zuständigkeitsübergang führt oder ob für den Übergang der Zuständigkeit auch die Ablehnung der Aufnahme der betreffenden Person durch den zuständigen Mitgliedstaat erforderlich ist.

In dem Fall (C-201/16) hatte der Iraner Majid Shiri geltend gemacht, dass Österreich nach der Dublin-III-Verordnung für die Prüfung seines Antrags zuständig geworden sei, da er nicht innerhalb der vorgesehenen Frist von sechs Monaten nach Bulgarien überstellt wurde. Der Iraner war zuerst über Bulgarien in die Europäische Union eingereist, daher wäre Bulgarien für das Asylverfahren zuständig gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte den Fall zur Klärung an den EuGH verwiesen.

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Asylverfahren (1): Verkürzung der Beschwerdefrist nicht sachlich gerechtfertigt

Schwerpunkt Migration

Bereits zum dritten Mal innerhalb eines Jahres hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Verkürzung der allgemeinen vierwöchigen Beschwerdefrist des VwGVG durch Sonderregelungen im BFA- Verfahrensgesetz sachlich gerechtfertigt ist. 

Die Bundesregierung hatte eine Verkürzung der Beschwerdefrist auf zwei Wochen (§ 16 Abs. 1 des BFA-Verfahrensgesetzes) unter anderem damit gerechtfertigt, dass die Verkürzung der Beschwerdefrist Teil mehrerer Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung sei. In Fällen eines nur bis zur Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme befristeten Aufenthaltsrechts bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an einer ehestmöglichen Klärung des Aufenthaltsstatus eines Fremden.

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VwGH Judikatur / Verfahrensrecht: Säumnisbeschwerde und nachgeholter Bescheid

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 19.09.2017, Ro 2017/20/0001, ausführlich mit dem seit 1.1.2014 geltenden Säumnisbeschwerdeverfahren auseinander gesetzt (§ 8 VwGVG).

Der Gerichtshof führt dazu aus, dass bei Verstreichen der behördlichen Entscheidungsfrist und dem Erheben einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde der Behörde  die Nachfrist von 3 Monaten zum Nachholen der Entscheidung ohne weiteres Verfahren ex lege zur Verfügung steht (§ 16 Abs. 1 VwGVG). Verstreicht auch die Nachfrist ungenützt oder legt die Behörde die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vor, geht die Entscheidungspflicht – unwiderruflich – auf das Verwaltungsgericht über.

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TV-Tipp: Das Monsanto-Tribunal

Monsanto, weltgrößter Agrochemie-Konzern und Hersteller des Pflanzenschutzmittels Glyphosat, wurde im Oktober 2016 vor einem internationalen Tribunal in Den Haag  „der Prozess gemacht“. Die Anklage: Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Umwelt.

Es handelt sich dabei um das Projekt einer internationalen Bürgerinitiative, bei dem in Form eines symbolischen Prozesses Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden untersucht wurden. Das Tribunal wurde nach den „Guiding Principles on Business and Human Rights“ der Vereinten Nationen eingerichtet und mit internationalen Richtern besetzt.

Nachdem Zeugenberichte von Opfern und Experten angehört wurden, gab das Tribunal im April 2017 ein Rechtsgutachten ab. Eine interessante Facette dabei: Während in Europa in die Unterlagen für das Zulassungsverfahren von Glyphosat wegen behaupteter Geschäftsgeheimnisse nicht eingesehen werden konnte, war diese Einsichtnahme in den USA unter Berufung auf den Freedom of Information Act (FOIA) möglich.

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Agenda Verwaltungsgerichtsbarkeit 2022 (4)

Verwaltungsgerichte brauchen eigene Verwaltungsprozessordnung

Bei der Einrichtung der neuen Verwaltungsgerichte wurde – vorrangig wohl aus Zeitgründen – darauf verzichtet, ein kodifiziertes Verfahrensrecht in Form einer Verwaltungsprozessordnung zu erlassen. Der Preis dafür war, dass auf Grund der Vielzahl von Verfahrensgesetzen für Rechtsanwender eine verfahrensrechtliche Gemengelage entstanden ist, welche nur mehr schwer zu überblicken ist. Eine Entwicklung, die durch jede weitere Novelle des VwGVG oder neue verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen in Materiengesetzen weiter vorangetrieben wird.

Ein zersplittertes Verfahrensrecht ist Einfallpforte für uneinheitliche Rechtsprechung, missbräuchliche Anwendung und damit Rechtsunsicherheit. Das zeigen die Erfahrungen in verschiedenen europäischen Rechtsschutzsystemen. Ein möglichst bestandsicheres, übersichtliches und verständliches Verfahrensrecht ist dagegen einer der wesentlichsten Garanten für Rechtssicherheit, für vorhersehbare und berechenbare Verfahrensabläufe. Aus Sicht des Dachverbandes ist es daher erforderlich, dass zur Vereinheitlichung der Verfahren das VwGVG zu einer abschließend geregelten, eigenständigen Verwaltungsprozessordnung ausgebaut wird. Dabei könnte auch bereits auf die Entwicklungen rund um ein EU-Verwaltungsverfahrensrecht Bedacht genommen werden.

Behörden „delegieren“ Entscheidung an Gerichte

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Tagung: „Terror – Ihr Urteil“ Dimensionen eines Medienereignisses

22.-23.11.2017 Dachgeschoß im Juridicum Schottenbastei 10-16 1010 Wien Am 17.10.2016 strahlten ARD, ORF und SRG gleichzeitig die Verfilmung von „Terror – Ihr Urteil“ nach dem Theaterstück Ferdinand von Schirachs aus. Das Stück und der darauf basierende Film inszeniert eine Gerichtsverhandlung: Ein Kampfpilot hat entgegen eines expliziten Befehls eine voll besetzte Verkehrsmaschine abgeschossen, um zu verhindern, …

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Agenda Verwaltungsgerichtsbarkeit 2022 (3)

Richterliche Fortbildung – Unabhängige Richterakademie

Die Besonderheit des Berufsbildes des Verwaltungsrichters besteht im Vergleich zum Berufsbild des Justizrichters darin, dass Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter über langjährige, oft hoch spezialisierte Berufserfahrungen verfügen (müssen). Bei den Fortbildungsinhalten ist daher den Bereichen Kommunikations- und Verhandlungstechniken, Verfahrensführung, Urteilstechnik, richterliche Ethik, etc., wie sie konkret im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderlich sind, besonderes Augenmerk zu schenken.

Eine adäquate Umsetzung dieser Anforderungen an die richterliche Fortbildung kann nach Auffassung des Dachverbandes nur durch die Schaffung einer „Richterakademie“ für alle Richterinnen und Richter erfolgen, die entsprechend den europäischen Standards als unabhängige Behörde von einem Richter/einer Richterin zu leiten ist. Hier fordert der Dachverband nach Schweizer Vorbild eine Richterakademie, die von allen Rechtsträgern der Verwaltungsgerichte in Form einer Stiftung errichtet und finanziert wird.

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