EuGH: Vordienstzeiten-Anrechnung für Beamte ist rechtswidrig

Auch im neuen System würden Beamte ihres Alters wegen diskriminiert – Betroffene hätten nun Anspruch auf Ausgleichszahlungen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat – erneut – eine Regelung für die Anrechnung von Berufserfahrung bei österreichischen Beamten und Vertragsbediensteten für EU-rechtswidrig erklärt. Konkret hält er in seinem am Mittwoch veröffentlichten Urteil fest, dass auch das 2015 und 2016 reformierte Gesetz „weiterhin gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters“ verstößt.

In Österreich schlossen die Besoldungs- und Vorrückungssysteme für Beamte und für Vertragsbedienstete des Staates ursprünglich die Anrechnung von Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben wurde, aus. Die Regelungen wurden schon einmal vom EuGH als diskriminierend verurteilt.

Zuletzt wurde das Gesetz 2015 und 2016 reformiert. Dabei wurde festgeschrieben, dass Mitarbeiter, die bereits im Dienststand sind, in ein neues Besoldungs- und Vorrückungssystem übergeleitet werden, in dem sich ihre erste Einstufung nach ihrem letzten, gemäß dem früheren System bezogenen Gehalt richtet.

Auch neue Systeme diskriminierend

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Dublin-Verfahren: EuGH erleichtert Abschiebung von Flüchtlingen in andere EU-Staaten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rückführung von Flüchtlingen in andere EU-Staaten erleichtert. Mängel im Sozialsystem stünden dem noch nicht entgegen, urteilte der Gerichtshof (Rechtssachen C-163/17, C-297/17, C-318/17, C-319/17, C-438/17).

Ein Abschiebeverbot bestehe erst, wenn in dem anderen Land eine unmenschliche und „extreme materielle Not“ drohe. Hintergrund sind mehrere Fälle, bei denen deutsche Gerichte den EuGH um Auslegung der EU-Asylregeln gebeten hatten.

Verhinderung von Rückführungen nur in Ausnahmefällen

Nach EU-Recht ist für einen Flüchtling grundsätzlich das Land zuständig, über das er erstmals in die EU gelangte. Menschenrechtler sehen die Aufenthaltsbedingungen und Lebensverhältnisse für Flüchtlinge in mehreren EU-Staaten aber als kritisch an. Zahlreiche Flüchtlinge in Deutschland machen daher geltend, eine Rückkehr in das Einreiseland sei unzumutbar und daher nun Deutschland für das Asylverfahren zuständig.

Nach den Urteilen ist das nicht ausgeschlossen, die Hürden sind aber hoch. Danach ist eine Rückführung in das Einreiseland erst dann unzulässig, wenn das Flüchtlinge „in eine Lage extremer materieller Not versetzt, die gegen das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verstößt“.

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Datenschutz-Grundverordnung (2): Zivilgerichte für Datenschutz unzuständig?

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (LGfZRS) hat sich laut „Standard“ für die Klage des Datenschutzaktivisten Max Schrems gegen Facebook für unzuständig erklärt.

Nach Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des neuen Datenschutzgesetzes in Österreich sei nur noch die Datenschutzbehörde (DSB), nicht aber normale Gerichte für Datenschutzsachen zuständig, begründete das Gericht.

EuGH: Landesgericht Wien ist zuständig

Die Zulässigkeit der 2014 eingebrachten Klage beschäftigte bereits das Landesgericht Wien, das Oberlandesgericht (OLG) Wien, den Obersten Gerichtshof (OGH) und sogar den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Im Jänner 2018 entschied der EuGH, dass Schrems zwar keine „Sammelklage“ einbringen dürfe, aber das Landesgericht Wien für seine eigenen Ansprüche zuständig sei, da er Facebook rein privat als Verbraucher nutze.

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Mindestsicherung: EuGH kippt Kürzungen für Asylberechtigte in Oberösterreich

Im Sommer 2016 hatte der oberösterreichische Landtag die Kürzung der Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte und befristet Asylberechtigte beschlossen.

Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt hatte diese Regelung für zulässig erachtet und argumentiert, das Unionsrecht stehe einer nationalen Regelung nicht entgegen, die „hinsichtlich der Modalitäten der Leistungsgewährung“ zwischen dauerhaft und vorerst vorübergehend aufenthaltsberechtigten Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten differenziert.

Vorabentscheidungsverfahren des LVwG Oberösterreich

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hatte Bedenken, ob die Kürzung der Mindestsicherung unionsrechtskonform ist und den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung der sog. Statusrichtline angerufen. (siehe dazu: Mindestsicherung für Asylberechtigte: LVwG Oberösterreich legt Verfahren EuGH vor)

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Entsenderichtlinie: EuGH-Urteil zur Bindungswirkung ausländischer Bescheinigungen

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof hatte in einem Vorabentscheidungsersuchen (Ro 2016/08/0013 vom 14.9.2016) an den Europäischen Gerichtshof u.a. angefragt, unter welchen Voraussetzungen  sogenannte A1-Bescheinigungen, welche bestätigen, dass nach Österreich entsendete Arbeitnehmer bereits in einem anderen EU-Mitgliedsstaat sozialversichert sind, für österreichische Behörden und Gerichte Bindungswirkung entfalten.

Geltung bis Widerruf oder Ungültigkeitserklärung  der Bescheinigung

In seinem Urteil vom 06.09.2018, Rechtssache C-527/16 ( Alpenrind u. a.) stellt der Gerichtshof dazu fest, dass eine von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats (im vorliegenden Fall Ungarn) ausgestellte A1-Bescheinigung sowohl für die Sozialversicherungen als auch für die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird (Österreich), verbindlich ist, solange sie von dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgestellt wurde (Ungarn), weder widerrufen noch für ungültig erklärt worden ist.

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Polens Höchstgericht kämpft weiter um Unabhängigkeit- Vorabanfragen an EuGH

Nachdem der Europäische Gerichtshof in Luxemburg bereits zu Fragen der Kürzung von Richtergehältern in Portugal und vom Irischen High Court zu den Aspekten der Unabhängigkeit der Richter in Polen angerufen wurde, stellt der Oberste Gerichtshof in Polen weitere Vorabanfragen zur Unabhängigkeit der Justiz an den EuGH.

Diesmal geht es um die dienstrechtlichen Bestimmungen, die eine vorzeitige Pensionierung der Gerichtspräsidentin und fast 30 anderer Richterinnen und Richter vorsehen. Diese würden damit vor Ablauf ihrer (befristeten) Funktionsperiode pensioniert werden. Das polnische Höchstgericht sieht in den Gesetzbestimmungen eine Alterdiskriminierung und einen Versuch der Einflussnahme der Exekutive auf die Justiz.

Der Präsident Andrzej Duda, der das angefochtene Gesetz unterzeichnet hatte, erklärte, das Urteil des Obersten Gerichtshofs sei „grundlos“ und würde die Regierung nicht daran hindern, die Justiz neu zu gestalten.

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EuGH zum Prüfungsschema der Unabhängigkeit der Justiz und der Richter in Polen

Im Urteil vom 25.07.2018 führte der EuGH aufgrund des irischen Vorabentscheidungsverfahrens aus, wie die Unabhängigkeit der Justiz und der Richter zu prüfen ist, um beurteilen zu können, ob die betroffene Person einer echten Gefahr für ein fairen Verfahren wegen der Mängel des polnischen Justizsystems konkret ausgesetzt ist und daher der Europäische Haftbefehl nicht zu vollstrecken ist.

Eine Justizbehörde, die zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls aufgerufen ist, darf diesen nicht vollstrecken, wenn ihrer Ansicht nach für die betroffene Person wegen Mängeln, die die Unabhängigkeit der Justiz in dem Mitgliedstaat, der den Haftbefehl ausgestellt hat, beeinträchtigen können, die Gefahr bestünde, dass das Grundrecht dieser Person auf ein unabhängiges Gericht verletzt und damit der Wesensgehalt ihres Grundrechts auf ein faires Verfahren angetastet wird.

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EuGH: Straffällige EU-Bürger dürfen nicht ohne Weiteres ausgewiesen werden

Auch wenn EU-Bürger straffällig geworden sind, können sie nicht einfach in ihren Herkunftsstaat abgeschoben werden.

Wenn EU-Bürger bereits eine Reihe von Jahren im Aufnahmestaat verbracht haben und integriert sind, gilt ein verstärkter Ausweisungsschutz. So das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen C-316/16 und C-424/16. Im Einzelfall müsse die Situation des Betroffenen umfassend geprüft werden.

Hintergrund des EuGH-Verfahrens waren ein Fall aus Deutschland und einer aus Großbritannien. Im Prozess vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg geht es um einen griechischen Staatsangehörigen, der mit drei Jahren nach Deutschland kam, seitdem dort lebt und kaum Verbindungen zu Griechenland hat. Nach 20 Jahren in Deutschland überfiel er eine Spielhalle und wurde zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Dann sollte er nach Griechenland ausgewiesen werden.

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EuGH: Auch arbeitsloser Selbstständiger behält Aufenthaltsrecht

Schwerpunkt Migration

Einem Unionsbürger, der nach mehr als einem Jahr eine Erwerbstätigkeit als Selbständiger in einem anderen Mitgliedstaat wegen eines Mangels an Arbeit, der auf von seinem Willen unabhängigen Gründen beruht, aufgegeben hat, bleibt die Eigenschaft eines Selbständigen und infolgedessen ein Aufenthaltsrecht in diesem Mitgliedstaat erhalten. Das geht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20.12.2017, C-442/16, hervor.

Auslegung der Freizügigkeitsrichtlinie

Der Court of Appeal (Berufungsgericht, Irland) hat sich mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gewandt und wollte wissen, ob der Ausdruck „unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung“ in der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) ausschließlich Personen erfasst, die unfreiwillig arbeitslos geworden sind, nachdem sie einer mehr als einjährigen Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer nachgegangen sind, oder auch diejenigen Personen, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden, nachdem sie eine mehr als einjährige selbständige Tätigkeit ausgeübt haben.

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Mindestsicherung für Asylberechtigte: LVwG Oberösterreich legt Verfahren EuGH vor

Schwerpunkt Migration

Im Sommer 2016 hatte der oberösterreichische Landtag die Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte beschlossen. Um zu entscheiden, ob die Kürzung der Mindestsicherung für befristet Asylberechtigte unionsrechtskonform ist, hat das Landesverwaltungsgericht nun den Europäischen Gerichtshof um Klärung grundsätzlicher Fragen gebeten.

Verhältnis von Leistungskürzungen und Statusrichtlinie

Konkret geht es um die Auslegung der sogenannten Statusrichtlinie.  

Nach dieser müssen die Mitgliedstaaten Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten Sozialhilfe zukommen lassen, bei subsidiär Schutzberechtigten kann diese auf „Kernleistungen“ beschränkt werden. Bei den Asylberechtigten wird jedoch im Hinblick auf Sozialleistungen nicht explizit zwischen befristetem und unbefristetem Status unterschieden. Daher soll nun der EuGH klären, ob befristet Asylberechtigte so zu behandeln sind wie subsidiär Schutzberechtigte oder eben wie Personen mit dauerhaftem Asylstatus.

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