12. Covid 19-Gesetz: Auch Verwaltungs- und verwaltungsgerichtliche Verfahren per Videokonferenz

Behörden und Verwaltungsgerichte werden ab Mai wieder den Betrieb hochfahren. Die dafür nötigen rechtlichen Grundlagen bringt das 12. Covid-19-Gesetz, welches gestern im Nationalrat beschlossen wurde.

Konkreten werden damit u.a. das Zustellungsgesetz sowie das im März beschlossene verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz adaptiert, insbesondere was Vorgaben für Behörden in Bezug auf die Durchführung von Verwaltungsverfahren und Verwaltungsstrafverfahren in der derzeitigen Ausnahmesituation betrifft.

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Das Landesverwaltungsgericht Burgenland hat eine neue Präsidentin

Andrea Potetz-Jud ist die neue Präsidentin des LVwG Burgenland. Die Juristin, die aus dem Bezirk Jennersdorf kommt und Bezirkshauptfrau-Vize in Güssing war, übernahm bereits Anfang März ihr Amt.

Neun Kandidaten (zwei zogen zurück) hatten sich Ende des Vorjahres beworben, darunter vier Richter  des Verwaltungsgerichts. Am Ende wurden von einer dreiköpfigen Kommission zwei Kandidaten ex aequo bestgereiht.  Die SPÖ-Landesregierung habe sich für Potetz-Jud und gegen einen amtierenden Richter des LVwG entschieden (dessen Name nicht genannt wurde), weil sie in Sachen Innovation und Mitarbeiterführung „besser geeignet“ gewesen sei, erläuterte Doskozil.

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Judiktur VwGH / Verfahrensrecht: Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz bei Abnahmefall 

Solange in der Ausfertigung einer mündlich verkündeten Entscheidung Spruch und wesentliche Begründungselemente deckungsgleich sind, sind durch einen nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen (Ausnahme-)Fall eines Richterwechsels nach der Verkündung einer Entscheidung Verfahrensmängel nicht indiziert.

Wenn der die schriftliche Ausfertigung unterfertigende („neue“) Richter aber zusätzliche Begründungselemente anführt, die ohne seine Teilnahme an der Verhandlung auch einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 48 Abs. 1 VwGVG bedeuten würden, liegt Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (VwGH vom 26. Februar 2020, Ra 2019/09/0154).

Richterwechsel zwischen Verkündung und Ausfertigung des Erkenntnisses

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Corona-Virus: Sonderregelungen für Behörden und Verwaltungsgerichte

Mit dem sog. 2. COVID-19-Gesetz werden unter anderem Sonderregelungen für Behörden und Verwaltungsgerichte, inklusive der Höchstgerichte, beschlossen. Dabei geht es um die vorübergehende Unterbrechung von Verfahren, die Hemmung von Fristen, die Einschränkung des Gerichtsbetriebs, den Einsatz von Videotechnologie bei Einvernahmen und Verhandlungen sowie die Möglichkeiten von Beschlüssen im Umlaufweg sowohl für den Verfassungsgerichtshof als auch für den Verwaltungsgerichtshof.

Für das Behördenverfahren wird vorgesehen, dass in anhängigen Verfahren der Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (AVG, VStG, VVG) anzuwenden sind, alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.

Dies gilt auch für Verjährungsfristen, jedoch nicht für verfassungsgesetzlich festgelegte Höchstfristen und für Fristen nach dem Epidemiegesetz.

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Asylwerber erkämpfen sich vor Gericht Zugang zum Jobmarkt

Geht es nach der Politik, sollen Asylwerber weitgehend vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden. Immer öfter hebeln Gerichte diese Restriktionen aus.

Unter die ganze Diskussion rund um Asylwerber in der Lehre müsse endlich ein Schlussstrich gezogen werden. Mit Worten wie diesen leitete ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer Mitte Dezember im Nationalrat seine Rede zu diesem Thema ein. Eine Gruppe von 700 betroffenen Asylwerbern, so wurde damals beschlossen, darf ihre Lehre in Österreich fertig machen. Das begrüßte der zwischenzeitlich zum Innenminister aufgestiegene Nehammer, fügte aber hinzu, dass es ein Fehler war, die Lehre für Asylwerber überhaupt zu öffnen. Die alte Koalition aus ÖVP und FPÖ habe diesen Fehler behoben: „Heute ist es für einen Asylwerber nicht mehr möglich, eine Lehre zu beginnen, und das ist gut so“, stellte Nehammer klar.

Dieser letzte Satz stimmt so allerdings nicht. Im Jänner 2020 ergingen zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Wien, mittels deren zwei Asylwerbern der Zugang zur Lehre gewährt wurde. In einem Fall ging es um einen Afghanen, der eine Lehre als Elektroinstallateur in einem Betrieb in Oberwart beginnen wollte. Nachdem das regionale AMS die Arbeitsbewilligung abgelehnt hatte, erhob der Betrieb Beschwerde und bekam nun recht.

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VfGH Judikatur / Lohndumping-Gesetz: Strafaussprüche aufgehoben, Anwendbarkeit ungelöst

Nach dem Europäischen Gerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof hat sich auch der Verfassungsgerichtshof mit der Frage der Anwendbarkeit der Strafbestimmungen des Lohn-und Sozialdumpinggesetzes (LSD-BG) befasst.

Unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 12. September 2019, Rs. C-64/18 (Maksimovic), stellt der Verfassungsgerichtshof fest, die Anwendung eines Gesetzes (Strafbestimmung), welches offenkundig einer unmittelbar anwendbaren Norm des Unionsrechts widerspricht, verletzt den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nach Art. 1 des 1. ZP EMRK (E 2893-2896/2019, vom 27. November 2019).

Auch wenn die Anwendung der betreffenden Strafbestimmung dem Verwaltungsgericht subjektiv nicht vorwerfbar war, war dieser Umstand vom VfGH aufzugreifen und wurden die angefochtenen Strafaussprüche behoben.

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Judikatur VfGH / Verfahrensrecht: Gewährung oder Ausschluss der Akteneinsicht im Zusammenhang mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnis

Hat die Behörde in einem Mehrparteienverfahren mitbeteiligten Parteien die Akteneinsicht zu Unrecht gewährt oder verweigert, so ist dagegen (Verfahrensanordnung) eine gesonderte Beschwerde an das Verwaltungsgericht nicht möglich.

Eine allfällige Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 17 Abs. 3 AVG) kann nur im Wege einer Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht gegen die das Verfahren abschließende Sachentscheidung geltend gemacht werden.

Im Fall eines darauf gerichteten Feststellungsantrages hat das Verwaltungsgericht darüber gesondert zu entscheiden (VfGH vom 10.10.2019, E 1025/2018).

Subjektives Recht einer Verfahrenspartei auf Akteneinsicht

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EuGH: Nationale Gerichte müssen Zulässigkeit einer Zwangshaft gegen Politiker prüfen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich erstmals dazu geäußert, ob nationale Gerichte befugt oder sogar verpflichtet sind, gegen die Verantwortlichen nationaler Behörden eine Zwangshaft zu verhängen, wenn sich diese beharrlich weigern, gerichtlich auferlegte – und auf Unionsrecht fußende – Verpflichtungen zu erfüllen (Rechtssache C-752/18, Deutsche Umwelthilfe / Freistaat Bayern).

Fahrverbote nicht umgesetzt

Anlassfall war ein Rechtsstreit in Deutschland, bei dem sich Mitglieder von Landesregierungen in Bayern und Baden-Württemberg geweigert hatten, von Verwaltungsgerichten verfügte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge umzusetzen. Zur Durchsetzung der Fahrverbote hatten Gerichte mehrfach Zwangsgelder verhängt, allerdings ohne Erfolg. Daher hatte die „Deutsche Umwelthilfe“ beim Verwaltungsgericht München beantragt, den bayerischen Umweltminister oder den Ministerpräsidenten in Zwangshaft zu nehmen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser sollte klären sollte, ob ein deutsches Gericht berechtigt ist, eine solche Zwangshaft zu vollstrecken.

EuGH legt Prüfungsmaßstab fest

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Ungarn: Disziplinarverfahren gegen Richter wegen Einholung einer Vorabentscheidung

Nach Berichten des ungarischen Helsinki-Komitees hat der amtierende Präsident des Fővárosi Törvényszék (Regionalgericht der Hauptstadt Budapest) ein Disziplinarverfahren gegen einen Richter eingeleitet, welcher sich mit einem Vorabentscheidungsverfahren an den EuGH gewendet hatte. Er habe damit die „Würde der Justiz“ verletzt.

Der Strafrichter am zentralen Bezirksgericht von Pest (PKKB) und Mitglied des nationalen Justizrats, Csaba Vasvári, hatte dem EuGH am 11. Juli 2019 u.a. zwei Fragenkomplexe zur Unabhängigkeit der ungarischen Justiz vorlegt: Eine Frage betraf die Ernennung von Gerichtspräsidenten, welche über weitreichende Befugnisse gegenüber den Richtern an ihren Gerichten verfügen, die zweite Frage betraf die Richtergehälter, deren Höhe die richterliche Unabhängigkeit gewährleisten soll. Der Richter wollte wissen, ob diese Regelungen im Einklang mit Art. 19 Abs. 1 EUV stehen.

Abschreckende Wirkung von Disziplinarverfahren

Der Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens macht geltend, Richter Vasvári habe, indem er irrelevante und unbegründete Fragen stellte, gegen das Gesetz über den Status und die Vergütung von Richtern verstoßen, wonach Richter verpflichtet sind, sich mit Würde zu verhalten und nichts zu tun, was die „Würde der Justiz“ beeinträchtigen kann.

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EuGH: Direkte oder indirekte Einflüsse der Legislative oder Exekutive sind mit der Unabhängigkeit eines Gerichts unvereinbar

Gegenstand des Urteils des EuGH vom 19.11.2019, Rechtssache C-585/18 u.a., war die Frage nach der Unabhängigkeit der neu geschaffenen Disziplinarkammer des Obersten Gerichts in Polen. Der EuGH nahm das Verfahren zum Anlass für allgemeine Ausführungen über die Anforderungen an die Unabhängigkeit von Gerichten.

Fehlender Anschein der Unabhängigkeit untergräbt Vertrauen in die Justiz

Der Gerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass ein unabhängiges und unparteiisches Gericht iSd Art. 47 GRC dann nicht besteht, wenn die objektiven Voraussetzungen, unter denen eine Einrichtung geschaffen wurde, und die Merkmale dieser Einrichtung sowie die Art und Weise, in der ihre Mitglieder ernannt wurden, bei den Parteien berechtigte Zweifel hervorrufen im Hinblick auf die Undurchlässigkeit dieses Gremiums gegenüber äußeren Faktoren, insbesondere direkten oder indirekten Einflüssen der Legislative oder Exekutive, und im Hinblick auf die Neutralität gegenüber Einflüssen von außen, und dies geeignet ist, das Vertrauen zu untergraben, das der Justiz in einer demokratischen Gesellschaft zukommen muss.

Effektive gerichtliche Kontrolle von Besetzungsvorschlägen und Richternennungen

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