Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung E1873/2020 vom 8. Oktober 2020 mit der Anwendung der Verfahrensbestimmungen im COVID-19-Begleitgesetz (BGBl. I 16/2020) auseinandergesetzt.
Anlassfall war eine Entscheidung des Landesverwaltungsgericht Steiermark, welche ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen worden war. Aus den Gerichtsakten und der Begründung der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark ergab sich, dass nach Auffassung der erkennenden Richterin grundsätzlich die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren, die – entsprechend den Vorgaben des Art. 6 EMRK – die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderten. Die Verhandlung war demnach insbesondere zur Erörterung der strittig gebliebenen Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen sowie wegen des Umstandes erforderlich, dass der Beschwerdeführer im vorangegangenen Verwaltungsverfahren als übergangene Partei keine Möglichkeit gehabt hatte, mündlich zur Sache vorzubringen.
Lediglich auf Grund des § 3 iVm § 6 Abs. 1 COVID-19-VwBG entschied die Richterin ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten und bereits anberaumt gewesenen mündlichen Verhandlung.
Videokonferenz statt Verhandlung
Der Verfassungsgerichtshof stellte dazu fest, dass die Bestimmung des § 3 COVID-19-VwBG nicht schlechthin, sondern „sinngemäß“ anzuwenden war, und zwar entsprechend den Besonderheiten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Darüber hinaus änderte die Bestimmung nichts an den im VwGVG verankerten allgemeinen Regelungen über die Durchführung mündlicher Verhandlungen, die Art. 6 EMRK umsetzen.
Dem trägt auch die Bestimmung des § 3 COVID-19-VwBG grundsätzlich Rechnung, indem diese Regelung ermöglichte, mündliche Verhandlungen durchzuführen, soweit dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich war. In diesem Fall konnte diese gemäß § 3 letzter Satz leg.cit. auch in Abwesenheit aller anderen Beteiligten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchgeführt werden, womit offenkundig Wort und Bild vermittelnde Medien gemeint waren.
Insgesamt kam es damit durch § 3 iVm § 6 Abs. 1 COVID-19-VwBG zu keiner Durchbrechung der durch Art. 6 EMRK gebotenen Verhandlungspflicht, sodass die vom Beschwerdeführer beantragte und bereits anberaumt gewesene mündliche Verhandlung entsprechend § 3 letzter Satz COVID-19-VwBG mit Hilfe geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchzuführen gewesen wäre.