Bundesverwaltungsgericht: Präsidentin/Präsident gesucht – Zusammensetzung der Auswahlkommission problematisch

Letzte Woche wurde im Amtsblatt der Wiener Zeitung die Stelle der Präsidentin/des Präsidenten „beim“ Bundesverwaltungsgericht ausgeschrieben.

Auswahlkommission statt Personalsenat

Da die GRECO-Empfehlungen zur Stärkung der Unabhängigkeit bis dato auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht umgesetzt wurden, wird das Auswahlverfahren von einer „Sonderkommission“ und nicht vom Personalsenat des BVwG durchgeführt.

Diese Kommission besteht aus zwei Vertreterinnen oder Vertretern des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, zwei Vertreterinnen oder Vertretern der Wissenschaft mit akademischer Lehrbefugnis eines rechtswissenschaftlichen Faches an einer Universität sowie dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, dem Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes und der Präsidentin des Obersten Gerichtshofes oder einer jeweils von diesen beauftragten Person.

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Umweltrecht: Brasiliens Oberster Gerichtshof erkennt das Pariser Klimaschutzabkommen als „Menschenrechtsvertrag“ an

Das Brasilianisches Höchstgericht hat als erstes Gericht der Welt das Pariser Abkommen als „Menschenrechtsvertrag“ anerkannt hat. Die Erklärung wurde im Rahmen des ersten Klimawandelurteils des Gerichts abgegeben, das die brasilianische Regierung anwies, ihren nationalen Klimafonds vollständig zu reaktivieren. Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf das nationale, aber auch das internationale Recht.

„Verträge über das Umweltrecht sind eine Art Menschenrechtsvertrag und genießen aus diesem Grund supranationalen Status. Es gibt daher keine rechtlich gültige Möglichkeit, die Bekämpfung des Klimawandels einfach zu unterlassen“, heißt es in dem Urteil. Das letzte Woche ergangene Urteil  war der Höhepunkt einer Klage, die vor zwei Jahren von vier politischen Parteien gegen die brasilianische Bundesregierung eingereicht wurde. Sie wiesen darauf hin, dass der Klimafonds (Fundo Clima), der 2009 als Teil des nationalen Klimapolitikplans Brasiliens eingerichtet wurde, 2019 nicht mehr funktionsfähig war; Jahrespläne seien nicht erstellt und kein Geld ausgezahlt worden, um Projekte zur Eindämmung des Klimawandels zu unterstützen.  Das Gericht hatte im September 2020 eine öffentliche Anhörung durchgeführt, an der Wissenschaftler, Akademiker und Vertreter der Zivilgesellschaft und indigener Gruppen teilnahmen.

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Richterdienstrecht: Reform der Besetzungsverfahren vom Tisch, Greco-Empfehlungen weiter nicht umgesetzt

Der Reformeifer der Bundesregierung zur Umsetzung der GRECO-Empfehlungen ist nur von kurzer Dauer gewesen. War in der zur Begutachtung ausgesendeten Novelle zum Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den jüngsten GRECO-Umsetzungsbericht – noch vorgesehen worden, dass zukünftig Personalsenate die Besetzungsvorschläge für Präsident/in und Vizepräsident/in des OGH erstatten sollen und in die Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst eingebunden sind, ist in der nun ins Parlament eingebrachten Dienstrechts-Novelle 2022 davon keine Rede mehr. Damit hat Österreich nach wie vor nur zwei von neunzehn „GRECO“-  Empfehlungen umgesetzt (Siehe dazu: Österreich rutscht im Korruptionsindex weiter ab)

Siehe dazu auch: Dachverband der Verwaltungsrichter/innen fordert Reform bei der Besetzung von Leitungsfunktionen an den Verwaltungsgerichten

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VfGH: Die Impfpflicht ist verfassungskonform – weil sie nicht gilt

Der Verfassungsgerichtshof hat angesichts der geltenden „Nichtanwendungsverordnung“ keine verfassungsrechtlichen Bedenken wegen der Impfpflicht. Sie schütze vulnerable Personen.

Angesichts der „derzeit geltenden Covid-19-Nichtanwendungsverordnung […] bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen“, ist in dem gestern veröffentlichen Erkenntnis zu lesen.

Ursprünglich ist die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Impfpflicht mit Spannung erwartet worden. Das umstrittene Gesetz war zwar am 4. Februar in Kraft getreten, schlagend wurde es aber nie. Unmittelbar vor dem mit Strafen verbundenen „Scharfstellen“ am 16. März wurde die Impfpflicht ausgesetzt, sie sei angesichts der epidemiologischen Lage nicht verhältnismäßig. Vergangenen Donnerstag, 23. Juni, gab die Regierung schließlich bekannt, dass die Impfpflicht gegen das Coronavirus endgültig abgeschafft wird.

Impfpflicht „schwerer Eingriff“ in körperliche Integrität

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Judikatur / EuGH – Sozialpolitik: Indexierung der Familienbeihilfe verstößt gegen EU-Recht

Seit 2019 passt Österreich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Kinder sich ständig in einem anderen EU-Mitgliedstaat aufhalten, die Familienbeihilfe sowie verschiedene steuerliche Vergünstigungen nach oben oder unten an – je nach Preisniveau des Landes.

Das Bundesfinanzgericht hatte im Jahr 2020 zur Frage, ob es EU-Recht widerspricht, die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern an das dortige Preisniveau anzupassen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gestellt. Anlassfall war die Beschwerde einer tschechischen Grenzpendlerin. Die Frau hat zwei Kinder, lebt mit ihrer Familie in Tschechien, arbeitet aber in Österreich. Aufgrund der im Jahr 2018 beschlossenen Indexierung hat das Finanzamt ihre Familienbeihilfe 2019 gekürzt. Dagegen war Beschwerde an das BFG erhoben worden.

Auch nach Auffassung der EU-Kommission verletzte die Indexierung der Familienbeihilfe den europäischen Gleichheitsgrundsatz. Der EuGH hat bereits 1986 Frankreich eine ähnliche Maßnahme untersagt. Die Kommission hatte aus diesem Grund ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.

Anpassungsmechanismus ist mittelbare Diskriminierung

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„Whistleblower“-Gesetz in Begutachtung

Mit dem ausgesendeten Entwurf eines HinweisgeberInnenschutzgesetzes soll die Richtlinie 2019/1937/EU zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Whistleblower-Richtlinie), umgesetzt werden.

Vorrangiges Ziel des Gesetzes ist die Schaffung interner und externer Meldestellen für den privaten und öffentlichen Sektor zur Hinweisgebung sowie Schutzmaßnahmen für Hinweisgeber gegen Vergeltungsmaßnahmen. Dazu werden eigene Verwaltungsstraftatbestände geschaffen.

Die Bundesdisziplinarbehörde soll für alle Verwaltungsstellen des Bundes zur gemeinsamen internen Meldestelle werden, ausgenommen das BM für Justiz und das BM für Landesverteidigung. Diese sind jeweils gemeinsame interne Stelle. Die Meldestellen haben die näheren Bedingungen für die Einrichtung des internen Hinweisgebersystems festzulegen.

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LVwG Steiermark: Kontrollen an Grenze zu Slowenien rechtswidrig

Die seit dem Jahr 2017 von den Sicherheitsbehörden vollzogenen Kontrollen an Österreichs Grenze zu Slowenien waren rechtswidrig, befand das Landesverwaltungsgericht Steiermark in einem am 1. Juni ergangenen Urteil. Das Urteil ist die logische Folge eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26. April, welches vom LVwG um Vorabentscheidung dieser Rechtsfrage ersucht wurde.

„Der gegenüber dem Beschwerdeführer geäußerte Befehl auf Herausgabe des Reisepasses im Zuge einer Grenzkontrolle unter Androhung einer strafrechtlichen Sanktion war damit ohne gesetzliche Grundlage rechtswidrig“, heißt es in dem Urteil. „Der Beschwerdeführer wurde durch die Ausübung der Befehlsgewalt in seinem Grundrecht auf freien Personenverkehr als Unionsbürger verletzt.“

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Asyl- und Femdenrecht: Verwaltungsgerichtshof bestätigt rechtswidrige „Push backs“ durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in der Steiermark

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Revision der Landespolizeidirektion Steiermark gegen ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark zurückgewiesen, mit dem die Rechtswidrigkeit der Zurückschiebung eines Fremden als erwiesen angesehen wurde (Ra 2021/21/0274).

Der VwGH hält in seinem Beschluss fest, die vom Landesverwaltungsgericht Steiermark getroffene Annahme, dass der Fremde in Anbetracht der ihm bekannten möglichen Zurückweisung an der Grenzkontrollstelle Sicheldorf sein Verlangen nach Asyl in hörbarer Weise kundgetan habe, könne „nicht als unschlüssig angesehen werden“. Die beteiligten Sicherheitsorgane hätten sich „mit der Vermutung einer beabsichtigten Durchreise begnügt (…), ohne ihn nach dem Zweck seiner Einreise zu fragen“.

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Umweltrecht: „Klimaklage“ bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts eingebracht

GLOBAL 2000 und von Klimakrise Betroffene fordern Recht auf saubere Energie

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 und Umweltschützerinnen und Umweltschützer haben beim Verfassungs- und dem Verwaltungsgerichtshof eine „Klimaklage“ eingebracht. Ziel ist die Erlassung einer Verordnung, die den Verkauf von Kohle, Heizöl und fossiler Treibstoffe gestaffelt bis 2040 verbietet.

Antrag als unzulässig zurückgewiesen 

Die Beschwerdeführer hatten beim Wirtschaftsministerium beantragt, dieses möge eine Verordnung gem. § 69 GewO erlassen, welche zur Vermeidung einer Gefährdung von Leben und Gesundheit von Menschen durch die Klimakrise und zur Vermeidung von Belastungen der Umwelt durch die Klimakrise den Verkauf der Produkte, die durch ihre bestimmungsgemäße Verwendung (i.e. das Verbrennen und die dadurch entstehende Emission von Treibhausgasen) die Klimakrise herbeiführen (i.e. fossile Brenn- und Treibstoffe), zukünftig verbietet. Dieser Antrag wurde vom Ministerium wegen Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen, die dagegen erhobene Beschwerde hat das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 25.04.2022 (VGW-101/053/13231/2021 u.a.) abgewiesen.

Verweis auf EGMR-Rechtsprechung

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Weitgehende Aufhebung der Corona-Maßnahmen ab 1. Juni

Ab 1. Juni treten bei den Corona-Maßnahmen wieder einige Änderungen in Kraft. Unter anderem fällt die Maskenpflicht in Supermärkten und Öffis. In Schulen gibt es keine PCR-Tests mehr.

Maskenpflicht nur in vulnerablen Gruppen

Seit dem letzten großen Lockerungsschritt Mitte April galt die FFP2-Maskenpflicht noch in geschlossenen Räumen von Krankenanstalten und Heimen, Öffis und Taxis, im Kundenbereich des lebensnotwendigen Handels, im Parteienverkehr der Verwaltungsbehörden und in Einrichtungen zur Religionsausübung außerhalb von Messen. Ab 1. Juni soll die FFP2-Maskenpflichtnun erst einmal für drei Monate „pausieren“. Eine Wiedereinführung bei steigenden Fallzahlen sei möglich, merkt das Gesundheitsministerium an, das die Wiedereinführung ab Herbst sogar als wahrscheinlich bezeichnet.

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