VfGH: Die Impfpflicht ist verfassungskonform – weil sie nicht gilt

Der Verfassungsgerichtshof hat angesichts der geltenden „Nichtanwendungsverordnung“ keine verfassungsrechtlichen Bedenken wegen der Impfpflicht. Sie schütze vulnerable Personen.

Angesichts der „derzeit geltenden Covid-19-Nichtanwendungsverordnung […] bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen“, ist in dem gestern veröffentlichen Erkenntnis zu lesen.

Ursprünglich ist die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Impfpflicht mit Spannung erwartet worden. Das umstrittene Gesetz war zwar am 4. Februar in Kraft getreten, schlagend wurde es aber nie. Unmittelbar vor dem mit Strafen verbundenen „Scharfstellen“ am 16. März wurde die Impfpflicht ausgesetzt, sie sei angesichts der epidemiologischen Lage nicht verhältnismäßig. Vergangenen Donnerstag, 23. Juni, gab die Regierung schließlich bekannt, dass die Impfpflicht gegen das Coronavirus endgültig abgeschafft wird.

Impfpflicht „schwerer Eingriff“ in körperliche Integrität

Just an diesem Tag entschieden auch die Verfassungsrichter über den Antrag eines Wieners, der unter anderem vorgebracht hatte, die Impfpflicht verletze das Recht auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention), denn dieses umfasse auch die medizinische Entscheidungsfreiheit und körperliche Integrität. Der VfGH hatte den Antrag nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen, wurde in einer Presseaussendung betont, und diese wurde am 23. Juni getroffen.

Die Impfpflicht sei ein besonders schwerer Eingriff in die körperliche Integrität und das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen, hält der VfGH in der Entscheidung fest. Daher gelte auch ein strenger Maßstab bei der Prüfung, ob die Impfpflicht verhältnismäßig ist. Artikel 8 Absatz 2 der EMRK nenne als Voraussetzungen dafür, dass ein Eingriff in dieses Grundrecht statthaft ist, wenn der Eingriff gesetzlich vorgesehen und etwa zum Schutz der Gesundheit notwendig ist.

Schutz von vulnerablen Personen im Fokus

Das Covid-19-Impfpflichtgesetz verfolge das Ziel einer hohen Durchimpfungsrate zum Schutz von Personen, die die Impfung aus medizinischen Gründen nicht in Anspruch nehmen können oder bei denen die Wirksamkeit der Impfung herabgesetzt ist. Auch ziele das Impfpflichtgesetz darauf ab, durch das nach einer Impfung geringere Risiko schwerer Krankheitsverläufe die Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur und dadurch die öffentliche Gesundheit zu schützen.

Dazu komme, dass der Gesundheitsminister aufgrund des Impfpflichtgesetzes verpflichtet ist, laufend zu überprüfen, ob eine Impfung zur Erreichung dieser Ziele geeignet und erforderlich ist – im Zuge dieser laufenden Evaluierung ist die Impfpflicht aber eben seit Mitte März ausgesetzt. „Bei dieser Rechtslage bestehen gegen die zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen des Impfpflichtgesetzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken“, heißt es in der Aussendung des VfGH.

Hier geht’s zum Erkenntnis des VfGH …

Siehe dazu auch: Deutsches Bundesverfassungsgericht billigt „Pflege“-Impfpflicht …

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