EGMR: Notwendigkeit der Teilnahme eines Behördenvertreters im Rechtsmittelverfahren

Der EGMR verlangt die Teilnahme der belangten Behörde an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. In seinem Erenntnis Karelin vom 20. 9. 2016, 926/08, betont der EGMR die Notwendigkeit der Teilnahme eines Behördenvertreters im Verwaltungsstrafverfahren vor der Rechtsmittelinstanz, die Beweise aufnehmen kann. Die Abwesenheit der verfolgenden Partei könnte den Richter in die Rolle des Anklägers bringen …

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EuGH: Sparmaßnahmen der Troika dürfen nicht gegen Grundrechte verstoßen

diepresseDer Europäische Gerichtshof hat – in einer wohl historischen Entscheidung- die Grundrechte gestärkt: Laut dem am Dienstag veröffentlichten  Urteil in den Rechtssachen C‑8/15 P bis C‑10/15 P  ist es grundsätzlich möglich, gegen die von der Troika (Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Kommission) verordneten Sparmaßnahmen auf Schadensersatz zu klagen, wenn diese nachweislich Grundrechte verletzen.

Anlass des Richterspruchs waren Beschwerden mehrerer Kläger aus Zypern um die Bankenrettung in der Euro-Krise: Ihre Einlagen hatten bei der Umstrukturierung des zypriotischen Finanzsektors im Jahr 2013 erheblich an Wert verloren, daher waren sie gegen die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) vor Gericht gezogen. Unter anderem forderten sie Schadenersatz.

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Umweltverträglichkeitsprüfung: Zuständigkeitschaos droht

fachgruppe verfahrensrechtDer Verwaltungsgerichtshof lässt mit einer Entscheidung  zur Auslegung der Zuständigkeitsbestimmung in § 40 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G) aufhorchen:  Nach dem Erkenntnis zur Zl. Ro 2015/05/0008 vom 02.08.2016 wird das Bundesverwaltungsgericht in UVP-Verfahren nur mehr dann zuständig, wenn die Entscheidung einer Behörde bekämpft wird.

Wird eine Behörde im UVP-Verfahren säumig, ist für das Säumnisbeschwerdeverfahren nicht mehr  das Bundesverwaltungsgericht, sondern ein Landesverwaltungsgericht zuständig.

Der Gerichtshof begründet diese ausschließlich auf den Wortlaut der Bestimmung („Über Beschwerden gegen Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht“) gestützte Auslegung  mit Rechtsschutzüberlegungen:  Der Verfassungsgesetzgeber verpflichte den Gesetzgeber zu einer  präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit. Diese müsse derart klar und unmissverständlich sein, dass es keiner subtilen Auslegungstätigkeit bedürfe, um die vom Gesetzgeber gewollten Kompetenzen der Behörden zu erkennen.

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VwGH Judikatur / umfassender und weit zu verstehender Begriff der „Verwaltungsstrafsache“

fachgruppe verfahrensrechtIn seiner Entscheidung vom 30.06.2016 führt der VwGH ausführlich aus, dass der umfassende Begriff „Verwaltungsstrafsache“ weit zu verstehen ist und was darunter zu verstehen ist, da in diesen Angelegenheiten gem. § 50 VwGVG nicht zurückverwiesen werden kann, sondern nur in der Sache selbst zu entscheiden ist (wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist).

Auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren, unabhängig davon, ob das Strafverfahren bereits abgeschlossen ist und wem gegenüber die Entscheidung ergeht, ist eine Verwaltungsstrafsache.

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Amtssachverständige im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

fachgruppe verfahrensrechtDer VwGH fasst die wesentlichen Regeln zur Einbeziehung von Amtssachverständigen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in seinem Beschluss vom 20.06.2016 zusammen.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Verfahren gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 52 und 53 AVG primär die ihm zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen heranzuziehen, kann aber nach den Umständen auch nichtamtliche Sachverständige mit der Erstellung von Gutachten betrauen.

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VwGH Judikatur/Verfahrensrecht: Überlastung eines Verwaltungsgerichtes rechtfertigt keine Zurückverweisung

Verwaltungsgerichte sollen selbst ermitteln
Verwaltungsgerichte sollen selbst ermitteln

In seiner Entscheidung Ra 2016/03/0027 vom 22.06.2016 bekräftigt der Verwaltungsgerichtshof seine Auffassung, dass  nach den Verfahrensvorschriften grundsätzlich eine meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte vorgesehen ist.

Darum ist die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng beschränkt. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden.

Zu der im Anlassfall vom Verwaltungsgericht geltend gemachten fehlenden Interessensabwägung durch die Behörde in angefochtenen Bescheid und Überlastung eines richterlichen Organs weist der Gerichtshof auf seine Rechtsprechung hin, wonach die Behörden – nunmehr auch Verwaltungsgerichte – dafür Sorge zu tragen haben, dass durch organisatorische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung einer Rechtssache möglich ist. Überlastung kann somit eine Zurückverweisung iSd § 28 Abs 3 VwGG grundsätzlich nicht begründen.

 

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VwGH Judikatur / Verfahrensrecht: Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Wiederaufnahmebestimmung im VwGVG

VWGH-LogoDer Verwaltungsgerichtshof hatte in einem Verfahren betreffend die Zurückweisung der Wiederaufnahme eines Asylverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht die Bestimmung des § 32 Abs. 1 VwGVG (BGBl. I Nr. 33/2013) anzuwenden.

Nach dieser Bestimmung ist eine der Voraussetzungen für die Stattgabe eines Antrages auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens, dass eine Revision beim VwGH gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig ist.

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VwGH Judikatur / Mindestsicherung

VWGH-LogoDie Auffassung des VwG, dass auch ein von der Revisionswerberin bezogenes Pflegekindergeld iSd § 44 Wr. KJHG 2013 unter den umfassenden Einkommensbegriff des § 10 Wr. MSG fällt, ist nicht zu beanstanden, dient doch auch das Pflegekindergeld der Deckung von Lebensunterhalt und Wohnbedarf.

Gem § 10 Abs. 1 Wr. MSG ist auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen. Bei der Bemessung für eine Bedarfsgemeinschaft ist gem § 10 Abs. 2 zweiter Satz Wr. MSG auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen (wozu auch das Pflegekindergeld gehört) aller anspruchsberechtigten Personen  der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

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Apothekengesetz: Aus für starre Grenzen bei der Bedarfsprüfung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich über ein Vorabentscheidungsersuchen des LVwG Oberösterreich (Vorlageantrag Sokoll-Seebacher) erneut mit dem österreichischen Apothekengesetz beschäftigt. Laut Apothekerkammer wurde jetzt entschieden, dass in Zukunft eine Konzession für eine neue Apotheke in ganz Österreich – nicht nur in ländlichen Gebieten – auch bei weniger als 5500 zu versorgenden Personen bei entsprechendem Bedarf …

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Glücksspielgesetz: Verfassungsgerichtshof setzt Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte aus

vfghlogoSind beim Verfassungsgerichtshof eine erhebliche Anzahl von Verfahren über Beschwerden anhängig, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen sind oder besteht Grund zur Annahme, dass eine erhebliche Anzahl solcher Beschwerden eingebracht werden wird, kann der Verfassungsgerichtshof dies mit Beschluss gemäß § 86a VfGG aussprechen. Von dieser Möglichkeit hat der VfGH mit Beschluss vom 2. Juli 2016 ( BGBl. I Nr. 57/2016) zur Anwendung der §§ 52, 53 und 54 des Glücksspielgesetzes (E 945/2016, E 947/2016, E 1054/2016) Gebrauch gemacht.

Die Folgen dieses Beschlusses bestehen darin, dass ein Verwaltungsgericht, bei dem ein gleichgelagertes Verfahren anhängig ist, nur mehr solche Handlungen vornehmen oder Anordnungen und Entscheidungen treffen darf, die durch das zukünftige Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten. Außerdem beginnt die Beschwerdefrist gegen die Entscheidungen nicht zu laufen; eine laufende Beschwerdefrist wird unterbrochen.

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