In seiner Entscheidung vom 30.06.2016 führt der VwGH ausführlich aus, dass der umfassende Begriff „Verwaltungsstrafsache“ weit zu verstehen ist und was darunter zu verstehen ist, da in diesen Angelegenheiten gem. § 50 VwGVG nicht zurückverwiesen werden kann, sondern nur in der Sache selbst zu entscheiden ist (wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist).
Auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren, unabhängig davon, ob das Strafverfahren bereits abgeschlossen ist und wem gegenüber die Entscheidung ergeht, ist eine Verwaltungsstrafsache.
Dazu führt der VwGH zunächst aus, was unter dem Begriff „Verwaltungsstrafsachen“ iSd Art. 131 Abs. 3 bzw. 132 B-VG (alt) zu verstehen war:
Danach schließt der genannte Begriff auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen mit ein, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen und erstreckt sich auf alle Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen:
- Entscheidung über eine Beschlagnahme iSd § 39 Abs. 1 VStG (vgl. B VwGH 25.02.1992, Zl. 92/04/0020);
- Gemäß § 17 Abs. 3 VStG iVm § 28 Abs. 2 FernmeldeG Ausspruch über den (objektiven) Verfall (vgl. E VwGH 25.03.1992, Zl. 92/03/0006);
- Verhängung einer Ordnungsstrafe in einem Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung (vgl. B VwGH 25.03.1992, Zl. 92/03/0038);
- Antrag auf Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung ist mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren (vgl. B VwGH 25.11.1994, Zl 94/02/0428);
- Ausspruch über den Verfall einer Sicherheitsleistung gemäß § 37a Abs. 5 iVm § 37 Abs. 5 VStG, die wegen einer Verwaltungsübertretung eingehoben wurde, weil sich die Strafverfolgung des Beschuldigten bzw. der Vollzug der Strafe als unmöglich erwiesen hat (vgl. die E VwGH 25.06.2003, Zl. 2003/03/0090, und 27.02.2008, Zl. 2007/03/0135);
- Bescheide über die Beschlagnahme von Verfallsgegenständen und deren Ausfolgung iSd § 39 VStG (vgl. E VwGH 24.02.2012, Zl. 2009/02/0343, und Zl. 2009/02/0337); fehlt allerdings ein Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren, wie bei einer ausschließlich verwaltungspolizeilichen Zwecken (Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter) dienenden Beschlagnahme nach dem Saatgutgesetz bzw. dem Pflanzenschutzmittelgesetz, ergehen derartige Verwaltungsakte nicht in einem „Verwaltungsstrafverfahren“ (vgl. B VwGH 16.07.1999, Zl. 99/07/0083, und E VwGH 27.03.2008, Zl. 2007/07/0038, und 17.12.2009, Zl. 2009/07/0158);
- Bescheide über die Einziehung nach § 54 GSpG, wiewohl diese unabhängig von der Bestrafung eines Beschuldigten vorgesehen ist, weil sie (zumindest) die objektive Verwirklichung eines Verwaltungsstraftatbestands zur Voraussetzung hat (vgl. E VwGH 22.08.2012, Zl. 2011/17/0323);
- Die Qualifikation als „Verwaltungsstrafsache“ hängt nicht davon ab, dass die betreffende Entscheidung gegenüber dem einer Verwaltungsübertretung Beschuldigten ergeht; sie erfasst vielmehr auch z.B. die gegen einen Dritten, einen Zeugen, der die Aussage im Verwaltungsstrafverfahren ungerechtfertigt verweigert hatte, gerichtete Ordnungsstrafe (vgl. B VwGH 25.03.1992, Zl. 92/03/0038);
- das zu Grunde liegende Verwaltungsstrafverfahren muss auch nicht notwendigerweise noch anhängig sein, um eine damit in Zusammenhang stehende Angelegenheit, die selbst nicht die Ahndung einer Verwaltungsübertretung betrifft, als „Verwaltungsstrafsache“ zu qualifizieren (vgl. B VwGH 27.06.1990, Zl. 90/03/0160 (Anträge auf Wiederaufnahme bzw. Wiedereinsetzung), und vom 25.11.1994, Zl. 94/02/0428 (Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung).Diese auf die Rechtslage vor dem 1. Jänner 2014 bezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum umfassenden Begriff „Verwaltungsstrafsache“, der also weit zu verstehen ist, wurde auch schon auf den identen Begriff nach der neuen Rechtslage übertragen (vgl. B VwGH 10.10.2014, Zl. Ra 2014/02/0093; 05.03.2015, Zl. Ra 2015/02/0012; 16.06.2015, Zl. Ra 2015/02/0106, und 01.12.2015, Zl. Ra 2015/02/0223).
Weiters entschied der VwGH in diesem Erkenntnis, dass die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung nach § 7m AVRAG ebenso eine Entscheidung in einer Verwaltungsstrafsache ist.
Zusammengefasst erschien entscheidend, dass Aufträge zum Erlag einer Sicherheit nach § 7m AVRAG in einem engen Zusammenhang zu einem Verwaltungsstrafverfahren stehen, dessen Durchführung bzw. Vollzug sie sichern sollen: Ein derartiger Auftrag ergeht zwar gegenüber dem Vertragspartner des Beschuldigten und nicht gegenüber diesem selbst, erfasst aber dessen Forderung auf Werklohn bzw. Überlassungsentgelt und damit unmittelbar Vermögenswerte (Forderungsvermögen) des einer Verwaltungsübertretung verdächtigen Beschuldigten. Der aufgezeigte enge Konnex zwischen der auf Vermögen des Beschuldigten zielenden Sicherheitsleistung und dem zu Grunde liegendem Strafverfahren rechtfertigt es vor dem dargestellten Hintergrund, den Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung nach § 7m AVRAG als Entscheidung „in Verwaltungsstrafsachen“ iSd. § 50 VwGVG zu qualifizieren, sodass eine Aufhebung des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheids samt Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheids schon aus diesem Grund nicht in Betracht kommt (auf die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 VwGVG – vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063 – war hier daher nicht einzugehen).