Lohn- und Sozialdumping: Industrie sieht unionsrechtswidrige Gesetzesauslegung

Der Fachverband Metalltechnische Industrie setzt sich gegen eine strenge Auslegung des neuen Lohn- und Sozialdumping-Gesetzes (LSD-BG) zur Wehr. Anlass dafür ist die hohe Strafe gegen den Anlagenbauer Andritz, dessen Vorstand eine 22-Millionen-Euro-Strafe droht.

Der Konzern vergab einen Montageauftrag an eine Gesellschaft aus Kroatien, die für den Auftrag rund 200 Arbeitskräfte auf Werkvertragsbasis beschäftigte.

Die Strafandrohung resultiert aus Sicht des Verbandes aus einer falschen und unionsrechtswidrigen Auslegung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes. Der Fachverband hat daher schon heuer im März – vor Verhängung der Strafe gegen Andritz – Beschwerde bei der EU-Kommission gegen unionsrechtswidrige Aspekte des LSD-BG eingebracht.

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Gewerbeordnungsnovelle 2017: Neuerungen im Betriebsanlageverfahren

Am 17.7.2017 wurden sowohl der berufsrechtliche Teil der Novelle der GewO (BGBl Nr. I 94/2017) als auch der anlagenrechtliche Teil der GewO (BGBl Nr. I 96/2017) kundgemacht.

Der anlagenrechtliche Teil bringt im Betriebsanlagenrecht Verfahrenserleichterungen und eine Verkürzung der Entscheidungsfristen.

Verkürzung des Behördenverfahrens

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Während Behörden grundsätzlich sechs Monate Zeit für die Entscheidung in einem Verwaltungsverfahren haben, beträgt die Frist im regulären Betriebsanlagenverfahren nunmehr nur vier Monate. Und das vereinfachte Verfahren – für Anlagen mit geringem Gefährdungspotenzial – darf nur noch zwei und nicht mehr drei Monate dauern. Das „One-Stop-Shop“-Prinzip, bei dem auch bautechnische und naturschutzrechtliche Vorschriften in das Bewilligungsverfahren miteinbezogen worden wären, scheiterte im Parlament an der erforderlichen 2/3 Mehrheit.

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LVwG NÖ beantragt die Prüfung der Deckelung der Mindestsicherung

Nach vielen Beschwerden lässt das Landesverwaltungsgericht die Verfassungsrichter Deckelung und geringere Bezüge für Flüchtlinge prüfen. Dem STANDARD liegt ein Bescheid vor

Die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Regelungen für die bedarfsorientierte Mindestsicherung werden zunehmend zu Fällen für Höchstgerichte. So jetzt – erneut – das niederösterreichische Mindestsicherungsgesetz.

Diesem hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zwar erst vor zwei Wochen bescheinigt, verfassungskonform zu sein, obwohl es seit April 2016 subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge vom Bezug ausschließt. Doch nun geben andere, seit Anfang 2017 geltende Regelungen, die bisher nur politisch ein Zankapfel waren, Anlass für eine neue VfGH-Prüfung.

Weniger Geld für anerkannte Flüchtlinge

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Zugang zu Informationen: EuGH will offene europäische Verwaltung

Foto: bluedesign – Fotolia/Oliver Boehmer/Fotolia

Der EuGH hat in der Rechtssache C-213/15 P (Kommission/Patrick Breyer) die EU-Kommission wegen der Weigerung des Zugangs zu Schriftsätzen gegenüber einem Österreicher verurteilt. Die Brüsseler Behörde dürfe den Zugang zu Schriftsätzen der EU-Staaten nicht allein deshalb verweigern, weil es sich um Dokumente im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren handle.

Konkret ging es um ein Vertragsverletzungsverfahren, das die Kommission gegen Österreich eingeleitet hatte und in dem der Gerichtshof 2010 festgestellt hat, dass Österreich die Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung nicht rechtzeitig umgesetzt hat. Die Kommission vertrat die Ansicht, dass es sich bei den Schriftsätzen in diesem Verfahren um gerichtliche Dokumente handle, die vom Recht auf Zugang zu Dokumenten im Besitz der Kommission nicht von der EU-Verordnung Nr.1049/2001 umfasst seien. Sie lehnte es daher ab, dem österreichischen Kläger Zugang zu diesen Schriftsätzen zu gewähren.

Der Gerichtshof erkennt in seinem Urteil zwar die allgemeine Vermutung an, dass die Verbreitung von in einem Gerichtsverfahren eingereichten Schriftsätze zum  Schutz  von Parteieninteresse beschränkt sein muss, solange das Verfahren  anhängig  ist. Nach dem Urteil besteht aber kein  allgemeines  und  unbedingtes Vetorecht eines Mitgliedsstaats, der Verbreitung von im Besitz eines EU-Organs befindlichen Dokumenten, die von ihm stammen, nach freiem Ermessen widersprechen zu können.

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EGMR / Verschleierungsverbot ist rechtens

Ab 1. Oktober 2017 wird in Österreich das Tragen einer Vollverschleierung im öffentlichen Raum bestraft. Das Verbot gilt auch im öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehr. Frauen, die ihr Gesicht mit einem Schleier bedecken, müssen also mit einer Strafe von bis zu 150 Euro rechnen.

In Belgien gilt seit Mitte 2011 ein Gesetz, das es untersagt, im öffentlichen Raum Kleidung zu tragen, die das Gesicht teilweise oder ganz bedeckt. Verstöße können mit einer Geldstrafe und mehreren Tagen Haft bestraft werden. Bereits 2008 hatten drei Gemeinden Satzungen mit ähnlichen Verboten erlassen. Dagegen wehrten sich zwei Musliminnen, die aus religiösen Gründen einen Gesichtsschleier (Nikab) tragen. Sie sahen sich diskriminiert und ihre Religionsfreiheit sowie Privatsphäre verletzt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat das in Belgien geltende Verbot der Vollverschleierung für rechtmäßig erklärt.  Ein solches Verbot sei „für eine demokratische Gesellschaft notwendig“, urteilten die Richter am Dienstag in Straßburg.

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VfGH / Mindestsicherung NÖ: Subsidiär Schutzberechtigte können ausgeschlossen werden

VfGH wies Beschwerde eines in Niederösterreich lebenden Mannes ab: Status als Schutzberechtigter ist „eher von provisorischer Natur“.

Subsidiär Schutzberechtigte haben in Niederösterreich seit 5. April 2016 im Gegensatz zu Asylberechtigten nicht mehr Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, sondern nur noch auf die sogenannten  „Kernleistungen“ nach dem Grundversorgungsgesetz. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Regelung in einem Erkenntnis vom 28. Juni 2017 (es betraf den Fall eines irakischen Staatsangehörigen) als verfassungskonform angesehen. Die Unterschiede im faktischen und im daraus abgeleiteten rechtlichen Status zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten reichen aus, um auch eine unterschiedliche Behandlung bei Sozialleistungen zu rechtfertigen. Bei steuerfinanzierten Leistungen besteht nach ständiger Rechtsprechung kein Schutz des Vertrauens auf unveränderten Fortbestand einer einmal gewährten Leistung.

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EuGH: Umweltschäden auch bei rechtmäßigem Betrieb einer Wasserkraftanlage

Der EuGH hatte zu entscheiden, ob die österreichischen Regelungen über Umweltschäden und die Umweltbeschwerde im Bundes-Umwelthaftungsgesetz (B-UHG) mit der EU-Richtlinie 2004/35/EG über die Umwelthaftung vereinbar sind.

Im Anlassfall hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, durch den Betrieb einer Wasserkraftanlage komme es zu erheblichen Umweltbeeinträchtigungen, welche massiv die natürliche Reproduktion der Fische beeinträchtigten bzw. wiederholt zu Fischsterben über lange Fließstreckenbereiche führten.

Sein Rechtsmittel war vom Unabhängigen Verwaltungssenat Steiermark mit der Begründung abgewiesen worden,  dass der vom Beschwerdeführer behauptete Schaden durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt sei, sodass kein Umweltschaden im Sinne des § 4 Z. 1  lit. a B-UHG vorliege.

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EuGH bestätigt obligatorische Mediation

Eine zwingende Mediation in Verbraucherstreitigkeiten ist mit dem Unionsrecht vereinbar, letztlich bestimmen aber die Parteien den Ablauf des Mediationsverfahrens. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des EuGH (Urteil vom 14.06.17, C-75/16) zur Auslegung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten 2013/11/EU sowie der Richtlinie über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen 2008/52/EG hervor.

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Umweltschutz international: Gefährdete Flüsse erhalten Rechtspersönlichkeit

Ein einzigartiges Gesetz sichert in Neuseeland einem Wasserlauf Rechte zu – Rechtsbeistand inklusive

Ähnlich wie das österreichische kennt auch das neuseeländische Recht einen Unterschied zwischen natürlichen und juristischen Personen. Natürliche Personen können nur Menschen sein. Juristische Personen dagegen sind beispielsweise Unternehmen oder Vereine. Und in Neuseeland gehört nun auch ein Fluss dazu.

Der Whanganui-Fluss  auf der Nordinsel Neuseelands wurde als weltweit erster Fluss zur Person erklärt und mit Rechten ausgestattet – ähnlich den Grundrechten der Menschen.

„Es mag manchem zunächst merkwürdig vorkommen, dass ein Naturgegenstand als juristische Person anerkannt wird“, erklärte Chris Finlayson, Verhandlungsführer der Regierung. „Aber es ist nicht merkwürdiger als der Status von Stiftungen, Unternehmen oder Aktiengesellschaften.“

Zur Vertretung seiner Rechte erhält der Fluss zwei gesetzliche Vertreter: einen von der neuseeländischen Regierung und einen von der indigenen Bevölkerung.

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Deutsches Bundesverfassungsgericht weist Antrag gegen Kopftuchverbot ab

Für Referendarinnen, die sich im juristischen Vorbereitungsdienst bei Gericht befinden, besteht das Kopftuchverbot (vorläufig) zu Recht 

Im deutschen Bundesland Hessen dürfen Rechtsreferendarinnen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen, bei Verhandlungen im Gerichtssaal nicht auf der Richterbank sitzen, keine Sitzungsleitungen und Beweisaufnahmen durchführen, keine Sitzungsvertretungen für die Amtsanwaltschaft übernehmen und während der Verwaltungsstation keine Anhörungsausschusssitzung leiten.

Eine Rechtsreferendarin im Land Hessen, die als Ausdruck ihrer individuellen Glaubensüberzeugung in der Öffentlichkeit ein Kopftuch trägt, hatte beim Präsidenten des Landgerichts erfolglos Beschwerde gegen die ihr aufgrund des getragenen Kopftuchs auferlegten Beschränkungen eingelegt.

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