Staatsschutzgesetz: Vorbeugender Schutz vor Anschlägen ist verfassungskonform

Das Polizeiliche Staatsschutzgesetz ist im Lichte eines von 61 Abgeordneten zum Nationalrat gestellten Antrags nicht verfassungswidrig. Grüne und FPÖ wollten mit ihrem – vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ausgearbeiteten – Drittelantrag die gesamte Novelle kippen. Die Richtervereinigung und Rechtsanwälte hatten eine richterliche Kontrolle der einzelnen Ermittlungsschritte gefordert.

Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken in seinem Erkenntnis G 223/2016 vom 29. November 2017 nicht.

Keine Bedenken gegen vorbeugende Ermittlungen

Der Verfassungsgerichtshof setzte sich in drei Sessionen mit diesen Bedenken auseinander. Die Richter erklärten vorbeugenden Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen ausdrücklich für zulässig. Eine Ermittlung sei „nicht schon deshalb verfassungswidrig, weil die Straftat erst im Planungsstadium ist“. Es sei legitim, wenn der Gesetzgeber ermögliche, „bei entsprechender Verdachtslage Bedrohungen des Rechtsstaates, wie etwa durch terroristische Anschläge, schon im Vorfeld zu vereiteln“. Schließlich würden im Staatsschutzgesetz Ermittlungen nur bei „begründetem Verdacht der Gefahr eines verfassungsgefährdenden Angriffs“ zugelassen, für bestimmte, taxativ aufgezählte Delikte unter Wahrung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Die Behörden hätten zwar einen „gewissen Beurteilungsspielraum“, aber dieser sei notwendig.

Ermittlungen „ins Blaue hinein“ unzulässig

Hinsichtlich der Möglichkeit, Standortdaten und IP-Adressen nicht nur von unmittelbar Betroffenen, sondern auch von deren Kontakt- oder Begleitpersonen abzufragen, befürchteten die Antragsteller, dass den Behörden damit die Möglichkeit eröffnet werde, „die systematische Beobachtung von Bürgern unangemessen auszudehnen“. Der VfGH hält diesem Einwand entgegen, dass eine nur zufällige Verbindung nicht ausreiche, um Daten abzufragen. Die Ermittler müssen den Status dieser Personen zudem möglichst rasch klären und erhobene Daten dann allenfalls löschen. „Damit ist klargestellt, dass das bloße Vorliegen von (flüchtigen) Kontakten keine Ermittlungsmaßnahmen gegen das gesamte Umfeld einer Gruppierung (§ 6 Abs. 1 Z 1 PStSG) oder eines Betroffenen (§ 6 Abs. 1 Z 2 PStSG) ‚ins Blaue hinein‘ rechtfertigt, um erst auf diesem Wege in Erfahrung zu bringen, ob ein engerer Zusammenhang oder Kenntnis von bestimmten Informationen besteht.“

Zur Ermittlung von Verkehrs-, Zugangs- und Stammdaten von betroffenen Personen heißt es in dem Erkenntnis weiter: „Ausgehend davon, dass der Gesetzgeber hiermit das öffentliche Interesse verfolgt, die Allgemeinheit präventiv vor einem verfassungsgefährdenden Angriff zu schützen und dies auf Basis einer verdichteten Gefahrenprognose durch die zuständige Behörde erst nach Befassung des Rechtsschutzsenates (§ 14 Abs. 3 PStSG) erlaubt ist, ist es nicht unsachlich, in diesen Konstellationen als ultima ratio (wenn überhaupt erforderlich) diese Ermittlungsmethode einzusetzen.“

Hier geht’s zum Erkenntnis …

Siehe dazu auch:

Einschränkung der Grundrechte – Frankreich macht Ausnahmen zur Regel

Und: Nur wenige wissen, was passiert

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