Judikatur VfGH / Apothekengesetz: Rezeptfreie Arzneimittel dürfen weiterhin nur von Apotheken verkauft werden

Der Verfassungsgerichtshof hat den Individualantrag der Drogeriemarktkette „dm“ auf Durchführung eines Gesetzes- und Verordnungsprüfung betreffend Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes, des Apothekengesetzes, der Gewerbeordnung etc. abgewiesen bzw. zurückgewiesen.

Die Drogeriekette hatte sich gegen Vorschriften gewandt, denen zufolge auch nicht rezeptpflichtige Arzneimittel nur von Apotheken bezogen sowie im Kleinverkauf oder durch Fernabsatz (online) abgegeben werden dürfen. Ebenso angefochten war das absolute Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung. Vorgebracht wurde, dass die angefochtenen Vorschriften gegen das Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung verstießen. Den öffentlichen Interessen des Patientenschutzes, der Arzneimittelsicherheit, der Gesundheit sowie des Konsumentenschutzes könnte nämlich auch durch Drogisten entsprochen werden. Ein Apothekenvorbehalt sei daher unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig.

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VfGH Judikatur: Betretungsverbot für Sportbetriebe und Auskunftspflicht von Gastronomen waren gesetzwidrig – „Distance Learning“ war gerechtfertigt

Einige am 19.03.2021 zugestellte Entscheidungen des VfGH betreffen Maßnahmen gegen COVID-19, die im Vorjahr gegolten haben.  In seinen Entscheidungen drückt der VfGH aus, welche verfassungsrechtlichen Schranken die zuständigen Behörden bei Maßnahmen gegen COVID-19 zu beachten hatten und haben. 

Betretungsverbot für Sport- und Freizeitbetriebe 2020: Regelung war gesetzwidrig, da nicht ausreichend begründet

Eine im Frühjahr 2020 geltende COVID-19-Maßnahmen­verordnung (BGBl. II Nr. 96/2020) bestimmte, dass das Betreten von Sport- und Freizeitbetrieben untersagt ist. Der Inhaber eines Fischteiches erhielt auf Grund dieses Verbots von der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld eine Strafe, weil er nicht dafür gesorgt hatte, dass sein Gelände nicht von fremden Personen betreten wird. Der Inhaber beschwerte sich beim LVwG Steiermark. Dieses wiederum stellte beim VfGH den Antrag auf Feststellung, dass dieses Betretungsverbot gesetzwidrig war.

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Judikatur VfGH: Durch Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz darf Meinungsfreiheit nicht beschränkt werden

Im Anlassfall hatte ein Tierschutzaktivist im Juni 2018 bei einer Veranstaltung zum Thema „Milch“ ein Kuhkostüm samt Kuhmaske getragen, um so auf sein Anliegen, die Bedingungen in der Milchproduktion, hinzuweisen. Weil er durch das Tragen des Kostüms samt Maske gegen das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz verstoßen habe, wurde gegen ihn eine Geldstrafe verhängt.

Dagegen wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und vorgebracht, durch diese Bestrafung sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit verletzt worden; auch stütze sich die Strafe auf ein verfassungswidriges Gesetz. Er stellte daher den Antrag, die im Instanzenzug ergangene Strafentscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) aufzuheben.

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Judikatur VfGH / Verfahrensrecht: Behörden sind zur unverzüglichen Umsetzung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes verpflichtet, auch wenn die schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses noch nicht ergangen ist

Im Anlassfall hatte das Verwaltungsgericht Wien in Verwaltungsstrafverfahren nach dem Wiener Wettengesetz den Beschwerden gegen Straferkenntnisse Folge gegeben. Die Beschlagnahmebescheide und die Verfallsaussprüche wurden aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Die Entscheidungen wurden mündlich verkündet, der Magistrat der Stadt Wien beantragte eine schriftliche Ausfertigung.

Daraufhin forderte die Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte deren Ausfolgung, was vom Magistrat der Stadt Wien mit dem Hinweis verweigert wurde, die beantragte schriftliche Ausfertigung sei noch nicht zugestellt und es sei geplant, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien eine Amtsrevision zu erheben.

Auch sei es zur Sicherung des Verfalles notwendig, der Eigentümerin die Verfügung über die beschlagnahmten Geräte zu entziehen, weil ansonsten die Gefahr bestehe, dass sie dem weiteren Zugriff der Behörde entzogen würden. Das Interesse der Eigentümerin an der vorzeitigen Rückgabe der vorläufig beschlagnahmten Wettinformationsgeräte trete hinter das öffentliche Interesse an der Sicherstellung eines etwaigen Verfalles zurück.

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Corona-Maßnahmen: Deutsches Verwaltungsgericht kippt nächtliche Ausgangssperre

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die coronabedingte nächtliche Ausgangssperre gekippt. Nach dem am Montag veröffentlichten Beschluss muss die Vorschrift in der Corona-Verordnung, die Ausgangsbeschränkungen von 20 Uhr bis 5 Uhr vorsieht, außer Vollzug gesetzt worden.

Der 1. Senat argumentiert, die Landesregelung habe zuletzt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Nach dem Infektionsschutzgesetz seien Ausgangsbeschränkungen nur möglich, wenn ihr Unterlassen zu irgendwelchen Nachteilen in der Pandemiebekämpfung führe. Sie kämen nur dann in Betracht, wenn der Verzicht auf Ausgangsbeschränkungen – auch unter Berücksichtigung aller anderen ergriffenen Maßnahmen – zu einer wesentlichen Verschlechterung des Infektionsgeschehens führe.

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Umweltrecht: Verwaltungsgericht Paris stellt Untätigkeit Frankreichs beim Klimaschutz fest

Erstmals in Frankreich hat ein Gericht festgestellt, dass die staatlichen Klimaschutzmaßnahmen unzureichend sind, um die Klimakrise zu stoppen.

Mit Urteil vom 3. Februar 2021 erkannte das Verwaltungsgericht Paris die Existenz ökologischer Schäden im Zusammenhang mit dem Klimawandel an. Das Gericht ist der Auffassung, dass der französische Staat für die teilweise Nichterfüllung der Ziele, die er sich im Hinblick auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen gesetzt hat, die Verantwortung trägt.

Greenpeace und andere Organisationen hatten in ihrer Klage dem französischen Staat mit Unterstützung von mehr als zwei Millionen Bürgern Untätigkeit beim Klimaschutz vorgeworfen. Die Klimaklage stand unter dem Motto „Affaire du siècle“ (Affäre des Jahrhunderts).

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Corona-Maßnahmen: Bayerischer Verwaltungsgerichthof kippt 15-Kilometer-Regel; Eilantrag gegen die Tragepflicht von FFP2-Masken abgelehnt

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die 15-Kilometer-Regel für Bewohner von sogenannten Corona-Hotspots in Bayern vorläufig außer Kraft gesetzt. Gegen den Beschluss gibt es keine Rechtsmittel.

Zur Begründung führte der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat aus, dass das Verbot aller Voraussicht nach gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoße. Für die Betroffenen sei der räumliche Geltungsbereich des Verbots touristischer Tagesausflüge über einen Umkreis von 15 km um die Wohnortgemeinde hinaus nicht hinreichend erkennbar. Die textliche Festlegung eines 15-km-Umkreises sei nicht deutlich und anschaulich genug.

Seit 11. Januar waren laut der Corona-Verordnung in Bayern Ausflüge nur noch in einem Umkreis von höchstens 15 Kilometern um den Wohnort erlaubt, wenn das Robert Koch-Institut (RKI) im betreffenden Landkreis oder in der kreisfreien Stadt mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche meldet. Unter anderem hatten drei SPD-Landtagsabgeordnete gegen die Regelung Eilanträge eingereicht.

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Corona-Krise: Erste Klagen gegen Impfverordnung in Deutschland

Während in Österreich ein Impfverordnung bis dato nicht erlassen wurde, hat der deutsche Gesundheitsminister die Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bereits im Mitte Dezember unterzeichnet. Sie legt unter anderem fest, wer zuerst geimpft werden soll.

Priorisierung umstritten

Eine Priorisierung bei der Corona-Impfung wird damit begründet, dass entsprechende Vakzine bislang knapp sind und nicht jeder, der will, sofort geimpft werden kann. Der Gesundheitsminister stützt sich dabei auf die Verordnungsermächtigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Festgelegt wird darin, dass Bund und Länder den zunächst nur begrenzt vorhandenen Impfstoff in einer festgelegten Reihenfolge einsetzen sollen. Hochaltrige und besonders von schweren Infektionsverläufen gefährdete Personen stehen dabei ganz vorne auf der Liste – ebenso wie Pflegekräfte in Altenheimen.

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Corona-Krise: Verwaltungsgericht Bozen erklärt Schulschließung für rechtswidrig

Coronavirus

Vom 16. bis 22. November waren in Südtirol alle Kindergärten und Schulen geschlossen, mit Ausnahme für Kinder mit Eltern in systemrelevanten Bereichen. Eine Gruppe von Eltern und Verbandsvertreter legten Rekurs ein. Nun muss das Land die Prozesskosten übernehmen.

Maßnahme fehlte angemessene Begründung

Mit der Dringlichkeitsmaßnahme Nr. 69/2020 vom 12. November wurden alle Schulen und Kindergärten in Südtirol geschlossen. Das Bozner Verwaltungsgericht hat nach einem Rekurs nun festgestellt, dass es dafür Ermittlungs- und Begründungsmangel gegeben hat. Es erklärte deshalb die Maßnahme als rechtswidrig, laut Bericht in der Tageszeitung „Dolomiten“.

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Judikatur VwGH / Verfahrensrecht: Zur Überprüfung mündlich verkündeter Erkenntnisse

Nach Einrichtung der Verwaltungsgerichte war die Frage offen, ob – so wie bei Entscheidungen der UVS – bereits gegen ein mündlich verkündetes Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ein Rechtsmittel erhoben werden kann oder erst gegen dessen schriftliche Ausfertigung.

Mit Erkenntnis vom 15.12.2014, Ro 2014/04/0068, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass auch gegen eine zunächst nur mündlich verkündete Entscheidung eines Verwaltungsgerichts eine ordentliche Revision zulässig ist. Die Bestimmung des § 29 VwGVG war nach Auffassung des VwGH analog zum früheren § 67g AVG zu verstehen. (Siehe dazu: Revision gegen mündlich verkündete Erkenntnisse ist zulässig, VfGH Beschwerde nicht)

In seinem Erkenntnis vom 23. 9. 2020, Ra 2019/14/0558, hat der Verwaltungsgerichtshof jetzt ausführlich die Frage behandelt, ob die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte allein an den bei der mündlichen Verkündung mitgeteilten Gründen (Verhandlungsniederschrift), oder (auch) an der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung zu messen ist.

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