Richterernennung (2): Ex-Justizminister soll Verfassungsrichter werden

apa

Keine Wartefrist für Ex-Politiker

Man muss fast 100 Jahre zurückgehen, um ähnliche Fälle zu finden. Zuletzt gab es in der Ersten Republik direkte Wechsel aus der Regierung in den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter könnte nun wieder jemand mehr oder weniger direkt aus der Regierung in das Höchstgericht wechseln. Anders als beim Präsident bzw. Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofes gibt es für die Ernennung von Expolitikern zu „einfachen“ Richtern keine sogenannte „Cooling-off“ – Phase.

Kritik an Nebentätigkeiten

Nach einem Bericht des „Standard“ stoße die Bestellung von Brandstetter bei etlichen Richtern des Verfassungsgerichtshofs auf  Unverständnis, habe er doch als Ex-Minister jahrelang in der Justiz und über Gesetze bzw. Gesetzesvorhaben (mit)bestimmt, sodass Befangenheiten entstehen könnten.

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Polen: Höchstgericht wehrt sich gegen die Justizreform

Der Oberste Gerichtshof in Polen

Das Gesetz über den Obersten Gerichtshof Polens (Supreme Court  of the Republic of Poland) wird am 04.04.2018 in Kraft treten, das Gesetz über den Polnischen Justizrat ist bereits in Kraft. In einer Resolution hat die Vollversammlung des Höchstgerichts die Reformen als Verletzung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien kritisiert.  

Zwangspensionierungen und Neubestellungen

Mit dem neuen Gesetz wird – ähnlich wie vor Jahren in Ungarn – das Pensionsalter der Höchstrichter von 70 Jahre auf 65 Jahre herabgesetzt. Damit wird fast die Hälfte der Richterschaft am Höchstgericht zwangspensioniert. Nur durch Ermessensentscheidung des Staatspräsidenten ist es zukünftig möglich, länger im Amt zu bleiben. Gleichzeitig wird die Zahl der Höchstrichterinnen und – richter von derzeit 88 auf 120 erhöht. Im Ergebnis  werden damit fast 2 Drittel der Höchstrichterinnen und-richter neu bestellt. Das Höchstgericht ist   – anders als in Österreich – auch für Wahlanfechtungen zuständig.

Politischer Einfluss auf Richterbestellungen

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Tipp: Polen vor der Zerreißprobe (Dokumentation)

Roza Thun hat schon oft um ihr Land gekämpft. Als ehemalige Sprecherin der Studentenorganisation der Solidarnosc war sie wesentlich mitbeteiligt an der Wende 1989. Nach dem Fall des Kommunismus warb sie leidenschaftlich und erfolgreich für den polnischen EU-Beitritt. Dass sie im Jahr 2017 wieder auf die Straße gehen muss, hätte sie sich niemals träumen lassen. …

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Nicht nur Polen: Die EU hat ein Problem mit der Rechtsstaatlichkeit (2)

Mit der Justizreform erhält der Justizminister in Polen das Recht, jederzeit die Präsidenten der polnischen Gerichte sowie die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs zu entlassen. Außerdem stellen die Gesetze das Gremium von Richtern, das bisher unabhängig über die Ernennung und Beförderung von Richtern entscheidet, unter den direkten Einfluss der Mehrheitspartei im Parlament. Schließlich erhält der Justizminister die Möglichkeit, in bestimmten Fällen rechtskräftige Gerichtsurteile, die bis zu 20 Jahre zurückliegen, durch eine außerordentliche Klage vor dem Obersten Gericht anfechten zu können.

Mit der Unterstellung der Richter unter die politische Kontrolle der Mehrheitspartei im Parlament, werden das Prinzip der Gewaltenteilung und das Recht auf ein faires Verfahren aufgehoben. Diese Grundsätze beruhen nicht nur Art 6 EMRK und Art 47 der EU-Grundrechtecharta, sondern sind auch in Art 9 der polnischen Verfassung festgelegt.

Rechtsstaatsprinzip ist das Rückgrat der Europäischen Union

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Nicht nur Polen: Die EU hat ein Problem mit der Rechtsstaatlichkeit (1)

„… ich stehe auf dem Standpunkt, dass souveräne Staaten – und Europa sollte ein Europa souveräner Staaten sein – das absolute Recht haben, ihr Gerichtswesen zu reformieren“ wird Polens neuer Premier Mateusz Morawieck   in den Medien zitiert. „Wir können nicht hinnehmen, dass die EU in Budgetfragen über jede Dezimalstelle intensiv diskutiert, aber schwere und systematische Verstöße von Mitgliedstaaten wie Polen gegen fundamentale Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte nicht anspricht“, erklärte dagegen der französische Präsident, Emmanuel Macron.

Jetzt hat die EU-Kommission gegen Polen  wegen der Unterminierung der Gewaltenteilung ein Grundrechtsverfahren eingeleitet. Die Entwicklung in Polen ist aber nur der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die die gesamte Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union in Frage stellen könnte.

Ungarn macht den Anfang

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Preis für Zivilcourage an deutschen Richter verliehen

Sozialrichter Jan-Robert von Renesse hat Zivilcourage gezeigt.
(Foto: dpa/David Young)

Dr. Jan-Robert von Renesse, Sozialrichter am Landessozialgericht in Nordrhein-Westfalen, erhielt am Tag der Menschenrechte (10.Dezember) den seit dem Jahr 2005  vergebenen Preis der Stadt Dachau für Zivilcourage. Renesse hatte sich für die Anerkennung von Renten von Holocaust-Überlebenden eingesetzt, deren Ghetto-Renten nicht oder nur mit großer Verzögerung anerkannt wurden, und war genau deswegen selbst zu einem Angeklagten geworden.

Im Juli 2006 verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz, durch das Holocaust-Überlebende, die in einem Ghetto gearbeitet hatten, eine Arbeitsrente erhalten sollten. Etwa 80.000 Anträge gingen ein, die allermeisten wurden von der Rentenversicherung abgelehnt. Einige Überlebende klagten dagegen, ihre Klagen kamen unter anderem auf den Tisch von Richter Jan-Robert von Renesse. Er bricht mit der üblichen Praxis, fährt mehrfach nach Israel und lässt sich den Ghetto-Alltag von 120 Überlebenden schildern. Bei etwa 60 Prozent der Fälle sieht er einen Anspruch begründet, im Unterschied zu seinen Richterkollegen, die 90 Prozent der Klagen abweisen.

2010 wird er von den Ghettorenten-Fällen abgezogen. Er wendet sich daraufhin mit einer Petition an den Deutschen Bundestag, was bewirkt, dass dieser 2014 das Gesetz zugunsten der Holocaust-Überlebenden ändert. Eine von seinem Dienstgeber gegen von Renesse erhobene Disziplinarklage wird September 2016 eingestellt.

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VwGH Judikatur / Verfahrensrecht: Fristsetzungsantrag kann nur einmal gestellt werden

Das Institut des Fristsetzungsantrages  war mit Einrichtung der Verwaltungsgerichte (erster Instanz) geschaffen worden. Damit sollte Rechtsschutzsuchenden –  nach dem Vorbild der ordentlichen Gerichtsbarkeit – eine verfahrensrechtliche Möglichkeit eingeräumt werden, gegen die „Untätigkeit“ eines Verwaltungsgerichtes vorzugehen. 

Dazu sieht § 42a VwGG vor, dass dem Verwaltungsgericht, welches seiner Entscheidungspflicht nicht nachgekommen ist,  vom Verwaltungsgerichtshof eine Frist zur Nachholung der Entscheidung eingeräumt wird. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn das Verwaltungsgericht das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses unmöglich machen (§ 38 Abs. 4 VwGG).

Im konkreten Fall hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage zu beschäftigen, ob nach dem ergebnislosen Ablauf einer vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten „Nachfrist“ ein weiterer Fristsetzungsantrag verfahrensrechtlich zulässig ist.

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Überlastung – Verwaltungsgericht Wien fürchtet um seine Funktionsfähigkeit

Einen dringlichen Appell für mehr Personal richtete letzte Woche die Dienststellenversammlung des Verwaltungsgerichts Wien an die politischen Verantwortlichen in Verwaltung und Politik.

Der Grund: die in den letzten Jahren ohnehin schon hohe Belastung des Gerichtes ist im laufenden Jahr weiter gestiegen. Eine Belastung, die ohne zusätzliche Richterdienstposten und nichtrichterlichem Personal nicht zu bewältigen sein wird. Für diese Forderungen erhält das Gericht auch von der Gewerkschaft volle Unterstützung. Auch der Präsident und  die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtes stimmten für die Resolution.

Für besonderen Unmut sorgt dabei die Tatsache, dass selbst die Nachbesetzung offener Planstellen vom Magistrat der Stadt Wien seit Monaten verzögert wird. Das Gericht selbst hat keine Möglichkeit, die Besetzungsverfahren zu beschleunigen.

Verschärfung der Situation droht

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Türkei kürzt Zahlungen an Europarat wegen Richter-Ehrung

Murat Arslan. © dpa

Aus Protest über die Verleihung des Vaclav-Havel-Preis für Menschenrechte an den inhaftierten Präsidenten der türkischen Richtervereinigung, Murat Arslan, will die  Türkei ihre Zahlungen an den Europarat reduzieren.

Das kündigte Außenminister Mevlüt Cavusoglu nach einem Bericht des „Standard“ als Reaktion auf die Preisverleihung an.

Arslan sitzt im Gefängnis, weil ihm Verbindungen zu den Organisatoren des gescheiterten Putsches im vergangenen Jahr vorgeworfen werden. (Siehe dazu: Europäische Richtervereinigungen fordern Untersuchung von Inhaftierungen und Foltervorwürfen)

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Schweiz: Strafverfahren ohne Richter, Beschuldigten und Öffentlichkeit

Umstrittene Strafbefehle: Die Macht der Staatsanwälte

Knappe Ressourcen, zu viele Verfahren, zu wenige Richter. Dieses Problem hat auch die Schweiz.

Die Lösung: Sogenannte Strafbefehle, das bedeutet „abgekürzte“ Verfahren zur Verhängung nicht nur von Geldstrafen,  sondern auch von Freiheitsstrafen. Herr des Verfahrens ist ausschließlich der Staatsanwalt, eine Anhörung des Beschuldigten findet nicht statt. Rund 90% der Strafverfahren sollen in der Schweiz bereits so erledigt werden.

Der Appellationsrichter und Berner Strafrechtsprofessor Jonas Weber warnt in einem Beitrag im Schweizer Fernsehen, dass die Schweizer Justiz ein Problem mit den Strafbefehlen hat: «Es ist eben relativ selten, dass gegen einen Strafbefehl Einsprache erhoben wird. Und es gibt einige empirische Studien die belegt haben, dass es unter den nicht angefochtenen Strafbefehlen viele Fehlurteile gibt.»

Fixe „Tarife“ für Strafzumessung

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