Corona-Krise: Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte vor Gericht (3)

Österreich:  Anwälte fordern Eilverfahren des VfGH

Auch der Präsident des Rechtsanwaltskammertages, Rupert Wolff, fordert in der Debatte um den Rechtsschutz gegen behördliche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung ein Eilverfahren beim Verfassungsgerichtshof. Die ohne Begutachtung schnell erlassenen Vorschriften seien teils „lücken- und fehlerhaft“ ausgefallen, so Wolff.

Im Rechtsstaat habe aber auch in schwierigen Zeiten „Transparenz und Qualität“ in der Gesetzgebung zu gelten, sagte Wolff. Gesetze und Verordnungen müssten auch in Notzeiten klar festlegen, was erlaubt und was verboten ist. „Oft wissen die Bürger nicht, was sie tun dürfen“, kritisierte Wolff – unter Hinweis etwa auf die Verwirrung rund um den Ostererlass.

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CoV-Gesetze: Jabloner nimmt Kanzleramt in die Pflicht

Ex-Justizminister Clemens Jabloner nimmt in der Diskussion über die von vielen Juristen als problematisch eingestuften Maßnahmen zur Bekämpfung der CoV-Pandemie das ÖVP-geführte Bundeskanzleramt in die Pflicht.

„Es ist ja nicht der Gesundheitsminister ganz allein auf weiter Flur“, sagte er heute im Ö1-Morgenjournal, nachdem am Vorabend das Expertengremium zur Evaluierung getagt hatte.

Das Kanzleramt sei für die verfassungsgemäße Vorbereitung aller Rechtsakte zuständig. „Es gibt auch eine Verfassungsministerin sogar und einen Apparat, den Verfassungsdienst, der hier seit 100 Jahren tätig ist“, unterstrich Jabloner, der damit offensichtlich auf Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) reagierte, die gegenüber der APA die inhaltliche Verantwortung für die Verfassungskonformität der Maßnahmen beim jeweiligen Ressort und damit vor allem beim grünen Gesundheitsminister Rudolf Anschober verortet hatte.

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Verfassungskonformität der Corona-Maßnahmen: Prüfung durch Expertengruppe statt durch Verfassungsdienst

Gesundheitsminister Anschober reagiert auf die Zweifel an der Verfassungskonformität der Corona-Maßnahmen. Eine Gruppe renommierter Verfassungsexperten werde die Maßnahmen daraufhin prüfen, ob sie repariert werden müssen.

Nachdem Bundeskanzler Kurz die Kritik an der Rechtmäßigkeit der Corona-Maßnahmen zurückgewiesen hatte, gab der Gesundheitsminister bekannt, eine Gruppe renommierter Verfassungsexperten, darunter Ex-Justizminister Clemens Jabloner, werde prüfen, ob es bei Gesetzen, Verordnungen und Erlässen „Unschärfen“ gebe.

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Was die Betretungs-Verordnung wirklich verbietet und was nicht

Österreich muss auch in der Covid-Krise ein Rechtsstaat bleiben. Dem widerspricht die neue Art von Rechtssetzung via Pressekonferenz und Twitter.

Dürfen wir noch ohne bestimmte Gründe die Wohnung verlassen? Diese Frage stellen sich viele Österreicher unter dem Eindruck der öffentlichen Informationen über die Covid-19-Maßnahmen der Regierung. Die Antwort ist bei genauerem Hinsehen eindeutig.

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Corona-Krise: Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte vor Gericht (2)

Die Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung gegen die Ausbreitung des Coronavirus rufen zunehmend Kritiker auf den Plan. Beim Verfassungsgerichtshof  sind mittlerweile 20 Anträge gegen die betreffenden Gesetze und Verordnungen eingelangt, gab die Pressestelle am Freitag bekannt. Alle diese Anträge würden unverzüglich in Behandlung genommen„.

Die nächste Session des Verfassungsgerichtshofes findet, wie üblich, im Juni statt.

Österreich: Rascher Rechtsschutz gegen  Grundrechtseingriffe fehlt

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Verwaltungsrichter fordern rascheren Rechtsschutz

Eine Pflicht-Tracking-App zur Coronavirus-Kontrolle wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte auf Datenschutz und Freiheit, stellen die Verwaltungsrichter fest. Sie appellieren an die Regierung, bei ihren Maßnahmen „die Grundsätze des Rechtsstaats nicht außer Kraft zu setzen“ und Verhältnismäßigkeit zu wahren. Besonders wichtig wäre ein rascherer Rechtsschutz, sagte Sprecher Markus Thoma.

Auch für die Verwaltungsrichter ist klar, dass „außergewöhnliche Gefahren besondere Maßnahmen erfordern“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der – in einem Dachverband zusammengeschlossenen – Vereinigungen der Richter des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, der Verwaltungs- und der Finanzgerichte.

Richter: Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein

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Dachverband der Verwaltungsrichter: Maßnahmen der Regierung zur Corona-Pandemiebekämpfung müssen verhältnismäßig bleiben   

In einer Presseerklärung nimmt der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) zu den aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie Stellung. Grund dafür sind die von der Regierung angestellten Überlegungen, die Bewegungsfreiheit der Bürginnen und Bürger an die Verwendung eines App zu knüpfen. 

Der DVVR stellt dazu fest, die Verwaltungsrichterinnen und – Richter seien sich bewusst, dass außergewöhnliche Gefahren besondere Maßnahmen erfordern. So dringend Maßnahmen zur Vermeidung von Tod und Leid aber auch erscheinen, so unentbehrlich ist es dabei, die Grundsätze des Rechtsstaats nicht außer Kraft zu setzen und die gebotene Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen im Auge zu haben.  Ein Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte dürfe nur erfolgen, soweit dieser Eingriff unbedingt erforderlich, zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und mit der geringstmöglichen Beeinträchtigung dieser Rechte verbunden ist.

Corona-Krise darf nicht Deckmantel für digitale Überwachung sein

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EuGH: Polen muss Gesetz zur Disziplinierung von Richtern aussetzen

Im Streit um die polnischen Justizreformen hat die Regierung in Warschau eine deutliche Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof erlitten. Die Luxemburger Richter gaben einem Antrag der EU-Kommission auf einstweilige Verfügung statt, wonach die Anwendung eines Gesetzes zur Disziplinierung von Richtern ausgesetzt werden muss (Rechtssache C-791/19 R). Ein endgültiges Urteil wird der EuGH zu einem späteren Zeitpunkt treffen.

Aus Sicht des Obersten Gerichts in Polen verstößt die Kammer gegen europäisches und polnisches Recht. Inzwischen hat die rechtskonservative Regierungspartei PiS ein weiteres Gesetz zur Richterdisziplinierung verabschiedet und in Kraft gesetzt. Auch dagegen hegt die EU-Kommission Bedenken, hat aber noch kein Verfahren eingeleitet. Wegen der Disziplinarkammer hatte die Behörde im Januar eine einstweilige Verfügung beim EuGH eingereicht und bekam nun Recht.

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Grundrechte: Verpflichtende Tracking-App wäre verfassungswidrig

Während gegen einen völlig freiwilligen Einsatz der App aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden wäre, würde eine Pflicht dazu in vielfältiger Weise die Grundrechte unzulässig beschränken, schreiben die Professoren Anna Gamper und Peter Bußjäger vom Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Die Experten betonen, dass die App zunächst keine Infektion verhindere, sondern lediglich eine Benachrichtigung veranlasse, wonach jemand infiziert sei. Ob die per digitalem Handshake aufgefundene Person, der eine infizierte Person begegnet ist, sich selbst tatsächlich infiziert hat, ist damit noch nicht gesagt. Eine übervorsichtige oder auch missbräuchliche Aktivierung des Handshake könnte vielmehr dazu führen, dass Personen informiert werden und sich in Quarantäne begeben müssen, die nicht nur nicht infiziert sind, sondern die sich objektiv gesehen nicht einmal infizieren konnten, etwa weil sie einen ausreichenden Abstand eingehalten haben.

„Großflächige Quarantänisierung“

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Frühlingshaft [1] oder: Grundrechte sind kein Schönwetter­programm

Jetzt ist in meinem Leben die erste echte Krise da und es dauert keine Woche, da sehe ich meine (ungarische) Kindheit wiederkommen, schreibt der Datenschutzexperte Nikolaus Forgó in diesem sehr persönlichen Gastkommentar.

Ich bin 1968 geboren und habe einen Vater, der 1956 aus Ungarn geflüchtet ist. Meine frühen Kindheitserinnerungen, aus den 1970er Jahren, handeln von LKW-brechenden Schlagbäumen, Grenzpolizisten mit Maschinengewehren, den Anweisungen meiner Eltern, an der Grenze im Auto nur ja ruhig zu sitzen und nichts zu sagen, wenn wir irgendwas gefragt würden. Budapest grau, der Geruch nach Kohle in den Straßen, verfallende Häuser, vor allem aber das ständige Gefühl, vorsichtig sein zu müssen, nichts Unbedachtes zu sagen, man weiß ja nie, der Vater ist nicht legal aus dem Land gegangen. Kindliche Zufallsbekanntschaften, bei denen ich eine Mischung aus Mitleid und Glückseligkeit empfand, weil ich ja, wenn nur nichts Unerwartetes geschah, wieder zurückkonnte, hinter den Schlagbaum, auf die andere Seite, in die Freiheit.

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