Richterliche Netzwerke und europäisches Recht

Bogady
Armin von Bogdandy

285px-Vilnius_university_logo.svgZu einer gemeinsamen Konferenz am 6.5.2016 in Vilnius luden die Universität von Vilnius, das Litauische Parlament, die Richter-Vereinigung, das Rechtsinstitut und der Justizrat Litauens sowie die Vereinigung Europäischer Verwaltungsrichter.

Als „Key-speaker“ beschäftigte sich Prof. Dr. Armin von Bogdandy (Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg)mit der Bedeutung von Europäischen Netzwerken am Beispiel des institutionalisierten Netzwerkes der Verfassungsgerichte.

Die Rolle von derartigen Netzwerken liegt laut Bogdandy zum einen darin, den Europäischen Rechtsraum zu entfalten und anderseits auch um für ein besseres Verständnis von Europäischem Recht zu sorgen. Grundlegend ist nach Bogdandy davon auszugehen, dass Europäisches Recht nicht nur Unionsrecht umfasst, sondern viel breiter und umfassender ist und nicht nur von der Idee der Förderung einer stetig wachsenden Integration getragen ist. Denn das Europäische Recht vereint in sich verschiedene Normen, Doktrinen, Judikatur und auch wissenschaftliche Beiträge, welche aus verschiedenen Rechtsregimen stammen.

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Generalversammlung der Europäischen Verwaltungsrichter im Zeichen der Krise

2016-05-03-41-logo_aeaj_rgb_v2An der 17. Generalversammlung der Europäischen Verwaltungsrichtervereinigung (AEAJ), die letzte Woche in Vilnius (Litauen) stattfand, haben VertreterInnen aus 20 Ländern teilgenommen.

Neben organisatorischen Fragen waren die zentralen Themen die aktuellen Entwicklungen in Europa, welche auf die Arbeit der Verwaltungsgerichte unmittelbaren Einfluss haben.

So bestehen derzeit in Deutschland äußerst umstrittene Pläne, die hohe Anzahl von Rechtsmittel in Asylverfahren durch den Einsatz sogenannter „Richter auf Zeit“ zu bewältigen. In Frankreich wurde die Kontrolle der Notstandmaßnahmen auf die Verwaltungsgerichte übertragen, ohne dafür ein entsprechendes Verfahrensrecht vorzusehen.

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EuGH: Altersdiskriminierung und das Verhältnis von nationalem Recht und Unionsrecht

eugh-logo-curiaDer EuGH hat das Verhältnis von Unions- und mitgliedstaatlichem Recht klargestellt und sich zu der Pflicht der nationalen Gerichte zur Berücksichtigung der unionsrechtlichen Rechtsprechung geäußert.

Das Gericht befand am 19. April 2016 in der Rs. C-441/14, dass das allgemeine Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, geregelt in Art. 21 Grundrechtecharta und speziell ausgestaltet durch die Richtlinie 2000/78 für die Bereiche Beruf und Beschäftigung, auch in einem Rechtsstreit zwischen Privaten einer nationalen Regelung entgegenstehe, die es einer ganzen Gruppe von Arbeitnehmern untersage, eine Entlassungsabfindung zu erhalten, wenn sie eine Altersrente bezögen.

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EU-Justizbarometer – Daten der österreichischen Verwaltungsgerichte fehlen

EU-Justizbarometer-2015-800x636Mit dem „Justizbarometer“ beurteilt die EU-Kommission nicht nur die Unabhängigkeit, sondern auch die Qualität nationaler Justizsysteme.

Diese Einschätzung erfolgt anhand mehrerer Kriterien: Beobachtung und Bewertung der Gerichtstätigkeit, Erhebungen zur Nutzerzufriedenheit, finanzielle und personelle Ausstattung etc.

Die Auswertung des Justizbarometers für das Jahr 2015 ergibt, dass Österreich bei der Effizienz der Justizsysteme im Spitzenfeld der Mitgliedsstaaten liegt. Diese Zahlen sind allerdings nur für die ordentlichen Gerichte aussagekräftig, denn für die gesamte Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich fehlt es an einer bundesweiten Datenerhebung und Auswertung. Das geht aus den soeben veröffentlichten Statistiken im „Justice-Scoreboard 2015“ hervor.

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„Greco“ überprüft Korruptionsprävention an österreichischen Gerichten

CrecoIntransparente Auswahlsysteme wie „closed-door-hearings“ ermöglichen es, Personen als Richter zu ernennen, die für eine Einflussnahme anfällig sind.

Die Beeinflussung von Entscheidungsträgern in den Justizsystemen kann Dienstbeurteilungen oder disziplinäre Maßnahmen gegen Richter und so deren weiteren Karriereverlauf steuern. Lukrative Nebentätigkeiten können als Möglichkeit zur Einflussnahme dienen. Das sind die gängigsten Mechanismen, welche nach internationaler Erfahrung zur Korruption von Richtern führen können.

Die Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) überprüft derzeit in allen Mitgliedsstaaten, inwieweit die vom Europarat verabschiedeten Rechtsinstrumente zur Korruptionsprävention umgesetzt wurden (4. Evaluierungsrunde). Letzte Woche wurden dazu im Justizministerium von einer internationalen Expertenrunde alle Repräsentanten der österreichischen Rechtsprechungsorgane befragt, darunter auch die Vertreter der richterlichen Standesvertretungen.

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Polens Verfassungsgericht sieht sich massiv durch Regierung bedrängt

Rzeplinski will sich nicht einschüchtern lassen
Rzeplinski will sich nicht einschüchtern lassen

Richter treten trotz Widerstands der Regierung zusammen

Der Machtkampf zwischen der rechtskonservativen polnischen Regierung und dem Verfassungsgericht setzt sich fort: Gerichtspräsident Andrzej Rzeplinski warf Justizminister Zbigniew Ziobro am Mittwoch massive Einschüchterungsversuche vor. Der Minister habe den Richtern „mit rechtlichen Konsequenzen wegen Ungehorsams gedroht“, sagte der Gerichtspräsident zum Auftakt einer Sitzung des Gremiums in Warschau.

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Europäische Union will Asylverfahren an sich ziehen

Schwerpunkt Migration
Schwerpunkt Migration

Asylverfahren könnten bald nicht mehr auf nationaler Ebene stattfinden, wie aus einem unveröffentlichten Papier der EU-Kommission hervorgeht.

Eine EU-Agentur soll dafür Ableger in jedem Land bekommen.

Der Plan sehe vor, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) in eine Agentur mit Entscheidungsbefugnissen umzuwandeln, die in jedem Mitgliedstaat künftig einen Ableger haben und auch Einsprüche gegen die jeweiligen Bescheide bearbeiten solle.

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Umweltrecht – Lücken im innerstaatlichen Rechtsschutz?

StandardIn Österreich fehlt bei kleinen und mittelgroßen Bau- und Industrieprojekten, die das Wasserrecht, Abfallrecht oder Naturschutzrecht berühren, die Rechtsschutzmöglichkeit für Umweltorganisationen.

Die Öffentlichkeit hat kaum eine Chance, ihre Bedenken einzubringen, weil sie mangels einer allgemeinen Veröffentlichungspflicht davon gar nicht erfährt. Umweltorganisationen müssen auch in diesen Verfahren das Recht erhalten, Bescheide zu beeinspruchen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Beitrag im „Standard“ über die mangelnde innerstaatliche Umsetzung der Aarhus-Konvention.

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Judikatur VwGH / Einstweilige Anordnungen iZm Verhaltensbeschwerde gem Art 130 Abs. 2 Z 1 B-VG

fachgruppe verfahrensrechtEinstweilige Anordnungen sind im Verfahren nach dem VwGVG – ebenso wie im Revisionsverfahren nach dem VwGG – gesetzlich nicht vorgesehen. Beschwerden nach Art 130 Abs. 2 Z 1 B-VG sind – sofern die Materiengesetze nicht anderes vorsehen – ebenso wie Anträge auf einstweilige Anordnungen bei der Behörde und nicht unmittelbar beim VwG einzubringen.

Der VwGH hat jedoch – der Rsp des EuGH folgend – bereits mehrmals ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Verwaltungsakt auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde.

Für die Zuständigkeit und das Verfahren sind die sachnächsten Regelungen sinngemäß heranzuziehen. Als solche sind in der vorliegenden Konstellation in erster Linie die Regelungen des VwGVG über die Gewährung aufschiebender Wirkung anzusehen. Auf einstweilige Anordnungen gerichtete Anträge nach Unionsrecht  in einem Verfahren nach Art 130 Abs. 2 Z 1 B-VG sind an die Verwaltungsbehörde zu richten.

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UVP: Verfehlt der neue Rechtsschutz für Nachbarn sein Ziel?

Da sich in Österreich nach der bisherigen Rechtlage Nachbarn nicht dagegen wehren konnten, wenn Einkaufszentren oder andere Großprojekte ohne Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) genehmigt wurden, hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass diese Rechtslage dem Unionsrecht widerspricht (C-570/13). Mit dieser Entscheidung wurden die Rechte von Nachbarn in Genehmigungsverfahren – etwa für Betriebsanlagen oder Straßenbauprojekte – enorm ausgeweitet. Der …

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