Regierungsprogramm (1): Konzentration, Effizienzsteigerung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren

Unter den Kapiteln „Moderner Bundesstaat“, „Schlanker Staat“ oder „Moderner Verfassungsstaat“ enthält das Regierungsprogramm eine Reihe von Vorhaben, die Auswirkungen auf die künftige Verfahrensführung der Verwaltungsgerichte haben werden. Zahlreiche vorgeschlagene Änderungen sind deckungsgleich mit der „Agenda VG 2022“, dem Forderungspapier des Dachverbands der Verwaltungsrichter.

Im Rahmen der in Aussicht genommenen Entflechtung der Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern ist eine weitere Verfahrenskonzentration bei Betriebsanlagengenehmigungen etwa durch Vollkonzentration für die Bereiche Baurecht, Naturschutzrecht und Wasserrecht geplant. Das erklärte Ziel ist ein „bundeseinheitlicher Vollzug“ durch die Bezirksverwaltungsbehörde.

Die Landespolizeidirektionen sollen Kompetenzen an die Bezirksverwaltungsbehörden abgeben, letztere sollen zu Sicherheitsbehörden erster Instanz aufgewertet werden. Die Behördenzuständigkeit für Staatsbürgerschaftsverfahren wird überdacht. Im Dienstrecht soll u.a. eine größere Durchlässigkeit zwischen Bund und Ländern (Homogenität) ermöglicht werden.

Bessere Ausstattung der Verwaltungsgerichte

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Fortbildungsreise nach Sizilien

Die Fachgruppe „Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit“ der Richtervereinigung organisiert in der Zeit vom

15. April bis 22. April 2018

eine Fortbildungsreise nach Sizilien.

Diese dient dem Kennenlernen und der Vertiefung der Kenntnisse über die dort ansässigen Justizinstitutionen.

Insbesondere geht es um die Besonderheiten Siziliens als autonome Region mit Sonderstatut, die rechtlichen und humanitären Herausforderungen der Flüchtlingskrise und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

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Justiz ist nicht sakrosankt

Die Urteilsbegründung eines Grazer Richters sorgt für viel Unmut. Die Kritik daran von innen und außen ist mehr als berechtigt. Ein Gastkommentar von Oliver Scheiber.

Ein steirischer Arzt wurde vor Kurzem unter anderem vom Vorwurf freigesprochen, seine Kinder gequält zu haben. Das Urteil bewertet laut Medienberichten das äußere Erscheinungsbild der Kinder; über eine Tochter heißt es, sie lege „offensichtlich auf Kleidung, dem Anlass entsprechend, keinen Wert“. Die Exfrau des Angeklagten wird als „überladene Person“ bezeichnet.

Die Wortwahl des Urteils ist schwer mit bestehenden Vorgaben für die Formulierung von Urteilen in Einklang zu bringen. Das Gesetz verlangt von Richtern verständliche Erledigungen. Die Ausdrucksweise müsse „richtig und der Würde des Gerichts angepasst sein. Ausführungen, die nicht zur Sache gehören oder jemanden ohne Not verletzen könnten, sind unzulässig“, heißt es im Gesetz.

Die Bevölkerung erwartet mit Recht, dass gerichtliche Schriftstücke und Äußerungen von Richtern niemanden herabsetzen oder beleidigen; keine Opfer, aber auch keine Angeklagten oder Zeugen. Richter müssen die Wirkung ihrer Worte bedenken. Werden Menschen in Urteilen bloßgestellt, so kann das weitere Opfer von Straftaten davor abschrecken, Anzeige zu erstatten oder auszusagen. Rechtsprechung hat viel mit Grundrechten und der Würde von Menschen zu tun. Deshalb bemühen sich die Verwaltungen der Justizsysteme weltweit, bei der Auswahl und Ausbildung der Richter der Persönlichkeit der Kandidaten mehr Bedeutung beizumessen.

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Richtervereinigung hat neue Präsidentin

Die Richtervereinigung hat seit letzter Woche eine neue Präsidentin. Zur Nachfolgerin von Werner Zinkl wurde im Zuge des Richtertages in Wien Sabine Matejka (Bezirksgericht Wien-Leopoldstadt) gewählt, die bisher Vizepräsidentin war. Neu ins Präsidium der Richtervereinigung kamen Yvonne Summer (Bezirksgericht Dornbirn) und Harald Wagner (Handelsgericht Wien). Beide waren schon bisher Vorstandsmitglieder. Gernot Kanduth (Landesgericht Klagenfurt), seit …

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Verwaltungsgerichtsbarkeit: Europarat bestätigt Notwendigkeit des Forderungsprogramms des Dachverbandes

Der Dachverband der Verwaltungsrichter (DVVR) hat sich in seinem Forderungsprogramm „Agenda 2022“ kritisch mit der aktuellen Situation der neuen Verwaltungsgerichte in Österreich auseinandergesetzt.

Basierend auf dieser Analyse wurde vom Dachverband eine Reihe von Forderungen ausgearbeitet, welche insbesondere auch Maßnahmen zur Stärkung der organisatorischen Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte betreffen.

Der Europarat – genauer gesagt das “Consultative Council of European Judges” (CCJE) – hat sich in seinem Jahresbericht 2017 zur richterlichen Unabhängigkeit in den Mitgliedsstaaten ebenfalls mit der Situation der neuen Verwaltungsgerichte  in Österreich ausführlich beschäftigt. Dieser Befund deckt sich weitgehend mit der Analyse des Dachverbandes.

Arbeitsbelastung ist größtes Problem

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Agenda Verwaltungsgerichtsbarkeit 2022 (4)

Verwaltungsgerichte brauchen eigene Verwaltungsprozessordnung

Bei der Einrichtung der neuen Verwaltungsgerichte wurde – vorrangig wohl aus Zeitgründen – darauf verzichtet, ein kodifiziertes Verfahrensrecht in Form einer Verwaltungsprozessordnung zu erlassen. Der Preis dafür war, dass auf Grund der Vielzahl von Verfahrensgesetzen für Rechtsanwender eine verfahrensrechtliche Gemengelage entstanden ist, welche nur mehr schwer zu überblicken ist. Eine Entwicklung, die durch jede weitere Novelle des VwGVG oder neue verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen in Materiengesetzen weiter vorangetrieben wird.

Ein zersplittertes Verfahrensrecht ist Einfallpforte für uneinheitliche Rechtsprechung, missbräuchliche Anwendung und damit Rechtsunsicherheit. Das zeigen die Erfahrungen in verschiedenen europäischen Rechtsschutzsystemen. Ein möglichst bestandsicheres, übersichtliches und verständliches Verfahrensrecht ist dagegen einer der wesentlichsten Garanten für Rechtssicherheit, für vorhersehbare und berechenbare Verfahrensabläufe. Aus Sicht des Dachverbandes ist es daher erforderlich, dass zur Vereinheitlichung der Verfahren das VwGVG zu einer abschließend geregelten, eigenständigen Verwaltungsprozessordnung ausgebaut wird. Dabei könnte auch bereits auf die Entwicklungen rund um ein EU-Verwaltungsverfahrensrecht Bedacht genommen werden.

Behörden „delegieren“ Entscheidung an Gerichte

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Agenda Verwaltungsgerichtsbarkeit 2022 (3)

Richterliche Fortbildung – Unabhängige Richterakademie

Die Besonderheit des Berufsbildes des Verwaltungsrichters besteht im Vergleich zum Berufsbild des Justizrichters darin, dass Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter über langjährige, oft hoch spezialisierte Berufserfahrungen verfügen (müssen). Bei den Fortbildungsinhalten ist daher den Bereichen Kommunikations- und Verhandlungstechniken, Verfahrensführung, Urteilstechnik, richterliche Ethik, etc., wie sie konkret im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderlich sind, besonderes Augenmerk zu schenken.

Eine adäquate Umsetzung dieser Anforderungen an die richterliche Fortbildung kann nach Auffassung des Dachverbandes nur durch die Schaffung einer „Richterakademie“ für alle Richterinnen und Richter erfolgen, die entsprechend den europäischen Standards als unabhängige Behörde von einem Richter/einer Richterin zu leiten ist. Hier fordert der Dachverband nach Schweizer Vorbild eine Richterakademie, die von allen Rechtsträgern der Verwaltungsgerichte in Form einer Stiftung errichtet und finanziert wird.

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Agenda Verwaltungsgerichtsbarkeit 2022 (2)

Vereinheitlichung der Dienst- und Organisationsrechte

Die unterschiedlichen Dienst- und Organisationsrechte der 11 Verwaltungsgerichte haben zu einem unübersichtlichen Wildwuchs an Normen geführt. Der Dachverband weist darauf hin, dass die für Verwaltungsgerichte geltenden Gesetze so komplex geworden sind, dass es sogar für österreichische Behörden schwierig geworden ist, einen systematischen Gesamtüberblick zu geben („Greco“- Bericht 2016).

Der Dachverband fordert aus diesem Grund eine weitere Vereinheitlichung der Dienst- und Organisationsrechte der Verwaltungsgerichte, insbesondere des Disziplinarrechts sowie der kollegialen und monokratischen Justizverwaltung. Hier zeigt sich insbesondere, dass die Praxis der Bundesländer, in Disziplinarverfahren gegen Richter der Landesverwaltungsgerichte dem Disziplinaranwalt des Landes und somit einem Vertreter einer belangten Behörde die Rolle des „Anklägers“ zuzuweisen, mit der strukturellen Unabhängigkeit der Verwaltungsrichte unvereinbar ist.

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Agenda Verwaltungsgerichtsbarkeit 2022 (1)

Der Dachverband fordert ein Konzept zur Einführung in die richterliche Tätigkeit, welches den Besonderheiten des Tätigkeitsbereichs eines Verwaltungsrichters Rechnung trägt und unter Einbindung der richterlichen Standesvertretungen entwickelt wird.

Die Wichtigkeit spezieller Schulung von Richterinnen und Richter vor Aufnahme ihrer Tätigkeit wird in den Ausbildungsgrundsätzen des Europäischen Netzwerks zur justiziellen Aus- und Fortbildung (EJTN) ausdrücklich betont. Ebenso betont wird die Notwendigkeit, die justizielle Ausbildung nicht auf juristische Kenntnisvermittlung zu beschränken, sondern auch berufliche Fertigkeiten und Werte weiterzugeben.

Verbindliche Besetzungsvorschläge – Präsidentenauswahl

Für die Richterauswahl selbst fordert der Dachverband die Verbindlichkeit der Besetzungsvorschläge der Personalsenate (Personalausschüsse), um so dem Vorwurf politisch motivierter Richterernennungen wirksam entgegentreten zu können.

Aus denselben Überlegungen wird auch gefordert, in den Organisationsgesetzen der Verwaltungsgerichte das Auswahlverfahren für Gerichtspräsidentinnen und Gerichtspräsidenten den Personalsenaten (Personalausschüssen) zu übertragen. Diese Forderung entspricht der Empfehlung des Europarates (CCJE) über die Funktion der Gerichtspräsidenten (Opinion N° 19 (2016). Nach diesen Empfehlungen sollte das Auswahlverfahren für Gerichtspräsidentinnen und Gerichtspräsidenten nach denselben Grundsätzen gestaltet werden, wie jenes für Richterinnen und Richter. Eine Auswahl von Gerichtspräsidentinnen und Gerichtspräsidenten (ausschließlich) aus dem Kreise der Richterschaft wäre aus Sicht des Dachverbandes auch im Hinblick auf die Gewaltenteilung wünschenswert.

Rechtsschutz für übergangene Bewerber

Dem Vorwurf politisch motivierter Richterernennungen kann nach Auffassung des Dachverbandes auch dadurch wirksam entgegen getreten werden, dass –  nach verbindlichen Besetzungsvorschlägen – nicht berücksichtigten Bewerbern ein Rechtsschutz eingeräumt wird. Die Empfehlungen des Europarates aus dem Jahr 2010, R(2010)12, sehen dazu vor, dass Auswahl- und Karriereentscheidungen richterlicher Gremien transparent und nachvollziehbar zu begründen sind; nicht berücksichtigten Bewerbern soll die Möglichkeit offen stehen, die Auswahlentscheidung oder das Auswahlverfahren einer Überprüfung zu unterziehen.

Der Dachverband fordert daher, die Auswahlverfahren transparent und nachvollziehbar zu gestalten sowie die Ergebnisse analog zu § 10 Abs. 2 Ausschreibungsgesetz 1989 zu veröffentlichen. (Siehe dazu auch: Vereinheitlichung und Verrechtlichung der Auswahlverfahren notwendig)

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Dachverband der Verwaltungsrichter legt Forderungsprogramm vor

Unter dem Titel „Agenda Verwaltungsgerichtsbarkeit 2022“ haben die im Dachverband vertretenen richterlichen Standesvertretungen (DVVR) ein Forderungsprogramm ausgearbeitet, welches in den nächsten Jahren als Leitlinie für die Arbeit der Standesvertretungen dienen soll.

Das Programm baut auf die seit 2014 gewonnen Praxiserfahrungen auf, berücksichtigt die Entwicklung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und stützt sich auf moderne europäische Standards für die Verwaltungsgerichtsbarkeit („best practise“).

Empfehlungen des Nationalrates umsetzen

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