Asylverfahren: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Sonderregelungen

Schwerpunkt Migration

Sowohl die im Regierungsprogramm vorgesehene Verkürzung der Beschwerdefristen  als auch der Ausschluss der außerordentlichen Revision in Asylverfahren stoßen auf gravierende verfassungsrechtliche Bedenken.  Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in einer Reihe von Entscheidungen auf das von der Verfassung vorgegebene Erfordernis eines möglichst einheitlichen Verfahrensrechts für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hingewiesen.  Vom VwGVG abweichende Regelungen dürfen daher nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes „unerlässlich“ sind (Art 136. Abs. 2 B-VG).  

Verwaltungsgerichtshof gegen Sonderregelungen

In einer Presseaussendung weist der Gerichtshof darauf hin, dass es mit der 2012 beschlossenen Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform gelungen ist, ein für alle Verwaltungsmaterien einheitliches Rechtsschutzsystem zu schaffen, indem der  Verwaltungsgerichtshof sicherstellt, dass das Verwaltungsrecht nach einheitlichen Grundsätzen vollzogen wird.

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Regierungsprogramm (6): Kommt der gläserne Bürger?

Die neue Bundesregierung plant ein großflächiges Überwachungspaket mit Bundestrojaner und Datenspeicherung. Dazu sollen in den kommenden Jahren eine Reihe von Überwachungsmaßnahmen eingeführt werden. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Gesichtsfelderkennung sowie den Einsatz von Drohnen. Außerdem soll eine „Überwachung internetbasierter Kommunikation“ ermöglicht werden.

Das dürfte bedeuten, dass ein sogenannter „Bundestrojaner“ zum Einsatz kommt. Dabei handelt es sich um eine Spionagesoftware, die auf die Smartphones von Verdächtigen gespielt wird, um deren Inhalte auszulesen. Provider sollen dazu verpflichtet werden, Geräte klar einem Nutzer zuzuordnen, außerdem können Staatsanwälte bei einem Verdacht die Speicherung der Internet- und Mobilfunkdaten anordnen. Der Zugriff ist dann nach einem richterlichen Beschluss möglich.

Staat als „ungebremster Datensammler“

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Regierungsprogramm (5): Keine Informationsfreiheit im Koalitionspakt

Die SPÖ-ÖVP-Koalition ist mit der Aufhebung des Amtsgeheimnisses und der Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes gescheitert.

Im neuen Regierungsprogramm ist davon auch keine Rede. Und das, obwohl sich beide Regierungsparteien im Wahlkampf noch dafür ausgesprochen hatten.

Der Politologe Sickinger erinnert in einem Beitrag im „Standard“ daran, dass sich Kurz – damals Integrationsstaatssekretär – 2013 als erster Regierungspolitiker offensiv für eine Initiative für mehr Transparenz und die Aufhebung des Amtsgeheimnisses ausgesprochen hatte. Auch in das Programm der JVP sei das auf Kurz’ Wunsch hin aufgenommen worden.

Angesichts des Plans der Regierung, die Verwaltung zu modernisieren, hätte es aus Sickingers Sicht jedenfalls durchaus Sinn ergeben, eine transparentere Verwaltung zum Ziel zu erklären.

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Regierungsprogramm (4): Österreich soll Estland werden

Bei der Bürgerverwaltung möchte sich die Regierung am Beispiel Estland orientieren, wo viele Behördenwege bereits digital stattfinden und der Zugang zu Informationen vereinfacht wird. In Umsetzung  der sogenannten  eIDAS-Verordnung  der Europäischen Union sind die Einführung einer flächendeckenden digitalen Identität sowie die Schaffung und Implementierung eines einheitlichen, staatlich gesicherten Identitätsmanagementsystems  geplant.

Eine entsprechende Novelle zum  E-Government-Gesetz war bereit in Begutachtung, die für Sommer vorgesehene Beschlussfassung ist auf Grund der vorgezogenen Wahlen nicht erfolgt.

Weitere Pläne reichen hin zu einer kompletten Zentralisierung aller Datenbestände von Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden. Auf oesterreich.gv.at soll zudem ein zentrales Portal für alle Behördenwege eingerichtet werden, das help.gv.at ersetzen soll. Über dieses Portal sollen auch zentralisierte Datenschutzauskünfte aus diversen staatlichen Registern abrufbar sein.

Ethikrat

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Regierungsprogramm (3): Änderungen im Staatsbürgerschafts- und Asylrecht

Im Staatsbürgerschaftsrecht wird eine Änderung der Behördenzuständigkeit erwogen.  Im Asylverfahren sind weitere verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen geplant (z.B. Verkürzung der Beschwerdefristen, Ausschluss der außerordentlichen Revision). Zudem sollen neue Verwaltungsstraftatbestände für illegale Wiedereinreise oder missbräuchliche Anerkennung von Vaterschaften geschaffen werden.

Neugestaltung des Staatsbürgerschaftsrechts

  • Überdenken der Behördenzuständigkeit im Bereich der Staatsbürgerschaftsverleihung
  • Anpassung der   Voraussetzungen   (z.B.   Deutschkenntnisse,   Durchrechnungszeitraum Selbsterhaltungsfähigkeit) und Aufenthaltsdauer für den Erwerb (10/20/30 Jahre)
  • Bei besonderer   Integrationsleistung   beziehungsweise   außerordentlichen   Leistungen im  Interesse  der  Republik  Österreich  bleiben  die  derzeitigen  Regelungen  zum  Erwerb  der Staatsbürgerschaft bestehen
  • Verpflichtender Kurs für die Staatsbürgerschaftsprüfung
  • Neugestaltung des   feierlichen   Rahmens   für   die   Verleihung   der   österreichischen   Staatsbürgerschaft

Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in Asylverfahren

Regierungsprogramm (2): Änderungen in Gewerbe-, Umwelt- und Vergabeverfahren

Neben verfahrensrechtlichen Änderungen sind auch weitreichende Reformen der  Gewerbeordnung, des UVP-Verfahrens und des Vergaberechts geplant. Bereits im April 2014 sind drei neue EU-Vergaberichtlinien in Kraft getreten, welche eine umfassende Reformierung des nationalen Vergaberechts notwendig machen. In Österreich wurden diese Richtlinien bis dato nicht umgesetzt, sodass ein tägliches Zwangsgeld von fast 138.000 Euro droht.

Dem Regierungsprogramm ist nicht zu entnehmen, inwieweit auf die notwendige Umsetzung der Richtlinien Bedacht genommen wurde.

Auch im Umweltrecht ist Österreich säumig: Die Änderungs-Richtlinie der EU vom 16.4.2014 (2014/52/EU) schafft im UVP-Verfahren neue Prüfbereiche wie Flächenverbrauch, Klimawandel und Ktastrophenrisiken, sie normiert eine Koordinierung bzw. gemeinsame Abwicklung von UVP und anderen Umweltprüfungen und die leicht zugängliche, elektronische Bereitstellung der Unterlagen für die Öffentlichkeit. Ziel der Richtlinie ist die Beschleunigung von Umweltverfahren. Diese Richtlinie wäre von Österreich bis 16.5.2017 umzusetzen  gewesen. In der Regierungserklärung findet sich dazu kein Bezug.

Neukodifikation  der  Gewerbeordnung

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Regierungsprogramm (1): Konzentration, Effizienzsteigerung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren

Unter den Kapiteln „Moderner Bundesstaat“, „Schlanker Staat“ oder „Moderner Verfassungsstaat“ enthält das Regierungsprogramm eine Reihe von Vorhaben, die Auswirkungen auf die künftige Verfahrensführung der Verwaltungsgerichte haben werden. Zahlreiche vorgeschlagene Änderungen sind deckungsgleich mit der „Agenda VG 2022“, dem Forderungspapier des Dachverbands der Verwaltungsrichter.

Im Rahmen der in Aussicht genommenen Entflechtung der Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern ist eine weitere Verfahrenskonzentration bei Betriebsanlagengenehmigungen etwa durch Vollkonzentration für die Bereiche Baurecht, Naturschutzrecht und Wasserrecht geplant. Das erklärte Ziel ist ein „bundeseinheitlicher Vollzug“ durch die Bezirksverwaltungsbehörde.

Die Landespolizeidirektionen sollen Kompetenzen an die Bezirksverwaltungsbehörden abgeben, letztere sollen zu Sicherheitsbehörden erster Instanz aufgewertet werden. Die Behördenzuständigkeit für Staatsbürgerschaftsverfahren wird überdacht. Im Dienstrecht soll u.a. eine größere Durchlässigkeit zwischen Bund und Ländern (Homogenität) ermöglicht werden.

Bessere Ausstattung der Verwaltungsgerichte

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Fortbildungsreise nach Sizilien

Die Fachgruppe „Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit“ der Richtervereinigung organisiert in der Zeit vom

15. April bis 22. April 2018

eine Fortbildungsreise nach Sizilien.

Diese dient dem Kennenlernen und der Vertiefung der Kenntnisse über die dort ansässigen Justizinstitutionen.

Insbesondere geht es um die Besonderheiten Siziliens als autonome Region mit Sonderstatut, die rechtlichen und humanitären Herausforderungen der Flüchtlingskrise und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

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Justiz ist nicht sakrosankt

Die Urteilsbegründung eines Grazer Richters sorgt für viel Unmut. Die Kritik daran von innen und außen ist mehr als berechtigt. Ein Gastkommentar von Oliver Scheiber.

Ein steirischer Arzt wurde vor Kurzem unter anderem vom Vorwurf freigesprochen, seine Kinder gequält zu haben. Das Urteil bewertet laut Medienberichten das äußere Erscheinungsbild der Kinder; über eine Tochter heißt es, sie lege „offensichtlich auf Kleidung, dem Anlass entsprechend, keinen Wert“. Die Exfrau des Angeklagten wird als „überladene Person“ bezeichnet.

Die Wortwahl des Urteils ist schwer mit bestehenden Vorgaben für die Formulierung von Urteilen in Einklang zu bringen. Das Gesetz verlangt von Richtern verständliche Erledigungen. Die Ausdrucksweise müsse „richtig und der Würde des Gerichts angepasst sein. Ausführungen, die nicht zur Sache gehören oder jemanden ohne Not verletzen könnten, sind unzulässig“, heißt es im Gesetz.

Die Bevölkerung erwartet mit Recht, dass gerichtliche Schriftstücke und Äußerungen von Richtern niemanden herabsetzen oder beleidigen; keine Opfer, aber auch keine Angeklagten oder Zeugen. Richter müssen die Wirkung ihrer Worte bedenken. Werden Menschen in Urteilen bloßgestellt, so kann das weitere Opfer von Straftaten davor abschrecken, Anzeige zu erstatten oder auszusagen. Rechtsprechung hat viel mit Grundrechten und der Würde von Menschen zu tun. Deshalb bemühen sich die Verwaltungen der Justizsysteme weltweit, bei der Auswahl und Ausbildung der Richter der Persönlichkeit der Kandidaten mehr Bedeutung beizumessen.

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Richtervereinigung hat neue Präsidentin

Die Richtervereinigung hat seit letzter Woche eine neue Präsidentin. Zur Nachfolgerin von Werner Zinkl wurde im Zuge des Richtertages in Wien Sabine Matejka (Bezirksgericht Wien-Leopoldstadt) gewählt, die bisher Vizepräsidentin war. Neu ins Präsidium der Richtervereinigung kamen Yvonne Summer (Bezirksgericht Dornbirn) und Harald Wagner (Handelsgericht Wien). Beide waren schon bisher Vorstandsmitglieder. Gernot Kanduth (Landesgericht Klagenfurt), seit …

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